Brandenburgs Innenministerin stellte sich gegen eine Hochstufung der AfD – plötzlich verkündete sie diese selbst

vor etwa 4 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Apollo News

Seit der Entlassung des Brandenburger Verfassungsschutzchefs Jörg Müller am Dienstag tauchen immer mehr Fragen bezüglich der Hintergründe dazu auf. Das brandenburgische Innenministerium sagte zur Entlassung anfangs noch: „Das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit sei nicht mehr gegeben.“ Weiter führte das Ministerium unter der Führung der SPD-Politikerin Katrin Lange die Entscheidung nicht aus. In Brandenburg ist der Verfassungsschutz dabei als Abteilung des Innenministeriums organisiert.

Öffentlich sorgte diese knappe Kommunikation für große Verwunderung in der Landespolitik. Innenministerin Lange wurde öffentlich aus der eigenen Partei angegangen. „Ich bin irritiert, dass ein langjähriger, zuverlässiger Verwaltungsbeamter wie Müller, der eine klare Haltung für den demokratischen Rechtsstaat vertritt, entlassen wird“, sagte etwa der SPD-Landtagsabgeordnete Erik Stohn.

Noch am Dienstag, als Müller entlassen wurde, berichtete die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ), dass der Verfassungsschutzchef sich intern für eine Hochstufung der AfD eingesetzt haben soll – offenbar hätte es Meinungsverschiedenheiten diesbezüglich mit der Innenministerin gegeben. Das hätte, so die Darstellung der MAZ, zur Entlassung Müllers geführt.

Am Tag nach der Entlassung kam plötzlich die Wende: Überraschend verkündete die Innenministerin, dass die Brandenburger AfD bereits seit Mitte April durch den Verfassungsschutz des Landes als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft worden ist. Überhaupt sei die Entlassung Müllers aufgrund von fehlender Kommunikation erfolgt – der bisherige Verfassungsschutzchef hätte die Ministerin über die Einstufung der AfD erst am Montag in Kenntnis gesetzt.

Doch dann kam die Aussage von Innenministerin Katrin Lange vor dem Innenausschuss des Landtags, über die die Welt berichtete, die zahlreiche Fragen aufwirft. „Das Ergebnis, dass es jetzt so ist, mit Stempel und Unterschrift, ist mir am 5.5. zugegangen und nicht vorher“, sagte sie auf mehrfache Nachfrage, wann sie von der Hochstufung der AfD erfahren hätte.

Die Welt berichtet unter Berufung auf interne Quellen aus dem Innenministerium nun aber, dass der Innenministerin bereits spätestens im April mitgeteilt wurde, dass der Verfassungsschutz die Brandenburger AfD als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft hatte. Dass die Behörde das plant, war öffentlich bereits im vergangenen Dezember bekannt geworden, als die Süddeutsche Zeitung über ein entsprechendes Gutachten berichtet hatte.

Dem Eindruck widerspricht Lange mit ihrer Aussage vor dem Innenausschuss scheinbar – doch eben der Ausdruck „mit Stempel und Unterschrift“ könnte die Aussage erklären: Laut Welt erhielt Lange bereits Mitte April einen Entwurf des fertiggestellten Gutachtens – jedoch eben ohne „Stempel und Unterschrift“.

Doch Lange, so berichtet die Zeitung, versuchte die Einstufung zu verzögern und sogar gänzlich zu verhindern. Ihr sei, das gab das Innenministerium gegenüber der Welt zu, bis vor kurzem nicht bewusst gewesen, dass seit 2023 in Brandenburg eine interne Regelung gelte, dass nicht der Innenminister, sondern der Chef der Abteilung für Verfassungsschutz die Entscheidung über die Einstufung von Parteien und anderen Organisationen treffe.

Als Lange dann am 5. Mai doch einen Entwurf „mit Stempel und Unterschrift“ erhielt, obwohl sie sich gegen eine entsprechende Einstufung ausgesprochen hatte, soll das zur Entlassung Müllers geführt haben, so die Welt. Die interne Regelung, dass der Verfassungsschutzchef über die Einstufung von Parteien unabhängig entscheidet, ist, wie die Innenministerin im Innenausschuss klargestellt hat, wieder abgeschafft worden.

Nach dem Bericht von Welt ist klar, dass die öffentliche Darstellung der Innenministerin vom Mittwoch so nicht stimmt. Doch da stellt sich die Frage: Warum änderte die Innenministerin einen Tag nach der Entlassung Müllers ihre Begründung und ließ dazu auch noch öffentlich die Einstufung der Brandenburger AfD verkünden, obwohl sie intern eigentlich dagegen war?

Bis dahin hatte Lange sich rein formell eigentlich nichts zu Schulden kommen lassen: Sie hatte als Innenministerin die Entscheidungsgewalt, Müller zu entlassen. Die interne Regelung, dass der Chef des Verfassungsschutzes über die Einstufung von Parteien entscheidet, durfte sie ebenfalls wieder aussetzen. Ihre Position durch eine nun offenbar falsche Aussage vor dem Innenausschuss aufs Spiel zu setzen, erscheint deshalb wenig sinnvoll.

Die Abfolge der Ereignisse erweckt den Eindruck: Lange scheint unter Druck gesetzt worden zu sein – durch wen, ist unklar. Die gesamte Situation zeigt jedoch: Der Verfassungsschutz ist auch in Brandenburg nicht immun gegen politische Beeinflussung – die Einstufung der AfD wird durch den Inlandsgeheimdienst nicht unabhängig getroffen, sondern zu einer hochpolitischen Entscheidung. Innenministerin Lange stellte sich gegen eine Einstufung, nur um dann unter Druck wieder zurückzurudern. Die Aussagekraft der Einstufung leidet dadurch ohnehin deutlich.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Apollo News

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Apollo News zu lesen.

Weitere Artikel