
Am Ende fiel die Entscheidung hauchdünn aus: Mit 348 Ja-Stimmen zu 344 Nein-Stimmen nahm der Deutsche Bundestag am Mittwoch einen Entschließungsantrag der Union an, der in fünf Punkten eine sofortige Wende in der Migrationspolitik fordert. Möglich wurde diese Mehrheit nur durch die Zustimmung von AfD und FDP, weshalb die politische Linke empört aufschreit.
Zwar ist der Antrag rechtlich nicht bindend, doch deutet die Entscheidung einen Bruch der bisherigen politischen Verhältnisse an. Schon am Freitag wird es erneut spannend. Dann soll über das „Zustrombegrenzungsgesetz“ der Union abgestimmt werden. Was sagen die NIUS-Redakteure zur Brandmauer-Wende?
Jetzt, da die sogenannte Brandmauer Geschichte ist, kann man es ja sagen: Es hätte sie niemals geben dürfen. Sie war immer ein Machtinstrument, dass einer „immer kleiner werdenden Minderheit“ (Friedrich Merz im Bundestag) Kontrolle über die Mehrheit verleihen sollte. Die „Brandmauer“, die ein Jahrzehnt lang eine Wende und eine Rückkehr zur Vernunft in der Migrationspolitik verhindert hat, hat Menschenleben gekostet. Die bittere Statistik lautet: Durch die Migrationspolitik, also an der „Brandmauer“, sind mehr Menschen getötet worden als an der Berliner Mauer. Die historische Kehrtwende der CDU ist richtig, aber angesichts all der verlorenen Menschenleben kein Anlass zur Freude, sondern vielmehr zu einem Gelöbnis: Nie wieder darf es in unserem Land geschehen, dass über einen so langen Zeitraum durch eine so offenkundig falsche wie gefährliche Politik so viel Leid angerichtet wird.
Der Unionsantrag wurde mit den Stimmen der AfD angenommen.
Am Ende dieses historischen Tages im Deutschen Bundestag steht CDU-Chef Friedrich Merz dort, wo er und die Union seit Jahren nicht mehr stehen wollten: rechts. „Ich suche keine anderen Mehrheiten als in der Mitte“, sagt er, nachdem sein Fünf-Punkte-Plan zur Beendigung der illegalen Migration von einer knappen Mehrheit (348 zu 344) der Abgeordneten angenommen worden ist. „Ich bedauere diese Mehrheit.“ Ein Sieger, der seinen Triumpf bedauert. Seine Fraktion lasse sich nicht das Recht absprechen, eigene Anträge einzubringen, die nicht den Segen von Roten und Grünen hätten, entschuldigt sich Merz fast für seinen Sieg.
Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob die Logik dieses Tages die Union zerreißt oder stärkt: Wenn es um die Lösung der Probleme geht, ist uns egal, woher die Stimmen kommen. Die Union ist aus dem lange Zeit selbst akzeptierten und von der Linken gebauten Brandmauer-Gefängnis ausgebrochen und mit sich selbst noch nicht ganz im Reinen, ob sie nicht doch wieder in die politisch korrekte Zelle kriechen soll, um von den Linken gemocht zu werden.
Die werden nun den „antifaschistischen Kampf“ mit allen Mitteln eröffnen, und wenn CDU/CSU noch viele Selbstzweifel zeigen, werden sie diesen Kampf womöglich sogar gewinnen und das Vertrauen in die Problemlösungskompetenz der Union weiter erschüttern. Rechts wollte die Union seit Angela Merkel nicht mehr sein. Erst langsam wächst die Erkenntnis, dass man sich von Rot-Grün-Dompteuren nicht länger durch die Manege treiben lassen kann. Ausgerechnet diejenigen, die immer vor der Spaltung warnen, spalten nun die Union ab und stecken sie mit der AfD in den rechten Topf. Deutschland geht ungemütlichen Zeiten entgegen.
Eine parlamentarische Mehrheit, die im nächsten Bundestag eine noch größere parlamentarische Mehrheit wird, stimmt für einen Antrag, der überfällig, im Sinne der Bevölkerung und mehrheitsfähig im Volke ist – und lässt sich von linkem Furor und moralischer Erpressung nicht mehr treiben. Ich erkenne darin keine Gefahr für die Demokratie, sondern im Gegenteil: ein urdemokratisches Vorgehen schlechthin.
Wird es in der Union intern rumoren und geht Merz gestärkt aus der Abstimmung?
Das Groteske ist ja: Um eine wirkliche und sofortige Änderung der Migrationspolitik ging es bei der Abstimmung am Mittwoch nie. Der 5-Punkte-Plan der Union ist rechtlich wirkungslos und für die Bundesregierung nicht bindend. Auch der Gesetzesentwurf, über den am Freitag abgestimmt wird, dürfte über kurz oder lang im Bundesrat versenkt werden. Und dennoch: Die politischen Verhältnisse beginnen sich zu verschieben. Erst drehte sich der Zeitgeist in der Bevölkerung, nun lastet der Druck auf dem Parlament.
Die Linke reagiert wutentbrannt. Merz sei der Steigbügelhalter des Rechtsextremismus, tönt es aus hysterischen Kehlen. Dammbruch. Nazis. Hitler. Der Ton wird schrill. „Leistet Widerstand gegen den Faschismus im Land. Auf die Barrikaden“, forderte die Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek noch vom Rednerpult im Bundestag. Die zivilgesellschaftlichen Truppen der Antifa fanden sich direkt im Anschluss vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin ein: „Alle zusammen gegen den Faschismus“, tönte es durch die Straßen.
Die Linke treibt mit ihrem Wahn einen weiteren Keil in die Gesellschaft. Unterschieden wird künftig nur noch zwischen den vermeintlich aufrechten Progressiven und den Faschisten und ihren Helfern. Durch die Radikalität dieser Sprache – und dem sich andeutenden Straßenterror der Antifa – zwingt man die Bevölkerung und die restlichen Parteien, sich an einem der beiden dominierenden Gesellschaftspole zu orientieren: den Grünen oder der AfD. Die sogenannte politische Mitte befindet sich in der Auflösung. Für die Stabilität des politischen Systems bedeutet das nichts Gutes.
Vor dem Konrad-Adenauer-Haus kam es zu Demonstrationen.
Ich kann es nicht anders sagen: Was mir heute aus den Reihen von Rot-Rot-Grün zu Ohren kam, war so infam und niederträchtig, dass es mir schlecht wurde. Das Brüllen und Toben, die irrsinnigen Nazi-Vorwürfe, der nackten Angst vor dem Machtverlust entsprungen, all das war so ekelhaft, dass es die Sau grauste. Und vorneweg der Bundeskanzler mit einem unfassbar schäbigen, würdelosen Auftritt.
Ich war lange ein Anhänger der Sozialdemokratie, bevor ich mich vor 20 Jahren von ihr verabschiedete, aber was aus dieser Partei gemacht wurde, von Leuten wie Esken, Scholz und Lauterbach, macht einen nur noch traurig. Diese Figuren dürfen einfach nicht länger an der Macht bleiben. Geradezu schockierend finde ich, dass aus den linken Reihen kein Fitzelchen von Bedauern über die verantwortungslose Migrationspolitik zu spüren war.
Diese Menschen haben sich die Förderung der schrankenlosen Einwanderung noch für die gefährlichsten Typen dieser Welt vorgenommen, von islamistischen Terroristen und Judenhassern bis zu zahllosen Gewaltverbrechern. Keine Spur von Mitleid mit den Hunderttausenden Opfern dieser Migranten seit 2015, sie lassen uns für ihre kranke Ideologie eiskalt über die Klinge springen. Es ist ihnen völlig egal, wie viele Bürger dieses Landes beraubt, verletzt, vergewaltigt oder ermordet werden. Und weil sie keine Argumente haben, um ihre Politik zu rechtfertigen, schwingen sie die Nazi-Keule, lügen und verleumden. Außer „Brandmauer! Brandmauer! Brandmauer!“ kommt rein gar nichts.
Sie wissen, dass sie ausgespielt haben, deshalb schlagen sie so besinnungslos um sich. Ausgerechnet sie, die ständig ihre vermeintlich überlegene Moral vor sich hertragen, von Respekt, Anstand, Fairness, Vielfalt und Toleranz schwafeln. Dabei sind sie nur erbärmliche, gewissenlose Ideologen, die ihr Instrument zum ewigen Machterhalt davonschwimmen sehen. Diesen Leuten die Demokratie anzuvertrauen ist wie einen Pitbull als Babysitter zu engagieren. Es wird ein sehr, sehr schmutziger Wahlkampf werden.
Olaf Scholz begann den Sitzungstag mit seiner Regierungserklärung.
Die Mehrheit der demokratisch gewählten Abgeordneten des Bundestages hat die Bundesregierung aufgefordert, Zurückweisungen an den Grenzen anzuordnen. Dass die Regierung Scholz einen Teufel tun und die Mehrheit ignorieren wird, ist der demokratische Skandal, nicht die Abstimmung.
Auf eine Sache kann man sich beim gescheiterten und scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz wirklich verlassen: Er wirft die eigenen Fehler zuverlässig allen anderen vor. So war es auch in seiner hoffentlich letzten Regierungserklärung am gestrigen Mittwoch. Ehe seine Rumpfregierung eine Abstimmungsniederlage erlitt und der Bundestag mit den Stimmen von CDU, CSU, FDP, AfD und einigen fraktionslosen Abgeordneten für eine verschärfte Migrationspolitik votierte, polterte Scholz: „Ich bin die Nebelkerzen leid.“
Was aber tat Scholz in den unglücklichen Jahren seiner Regierungszeit anderes als eben dies: Nebelkerzen werfen? Er kündigte Abschiebungen in großem Stil an, die bis heute nicht stattfanden. Er kündigte ein neues Wirtschaftswunder an, das bis heute ausblieb. Er kündigte eine wachsende Zustimmung für seine Ampel-Regierung an, die stattdessen auseinander brach. Er versprach mehr Respekt für alle und beschimpfte seine Gegner notorisch. Die Liste fortzusetzen, würde mehr Zeit verschlingen, als der überforderte Sozialdemokrat noch im Amt weilen wird. Man wird sich an ihn als an den Nebelkerzen-Kanzler erinnern.
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