Blutbad an den Börsen nach Trumps Zollgewitter: Wer jetzt seine Aktien verkauft, begeht einen Fehler

vor 20 Tagen

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Bildquelle: NiUS

An den Börsen der Welt hat sich seit dem zweiten April ein Blutbad ereignet. In einer Woche sind die Aktienmärkte der Welt, von Frankfurt bis New York, von London über Peking bis Tokio massiv eingebrochen. Der DAX fiel um 15,03 Prozent, der Dow Jones um 10,09 Prozent, der S&P 500 um 10,73 Prozent und der Nikkei 225 um 12,85 Prozent.

Der Nikkei Index in Tokio brach am Montag zunächst ein.

Wer vor einer Woche noch 10.000 Euro in einem Indexfonds auf den DAX besaß, der hat jetzt noch 8.500 Euro. Der aktuelle Rückgang des S&P 500 infolge von Trumps Zollpolitik liegt zwar deutlich unter den historischen Einbrüchen während der Dotcom-Blase 2000–2002 (–49 Prozent), der Weltfinanzkrise 2007–2009 (–57 Prozent) und des COVID-Crashs 2020 (–34 Prozent), gehört aber dennoch zu den heftigeren Kursverlusten der letzten Jahrzehnte. Was ist der tiefere Grund für die jüngsten Kursverluste? Und wie sollen Anleger sich in einer solchen Situation verhalten?

Der tiefere Grund: Um den zu verstehen, müssen wir zwei Arten von Schocks unterscheiden, die das Weltfinanzsystem treffen können: exogene und endogene. Ein exogener Schock ist ein plötzlicher, von außen kommender Einfluss auf die Wirtschaft, der nicht aus dem System selbst stammt, wie etwa eine Pandemie (COVID-19), ein Krieg (Russlands Angriff auf die Ukraine) oder ein plötzlicher Ölpreisanstieg infolge geopolitischer Spannungen (z. B. Nahost-Krise). Ein endogener Schock hingegen entsteht aus dem Wirtschaftssystem selbst heraus, etwa durch das Platzen einer Spekulationsblase (Dotcom-Krise), eine Bankenkrise (Finanzkrise 2008) oder exzessive Aktienkäufe auf Kredit durch Trusts in den USA wie im Jahr 1928.

Trumps Zölle sind natürlich ein exogener Schock. Ohne diese wären die Weltbörsen nie und nimmer – und schon gar nicht in diesem Maße – eingebrochen. Warum? Weil das Weltfinanzsystem mit seinen wichtigsten Börsen (New York, London, Tokio, Frankfurt) grundsätzlich gesund ist. Die amerikanischen Technologieriesen verdienen seit Jahren gut Geld, der japanische Nikkei hat 2024 – nach 35 Jahren – die Höchststände von 1989 wieder überschritten, und auch der DAX hat trotz der immerwährenden deutschen Rezession das Jahr spektakulär gut begonnen (DAX-Anstieg bis 1.4.2025: 18,28 Prozent). An den Börsen war also alles paletti.

Bis Trump mit seinen Zöllen kam. Die waren zwar lange angekündigt, und grundsätzlich hatte die Weltwirtschaft damit auch gerechnet – aber kein Ökonom hatte vorhergesehen, dass Trumps Zollgewitter so dermaßen massiv, so allumfassend und mit solch tödlicher Präzision ausfallen würde. Mit zehn Prozent, von mir aus fünfzehn, hatten viele gerechnet, und in den Banken der Welt und den Wirtschaftsministerien vieler Länder wurden seit Wochen Szenarien durchgerechnet, wie groß der Fallout sein würde.

US-Präsident sorgte mit seinen Zöllen für Einbrüche an den Börsen.

Der sieht so aus: Auf Importe aus der EU werden ab heute in amerikanischen Häfen 20 Prozent Zoll erhoben, bei China liegt die effektive Zollbelastung mittlerweile kumuliert bei 54 Prozent, bei Vietnam beträgt sie 46 Prozent und im Falle Mexikos 25 Prozent. Die mit Abstand höchsten Zölle werden auf Waren aus Lesotho mit 50 Prozent, Kambodscha mit 49 Prozent und Laos mit 48 Prozent erhoben – Länder, die fast nichts in die USA exportieren und von denen die meisten Amerikaner noch gar nie gehört haben.

Warum haben diese Zölle nun eine so verheerende Auswirkung auf die Börsen der Welt? Das lässt sich so erklären: Zölle wirken faktisch wie eine Sondersteuer auf Importe und treffen damit direkt die Gewinnmargen großer börsennotierter US-Unternehmen, von denen viele in China, Vietnam oder Mexiko produzieren lassen. Die Auswirkungen kann man sich leicht am Beispiel Apples und des iPhones verdeutlichen: Mit den neuen Trump-Zöllen von 54 Prozent auf China-Importe sinkt Apples Gewinn pro iPhone 16 (256 GB) von rund 615 Euro (Verkaufspreis ca. 1.025 Euro, Herstellungskosten ca. 410 Euro) auf nur noch etwa 393 Euro – ein Rückgang von gut 222 Euro bzw. 36 Prozent.

Wenn man jetzt noch weiß, dass bei Apple neun von zehn iPhones aus China kommen und das iPhone für rund 50 Prozent des Umsatzes und etwa 60 Prozent des Gewinns steht, dann ist klar: Trumps Zölle – sollten sie über Jahre hinweg bestehen bleiben – werden den Umsatz und insbesondere den Gewinn von Apple spürbar verringern. Kaum anders wird es den anderen amerikanischen Technologieriesen ergehen – Meta, Amazon, Nvidia, Alphabet, Microsoft, Tesla und Intel –, die ebenfalls einen wesentlichen Teil ihrer Wertschöpfungskette in andere Länder ausgelagert haben.

Trumps Zölle haben massive Auswirkungen auf die Gewinnmargen börsennotierter Unternehmen, wie Apple.

Jetzt ist es aber so: Die Börsen der Welt sind nicht, wie grüne Ökomarxisten und ihre Freunde von der SPD gerne annehmen, ein Spielkasino, eine Zockerbude oder eine kapitalistische Spielarkade – sondern höchst effiziente Institutionen der Finanzwelt, die Unternehmen hauptsächlich nach einem Kriterium beurteilen: ihren Gewinnen bzw. ihrer Fähigkeit, zukünftig Gewinne zu erzielen. Unternehmen, die tonnenweise Geld verdienen – wie Nvidia – werden von den Börsen gefeiert, während solche, die Geld verbrennen (wie Intel, einst globaler Technologieführer und Börsenstar), abgestraft werden.

Mit diesen Informationen im Hinterkopf können wir jetzt feststellen: Nimmt Trump seine neuen Zölle nicht schnell zurück, dann werden Umsätze und Gewinne der größten und wichtigsten börsengehandelten Unternehmen der Welt sinken. Und dies wird unweigerlich dazu führen, dass sich die Kurse der Weltbörsen nicht schnell erholen werden – ja, dass wir eventuell sogar mit einem monate- oder gar jahrelangen Bärenmarkt rechnen müssen (ein Bärenmarkt bezeichnet eine Phase dauerhaft fallender Kurse, meist über mehrere Monate oder Jahre hinweg).

Gar nichts. Also: nicht verkaufen, nicht umschichten, nicht wild zwischen unterschiedlichen Anlageinstrumenten herumeiern und auch nicht hektisch auf die Suche auf irgendwelche Wunderanlagen gehen, die die Verluste (hoffentlich bald) ausgleichen. Der tausendmal zitierte Spruch dazu heißt: Greife nie in ein fallendes Messer. Das ist eine längst ausgelutschte Metapher – aber sie stimmt. Eine Baisse an den Börsen (wie man Verlustphasen auch nennt) kann Monate, manchmal sogar Jahre dauern – aber irgendwann ist sie vorbei. Die längsten Börseneinbrüche wie die Große Depression (1929–1939) und die Japanische verlorene Dekade (1991–2001) haben zwar zehn Jahre gedauert, aber diese Krisen werden sich wegen ihrer speziellen Ursachen (Japan: Immobilienblase, Bankenkrise, USA: Aktienkäufe auf Kredit) nicht so schnell wiederholen.

Der Dotcom-Crash dagegen dauerte nur zwei Jahre, die Finanzkrise 2008 drei Jahre und der COVID-19-Crash 2020 sogar nur einen Monat. Wer 2008 zum Tiefpunkt der Finanzkrise einen ETF auf den S&P 500 kaufte, hätte bis 2024 etwa 466,9 Prozent gewonnen. Wer in den Dow Jones investierte, hätte etwa 419,4 Prozent Gewinn erzielt.

Aber möglicherweise kommt es gar nicht so schlimm. Kehren wir nochmal zu den exogenen und endogenen Schocks zurück: Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden ist, dass endogene Schocks sich über Jahre hinweg tief im Finanzsystem entwickeln, bevor sie irgendwann und dann ziemlich plötzlich hochkochen. Eben diese schleichende Entwicklung mit ihren subkutanen Ursachen führt dazu, dass ein endogener Schock selbst mit dramatischen Eingriffen durch den Staat nicht schnell behoben werden kann, wie die Finanz- und die darauffolgende Krise der Euro-Südländer schön gezeigt hat. Ein exogener Schock hingegen, der von außen auf ein grundsätzlich gesundes System trifft, kann auch von außen schnell (und eventuell sogar weitgehend folgenlos) neutralisiert werden. Trump könnte also, wenn er wollte, seine neuen Zölle binnen Tagen – so wie er sie eingeführt hat – wieder zurücknehmen.

Donald Trump verkündete die neuen Zölle im Rosengarten des Weissen Hauses in Washington.

Dies ist allein deshalb denkbar, weil Trumps Zölle weder das exorbitante Außenhandelsdefizit der USA (918 Milliarden Euro im Jahr 2024) reduzieren noch den Verlust von etwa 4,6 Millionen Arbeitsplätzen durch die Verlagerung der Produktion nach China umkehren werden – gleichzeitig aber der amerikanischen Wirtschaft und den US-Konsumenten (für die vieles teurer wird) massiv schaden. Deswegen ist nicht auszuschließen, dass Trump, der sich ja stets als „Dealmaker“ bezeichnet, mit seinen Zöllen besonders unliebsame Handelspartner wie China, Vietnam, Mexiko (und auch die EU) an den Verhandlungstisch zwingen will, um dann bilaterale Verträge zu schließen, wodurch die Zölle zukünftig wieder gesenkt werden.

Auch wenn viele Banken und Finanzexperten davon ausgehen, dass die goldenen Jahre, in denen die durchschnittlichen Zölle weltweit zwischen 2002 und 2016 bei etwa zwei Prozent lagen, nie wiederkehren, würde zukünftig eine mäßige, aber nicht übermäßige Zollpolitik der USA dazu führen, dass sich die Weltbörsen nach einer Durststrecke bis zum Jahresende 2025 wieder erholen könnten. Die ersten Anzeichen für eine solche Entwicklung sind schon da. Der amerikanische Finanzminister Scott Bessent sagte gestern: „Tariff talks could bring good Deals.“ („Verhandlungen über Zölle könnten gute Vereinbarungen bringen.“)

Aber diese Vereinbarungen stehen noch nicht. Deshalb müssen wir uns trotz dieses Silberstreifens am Horizont darauf einstellen, dass in den kommenden Monaten ein altbekanntes Motto zum Tragen kommt: It always gets worse before it gets better. Aus heutiger Sicht ist es wahrscheinlich, dass es an den Börsen in den nächsten Wochen und Monaten nochmals abwärts geht.

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