Börsengang mit Beigeschmack: Klarna auf Schrumpfkurs

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Bildquelle: Tichys Einblick

Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna ging am Mittwoch an der Wall Street an die Börse. Handelbar ist der Vermögenswert nun unter dem Kürzel KLAR. Bereits im März hatte Klarna seine Börsenpläne öffentlich gemacht, diese aber vorgeblich wegen der wirtschaftlichen Unsicherheiten im Zuge des von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Handelsstreits zunächst auf Eis gelegt.

Grundsätzlich nutzen Unternehmen einen Börsengang – auch Initial Public Offering (IPO) genannt –, um Eigenkapital zu beschaffen. Dabei werden Unternehmensanteile an den Kapitalmärkten platziert, um mit dem daraus gewonnenen Kapital zukünftige Investitionen und Wachstum zu finanzieren.

Doch bei Klarna scheint der Gang aufs Börsenparkett ganz anderen Zwecken gedient zu haben. Wie Klarna vergangene Woche in London mitteilte, sollten durch den Börsengang gut 34,3 Millionen Anteile zu einem Stückpreis von 35 bis 37 US-Dollar veräußert werden. Ziel war es bis zu 1,27 Milliarden US-Dollar einzusammeln.

Auffällig ist jedoch die Zusammensetzung der angebotenen Aktien: Der weitaus größte Teil stammt von bisherigen Großinvestoren, die sich offenbar von ihren Beteiligungen trennen wollen. Klarna selbst brachte in dieser IPO lediglich rund 5,6 Millionen neue Aktien in den Handel.

Es wird deutlich, dass es bei diesem IPO weniger darum ging, frische Mittel für Klarna einzusammeln, sondern vielmehr um den Ausstieg der Altinvestoren. Doch warum ist dies der Fall?

Dass sich zahlreiche Investoren von Klarna zurückziehen und ihre Aktienpakete veräußern, dürfte unter anderem an der insgesamt pessimistischen Stimmung rund um das Unternehmen liegen. In den vergangenen Jahren musste Klarna erhebliche Verluste bei der Unternehmensbewertung hinnehmen. Binnen weniger Jahre hat sich die Bewertung des Unternehmens um das Dreifache verringert. Der Börsengang erfolgt nun auf Grundlage einer Marktkapitalisierung von rund 14 Milliarden US-Dollar – deutlich unter dem Höchstwert von über 45 Milliarden US-Dollar, der bei Finanzierungsrunden im Jahr 2021 noch erzielt worden war. Aufgrund des starken Abverkaufs der letzten Jahre ist nun ein Herdenverhalten bei den Altinvestoren zu beobachten: Viele Großanleger nutzten den Börsengang als Ausstiegschance, um letztlich weitere Wertverluste zu vermeiden.

Zu den Hauptursachen für den drastischen Einbruch bei Klarna zählt in erster Linie das Ende der Niedrigzinsphasen in den USA, aber auch in der Eurozone und das damit einhergehende Platzen der Venture-Capital-Blase. Von März 2016 bis Juli 2022 hielt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins konstant bei null Prozent. In dieser Phase konnten Großinvestoren äußerst günstig Kapital aufnehmen und gingen auch entsprechend hohe Risiken ein, um potenziell wachstumsstarke Unternehmen frühzeitig zu finanzieren. Auch spekulative Fintechs ohne nachhaltiges Geschäftsmodell profitierten von diesem Umfeld und erreichten teils überzogene Bewertungen.

Mit der geldpolitischen Wende änderte sich die Lage drastisch: Zwischen Mitte 2022 und Ende 2023 erhöhte die EZB den Leitzins um insgesamt 450 Basispunkte. Die Folge: steigende Kapitalkosten, sinkende Liquidität und eine deutlich geringere Risikobereitschaft unter Investoren. Billiges Geld wurde zur Mangelware. Besonders unprofitable Geschäftsmodelle wie das von Klarna gerieten dadurch stark unter Druck.

Die Geschäftszahlen des Zahlungsdienstleisters entwickelten sich zuletzt eher verhalten. Nach Jahren in der Verlustzone gelang es Klarna im Jahr 2024 erstmals, einen kleinen Gewinn von 21 Millionen US-Dollar auszuweisen – bei einem Gesamtumsatz von 2,81 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch einen Verlust von 230 Millionen US-Dollar verzeichnet. Zuvor hatte Klarna zuletzt 2018 ein positives Nettoergebnis erzielt.

Aufgrund schwacher Einnahmen hat der Zahlungsdienstleister zuletzt erhebliche Sparmaßnahmen ergriffen, um so die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Klarna setzte dabei unter anderem auf eine Reduktion der Lohnkosten um 50 Millionen Dollar, was mit dem Abbau von über 1.200 Stellen einherging. Auch das Marketingbudget wurde rigoros um 30 Prozent gekürzt. Der drastische Personalabbau wirft Fragen zur langfristigen Stabilität und Servicequalität auf. Zuletzt stand auch der Verkauf des Checkout-Geschäfts an: Dieser Unternehmensbereich wurde 2024 für 520 Millionen US-Dollar an einen schwedischen Risikokapitalfonds verkauft.

Neben dem überwiegend unprofitablen Geschäftsmodell stößt auch dieser Sparkurs vielen Investoren bitter auf – und trägt entscheidend dazu bei, dass sich zahlreiche Altinvestoren zunehmend von ihrer Unternehmensbeteiligung trennen wollen.

Auch der zukünftige Kurs des Unternehmens bereitet vielen Investoren Bauchschmerzen. Klarna ist derzeit vor allem für sein „Buy Now, Pay Later“(BNPL)-Modell bekannt. Doch parallel versucht das Unternehmen sich verstärkt als globale Digitalbank bzw. Neobank zu positionieren.

Ob es Klarna gelingt, jenseits des BNPL-Geschäfts nachhaltig zu wachsen und profitabel zu wirtschaften, bleibt angesichts mangelnder Erfahrung und hoher Kosten ungewiss. Besonders vor dem Hintergrund des Sparkurses und der durchwachsenen Betriebsergebnisse der vergangenen Jahre ist mehr als fraglich, ob die Expansion in den Bankensektor gelingen kann.

Das Geschäftsmodell von Klarna ist keineswegs so disruptiv, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Klarna bietet Konsumkredite an. Wer im Internet Möbel, Schuhe oder andere Produkte kaufen will, kann diese über Klarna in Ratenzahlung finanzieren. Meistens sind diese Finanzierungen in vier Raten geteilt und sind komplett zinsfrei. Der Händler wird direkt ausbezahlt. Klarna verdient eine Kommission für die Vermittlung der Zahlung. Bei Zahlungsverzug werden hohe Straf- bzw. Bearbeitungsgebühren fällig.

Außerdem vermittelt Klarna auch Finanzierungen mit längerer Laufzeit, oft zwischen sechs und 36 Monaten. Für diese Finanzierungen werden aber sehr hohe Zinssätze, sogar höher als bei Kreditkarten, fällig. Und all das mit einer minimalen Prüfung der Zahlungsfähigkeit seiner Kunden.

Und Kreditkarten sind das Problem von Klarna: Viele Nutzer, vor allem in den Vereinigten Staaten haben schon hohe Kreditkartenschulden. Diesen Nutzern vermittelt Klarna Kredite für Konsumgüter und sogar Finanzierungen für Essenslieferungen.

Schon 2024 schieb Klarna Schulden von fast 210 Millionen Euro ab (2,33 Milliarden schwedische Kronen). Außerdem wurden Schulden im Buchwert von 22 Milliarden Euro (26 Milliarden US$) an das amerikanische Inkassounternehmen Nelnet verkauft.

Aufgrund der geplanten Veräußerung von knapp 35 Millionen Unternehmensanteilen im Zuge des Börsengangs ist mit erhöhter Volatilität zu rechnen, besonders ab Börsenöffnung um 15:30 Uhr. Doch schon vor Handelsstart lag der Emissionspreis der Aktie bei 40 Dollar – höher als die erwarteten 35 bis 37 Dollar. So konnten 1,17 Milliarden Dollar erlöst werden. Vor allem Kleinanleger, die mit dem Gedanken spielen, beim Handelsstart in KLAR einzusteigen, sollten trotzdem gewarnt sein: Grundsätzlich empfiehlt es sich, nach einem IPO eine gewisse Zeit abzuwarten, bis sich der Verkaufsdruck gelegt hat, bevor man Aktien erwirbt.

Selbst wenn sich die anfängliche Verkaufswelle beruhigt, bleibt die Frage offen, ob Klarna angesichts der roten Zahlen der letzten Jahre, des harten Sparkurses und der über-ambitionierten Expansionspläne wirklich die richtige Wahl für ein Investment ist. Natürlich bleibt die Entscheidung am Ende jedem Investor selbst überlassen – doch jedem sollte im Vorfeld bewusst sein, wie hoch das Risiko einzuschätzen ist.

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