Die „Brandmauer“ wird zum Hauptdarsteller im zweiten Teil des Richterdramas

vor 18 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Der Bund wollte am Freitag drei Richter fürs wichtigste deutsche Gericht bestimmen. Das weckte im Vorfeld Erinnerungen an berühmte frühere Wahlen zum Bundesverfassungsgericht wie … Eben. Die Wahl der Richter ging früher völlig geräuschlos an den Bürgern vorbei. Nur wenige Richter erlangten bundesweit echte Bekanntheit. Peter Müller vor seiner Amtszeit. Aber auch nur im Saarland, weil er dort Ministerpräsident war. Oder Roman Herzog, als er nach seiner Amtszeit Bundespräsident wurde. Als Herzog dieses oberste deutsche Staatsamt antrat, verlief das ebenfalls unter großer Akzeptanz, weil er zuvor das Gericht nie benutzt hatte, um eine, um seine politische Agenda durchzusetzen.

Mit der immer noch laufenden Wahl hat die SPD mit dieser sinnvollen Tradition gebrochen und das Amt des Bundesverfassungsrichters politisiert: Mit Ann-Katrin Kaufhold hat sich eine Kandidatin im Vorfeld positioniert. Gerichte sollten Klimaschutz verordnen – zur Not gegen den Willen der Bürger oder ihrer gewählten Abgeordneten. Die andere Kandidatin, Frauke Brosius-Gersdorf, will die größte deutsche Oppositionspartei verbieten, aber dafür Amtsträgern das Kopftuch und Frauen den Mord an lebensfähigen Babys im Bauch erlauben. Das sind keine Positionierungen, die Bürger sich für ein Amt wünschen, das neutral und unabhängig über Fragen entscheiden soll, die tief in ihre Grundrechte einschneiden können – wie etwa während der Pandemie.

Die SPD will Kaufhold und Brosius-Gersdorf. Es gibt Gründe, warum die Partei von Willy Brandt heute 16,4 Prozent in bundesweiten Wahlen holt und in Umfragen noch weiter abstürzt. CDU und CSU waren anfangs bereit, Kaufhold und Brosius-Gersdorf zu akzeptieren – ihre Abgeordneten haben im Fachausschuss entsprechend abgestimmt. Doch zu Brosius-Gersdorf kam es zum bekannten Crash. Kanzler Friedrich Merz hatte zuvor zu deutlich gemacht, wie wenig ihm christliche Werte im Zusammenhang mit dem Schutz ungeborenen Lebens wert sind. Das hat die Kirchen auf den Plan gerufen und unter ihrem Druck verschob die Union das Thema im Bundestag. Doch nicht wegen des Lebensschutzes – sondern unter dem Vorwand zweifelhafter Plagiatsvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf. Es gibt Gründe, warum die AfD mittlerweile mehr als 20 Prozent der Wähler erreicht.

Nun steht der zweite Teil des Dramas an. Im ersten Teil war die Wahl von Günter Spinner nur ein unbedeutender Seitenstrang der Handlung. Spinner ist der Kandidat der Union. Er stand auf einer Liste von Kandidaten, die das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen hat, nachdem die Union den Kandidaten Robert Seegmüller zurückgezogen hat – auf Druck der Grünen. Als Richter am Bundesarbeitsgericht ist Spinner als einziger der drei Kandidaten fachlich und politisch unumstritten.

Ausgerechnet er verkompliziert die Wahl nun im zweiten Teil des Dramas am stärksten. Das liegt nicht an ihm, sondern an der „Brandmauer“ gegen die AfD. Da sie die Brandmauer schützen wollen, arbeiten CDU und CSU nun mit der Partei zusammen, deren Vorfahrenpartei die echte Mauer mit Selbstschussanlagen ausgerüstet hat, um Arbeiter vom Verlassen des Arbeiterparadieses abzuhalten. Damit ist der Wahnsinn um die „Brandmauer“ maximal beschrieben.

Wie kommt’s, dass nach den Grünen nun die Linken der Union die Kandidaten diktieren können? Um einen Richter wählen zu können, braucht es zwei Drittel der Stimmen der anwesenden Abgeordneten. In geheimer Wahl. Stimmen die Fraktionen geschlossen ab, sind also die Stimmen der Regierungsparteien notwendig und die von Linken und Grünen. Oder die Stimmen der Regierungsparteien und die der AfD. Kaufhold und Brosius-Gersdorf sind extrem linke Aktivisten. Sie zu wählen, dürfte der Linken leichtfallen. Spinner die notwendigen Stimmen zu verweigern, ist da schon leichter.

Inhaltlich spricht letztlich aber aus Sicht der Linken nichts gegen alle drei Kandidaten. Es geht nicht um Inhalte. Das hat ihr Vorsitzender Jan van Aken am Freitag im Gespräch mit dem Deutschlandfunk offen zugegeben. Die Linke will sich an der Union rächen, weil die ihrer Fraktionsvorsitzenden Heidi Reichinnek die Wahl ins Parlamentarische Kontrollgremium versagt hat. Die CDU müsse auf die Linke zukommen, sagte van Aken. Seine Co-Vorsitzende Ines Schwerdtner kündigte nach der verpatzten Wahl an, dass sie Spinner nur dann mit wählt, wenn der Kanzler sich entsprechend nachgiebig erweist. Übersetzt heißt das: Friedrich Merz soll sich vor den Linken nicht nur unterwerfen – er soll zu dieser Unterwerfung auch öffentlich stehen.

Die AfD hat bereits angekündigt, Spinner mitwählen zu wollen und scheint da recht geschlossen. Kaufhold und Brosius-Gersdorf lehnt die größte Oppositionspartei ab. Damit wäre Spinner gesetzt. Eigentlich. Denn ohne die Stimmen der Linken wäre er ja mit den Stimmen der AfD gewählt. Nachweisen könnte das niemand, weil die Wahl, wenn sie denn Mal stattfindet, geheim ist. Aber schon der Verdacht, ein Sakrileg gegen die heilige „Brandmauer“ und Gotteslästerung zu betreiben, gilt in Berlin mittlerweile mehr als Inhalte. Das sagt alles über den Irrsinn der „Brandmauer“.

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