
Vorgestern Abend, dem 6. 5. 2025, vor allem gestern am 7.5. 2025 machte die Nachricht die Runde, dass die Innenministerin des Landes Brandenburg Katrin Lange (SPD) den Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Jörg Müller, mit sofortiger Wirkung von der Führung der Dienstgeschäfte entbunden hat. Müller soll in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, teilte das Innenministerium am Dienstag mit. Das „notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit“ sei nicht mehr gegeben, heißt es.
Brisant und gesellschaftspolitisch wurde die personalpolitische Entscheidung Langes deshalb, weil der Grund in der Einstufung des Landesverbandes der AfD lag, die Müller am 14. April als „gesichert extremistisch“ hochstufte. Müllers politisch motivierte Aktion verwunderte deshalb schon nicht, weil unter Müllers Leitung der Brandenburger Verfassungsschutz sich auf die schiefe Ebene begab, zur politischen Polizei zu werden. Diese Befürchtung muss man leider so lange hegen, solange der Verfassungsschutz Einschätzungen wie Urteile veröffentlicht, die in den demokratischen Prozess eingreifen, ohne dafür Belege zu erbringen. Denn die angeblichen Gutachten, auf die man sich stützen will, werden praktischerweise als „geheim“ eingestuft und damit der Bewertung durch die Öffentlichkeit entzogen. Macht also der Verfassungsschutz, was er will – oder was er nach rotgrüner Meinung soll?
Innenministerin Lange rechtfertigte den Rauswurf von Müller mit einer erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses, denn Müller hatte zwar die Hochstufung am 14. April vorgenommen, doch Lange den entsprechenden Einstufungsvermerk nach Langes Darstellung erst am 5. Mai 2025 vorgelegt – kurz vor der Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission im Landtag. Dass Müller eine unselige Verordnung des blamierten Michael Stübgen nutzte, um eigenmächtig die Höherstufung vorzunehmen und seine Innenministerin kurz vor der Ausschusssitzung in Kenntnis davon zu setzen, riecht nach Intrige, denn damit nahm er der Innenministerin die Zeit, sich mit dem sogenannten Gutachten auseinanderzusetzen. Womöglich tat Müller das, weil er Langes Einstellung kannte, die nicht viel davon hielt, die AfD höher zu stufen. Nun lässt Lange die Höherstufung vorerst bestehen, weil sie sich erst mit den Ergebnissen der Sammelleidenschaft des eifrigen Herrn Müller auseinandersetzen muss.
Damit könnte die Sache abgeschlossen sein, doch schon melden sich Müllers Unterstützer. Dass die Grünen, die kaum jemand in Brandenburg in irgendeiner Verantwortung sehen möchte und die möglicherweise einen Verfassungsschutz zur Bekämpfung ihrer politischen Gegner und zur Einschüchterung der Bürger benötigen, wie die staatliche Zahl der Anzeigen, die Baerbock und Habeck gegen Bürger anhängig machten, belegt, ist selbsterklärend. Dass die CDU den Grünen assistiert, hängt mit dem Wunsch der CDU zusammen, mit SED, SPD und Grünen eine Art Volksfront oder Einheitsfront zu bilden; schließlich will der neue Kanzleramtsminister Thorsten Frei den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit der Linkspartei auflösen, sodass die Brandmauer nach links nicht mehr existiert und alle sich hinter der Brandmauer gegen Rechts verschanzen.
Ganz im Sinne der neuen Einheitsfront oder der alten Blockparteienseligkeit blockflötete Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann bereits: „Der bisherige Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Herr Müller, genoss parteiübergreifend ein sehr hohes Ansehen.“ Parteiübergreifend im Block der sich selbst demokratisch nennenden Parteien oder blockparteilich eben. Aber im Grunde ist es egal, was Redmann sagt, denn der arbeitet mit großem Erfolg daran, die CDU-Brandenburg im Land und im Bund einstellig zu bekommen. Lustig sind die Stellungnahmen von Redmann und dem innenpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Rainer Genilke insofern, weil Lange eine Regelung aufhob, die erst Langes Vorgänger Michael Stübgen von der CDU eingeführt hatte.
Als Stübgen das Innenressort in der vorigen Legislaturperiode übernehmen sollte, installierte dem Vernehmen nach die SPD Müller als neuen Verfassungsschutz-Chef. Und Stübgen stellte gehorsam Müller die dubiose Generalvollmacht aus, dass der Chef des Landesamtes über die Höherstufung entscheiden darf, eben ohne den Innenminister zu informieren oder zu konsultieren. Damit entließ Stübgen das Landesamt in diesem Bereich aus seiner Aufsicht. Was man in Köln beim Bundesamt von Müller und Stübgen hielt, demonstrierte man, als das Bundesamt für Verfassungsschutz das Landesamt von dem Treffen in Potsdam nicht informierte, das als Correctiv-Affäre in die Geschichte eingehen dürfte. Stübgen und auch Müller erfuhren aus der angefütterten Presse von dem Ereignis vor ihrer Haustür, das republikweit aus den unterschiedlichen Gründen für Aufsehen und Schlagzeilen sorgte.
Noch kann es geschehen, dass die Innenministerin aus dem Amt gedrängt wird, denn es wurden und werden bewusst und mit einiger Energie Zweifel daran gesät, dass Katrin Lange wirklich erst so spät von der Höherstufung des Landesverbandes der AfD erfahren hatte – und damit, was den Grund der Entlassung Müllers betraf, gelogen haben könnte. Der Lokalableger des Tagesspiegels, die Potsdamer Neueste Nachrichten, die manche auch spöttisch Potsdamer Grünste Nachrichten nennen, begann sofort zu recherchieren, bisher ohne wirklichen Erfolg. Zu mehr als zu Insinuationen, waghalsigen Konstruktionen und Geraune reicht es nicht, allenfalls zum Kommentar, der dann auch klassenkämpferisch und klassenbewusst klar macht, warum die Gazette Langes Abberufung herbei schreiben will. Laut PNN bereitet Lange „den Boden dafür, dass die AfD alsbald selbst Zugriff auf die Sicherheitsbehörden bekommen könnte“. Willkommen in den Potsdamer Neuesten Verschwörungstheorien. Das Staatsverbrechen, das der Innenministerin von den PNN zur Last gelegt wird, weshalb sie abzusetzen und irgendwie zu bestrafen ist, lautet: „in Brandenburg rüttelt sie an der Brandmauer zur AfD.“ An den Schandpfählchen hat die PNN sie schon gestellt, ein Schandpfählchen im Format der PNN eben.
Kommen wir also zur Rubrik Gerüchte. Manche vermuten allerdings als Hintergrund für diese Zweifel an Lange die Diadochenkämpfe um Dietmar Woidkes Nachfolge, die zwischen dem linken und dem pragmatischen Parteiflügel schwelen, zwischen der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) Manja Schüle und der Innenministerin Katrin Lange. Ganz im Sinne Schüles heißt es dann auch in der PNN: „Viel zu oft hat Lange, SPD-Landesvize mit Ambitionen, Dietmar Woidke als Regierungschef zu beerben, in der Migrationspolitik der AfD schon zugeblinzelt. Nicht zum ersten Mal sind selbst Genossen entsetzt.“ Die PNN hat vergessen zu erwähnen, welche Genossen. Schüle? Stohn? Die versammelte Parteilinke?
Inzwischen hat sich Ministerpräsident Dietmar Woidke hinter Lange gestellt und gesagt, dass auch er erst am Dienstag von der Hochstufung erfahren hat. Dass Lange wirklich eine pragmatische Politik im Sinne des Landes verfolgt, hatte sie als Finanzministerin in der PCK-Affäre bewiesen, als sie Standhaftigkeit zeigte gegen Habecks Zumutungen (TE berichtete). Sieht man von den möglichen Machtkämpfen innerhalb der SPD ab, wird deutlich, dass der Verfassungsschutz sich über die Bürger, über den Souverän des Grundgesetzes erhebt und der Versuchung, Staat im Staate zu werden, nicht widerstehen zu können scheint.
Vor nicht allzu langer Zeit äußerte der damalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang über die Letzte Generation, die unter anderem Flughäfen lahmlegte und eine erhebliche Gefährdung der Flugsicherheit provozierte: „Extremistisch ist immer dann, wenn der Staat, die Gesellschaft, die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage gestellt wird.“ „Und genau das tun die Leute ja eigentlich nicht. Die sagen: Hey, Regierung, ihr habt so lange geschlafen. Ihr, Regierung, müsstet jetzt endlich mal was tun.“
Zugleich erklärte Haldenwang, dass der Kampf gegen die AfD zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes gehört, der im Übrigen darüber entscheiden will, was von der Meinungsfreiheit des Grundgesetzes gedeckt ist und was nicht: „Nach den Verfassungsschutzgesetzen hängt die verfassungsschutzrechtliche Relevanz von Äußerungen als tatsächliche Anhaltspunkte, die eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz eröffnen, nicht davon ab, ob diese strafbar oder illegal sind.“
Wer also wie Haldenwang schreibt: „Die Meinungsfreiheit ist von daher kein Freibrief“, der stellt die freiheitlich-demokratische Grundordnung grundsätzlich in Frage. Und diesem Verfassungsschutz, der immer stärker den Schutz der Verfassung (oder des Grundgesetzes) dem Schutz der dysfunktionalen Eliten unterordnet, zu denen inzwischen auch die SED, die sich derzeit Linkspartei nennt, gehört, sollen die Bürger auf Treu und Glauben blind vertrauen?