
Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf ist die derzeit meist-diskutierte Personalie der Republik. Ihre Kandidatur für das Amt als Richterin beim Bundesverfassungsgericht hat wegen ihrer Position zur Menschenwürde und mehrerer polit-aktivistischer Äußerungen heftige Debatte ausgelöst – nicht minder kontrovers dürften die Debatten am Frühstückstisch der Familie Brosius-Gersdorf ablaufen. Denn: Während Frauke Brosius-Gersdorf sich eher für ein Verbotsverfahren der AfD ausspricht, hält ihr Mann, der Rechtswissenschaftler Prof. Hubertus Gersdorf, argumentativ dagegen.
Für Hubertus Gersdorf ist das zentrale Argument, welches die Alternative für Deutschland als verfassungsfeindlich und somit „gesichert rechtsextremistisch“ entlarven soll, gar nicht existent – er nennt die Argumentation, die unter anderem das Bundesamt für Verfassungsschutz vorträgt, „grundfalsch“:
„Der zentrale Vorwurf ist ja, dass die AfD ein ethnisch-abstammungsmäßiges Volksverständnis habe und das verstoße gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das ist leider grundfalsch, weil es nach unserer Verfassung gar kein Volksverständnis gibt“, sagte Brosius in der mdr-Sendung „Fakt ist!“.
Begründung von Hubertus Gersdorf: Das Grundgesetz regelt einzig in Artikel 116, dass Deutscher ist, wer deutscher Staatsbürger ist. Alles Weitere kann der Gesetzgeber in einem Staatsangehörigkeitsrecht regeln und verändern und unterliegt somit keinem verfassungsmäßigen Grundsatz.
Seine Ehefrau, Frauke Brosius-Gersdorf hingegen, spricht sehr wohlwollend über ein Verbotsverfahren der AfD. Über die Gefährlichkeit der Partei müsse man nicht streiten, die Frage sei, ob genug Beweismaterial gesammelt werden könne.
Bei Markus Lanz hatte sie vor einem Jahr gesagt: „Wir wollen uns nicht ernsthaft darüber streiten, dass die AfD angesichts der Erfolge, die sie bei Landtagswahlen schon erzielt hat, dass es da an der Gefährlichkeit scheitern würde – wenn es genug Material gibt, wäre ich auch dafür, dass der Antrag auf ein Verbotsverfahren gestellt wird, weil das ein ganz starkes Signal unserer wehrhaften Demokratie ist, dass sie sich gegen Verfassungsfeinde wehrt, dass es Grenzen gibt, die nicht überschritten werden dürfen.“
Im Interview mit der Wochenzeitung Junge Freiheit führte Hubertus Gersdorf noch einmal ausführlicher aus, warum er einen ethnischen Volksbegriff nicht für verfassungsfeindlich hält, schließlich sei dies in Deutschland über mehr als fünf Jahrzehnte Praxis gewesen: „Also ein Staatsbürgerschaftsrecht, das darauf zielt, die ethnische, sprich soziokulturelle Homogenität eines Volkes zu wahren. Dagegen führt das 1999 verabschiedete, heutige Staatsangehörigkeitsrecht zur Veränderung dieser homogenen Einheit. Aber ebenso wie der Gesetzgeber sich 1999 für dieses entscheiden konnte, kann er in Zukunft auch wieder das vorherige Recht einführen, also zum Abstammungsprinzip zurückkehren.“
Auf rund 200 Seiten befasst sich das Bundesamt für Verfassungsschutz in seinem AfD-Gutachten mit dem ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff der AfD und versucht anhand von Äußerungen von AfD-Politikern zu besagtem Volksbegriff eine verfassungsfeindliche Bestrebung der Partei nachzuweisen. Besagtes Gutachten soll belegen, dass es sich bei der AfD um eine „gesichert rechtsextremistische“ Partei handelt.
Gersdorf dazu: „Denn wenn der Verfassungsschutz meint, ein ethnisch-kultureller Volksbegriff sei verfassungswidrig, dann muss man ihm die Frage stellen, ob er folglich der Auffassung ist, dass auch das Staatsangehörigkeitsrecht von 1949 bis 1999 verfassungswidrig war. Und zudem müsste diese Auffassung des Verfassungsschutzes erst noch höchstrichterlich bestätigt werden, bevor man auf ihrer Basis eine Partei verbieten kann.“ In der Folge wäre zu beobachten, ob die AfD diesen Volksbegriff nach besagter Rechtsprechung weiterhin vertrete und trotz Rechtsprechung beibehalte, um ihre eine Verfassungsfeindlichkeit nachweisen zu können.
Auf die Frage, warum es auf das AfD-Gutachten kaum juristische Kritik an der Argumentation mit dem ethnischen Volksbegriff gegeben habe, sagte Gersdorf: „Tja, es ist schon verwunderlich, dass nicht mehr Staatsrechtler dazu Stellung nehmen.“
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