
Der Bundesrat hat eine Erklärung verabschiedet, die dazu beitragen soll, dass Matratzen besser recycelt werden können. Ein Punkt ist, dass die Hersteller gewisse Schadstoffe nicht mehr verwenden. Das lässt sich begrüßen, weil vielleicht weniger Schadstoffe vertrieben werden. Das kann man ablehnen, weil der Staat sich in die Produktion einmischt und einen Alltagsgegenstand künstlich verteuert. Doch so oder so handelt es sich bis zu diesem Punkt um eine einigermaßen umsetzbare Rahmengesetzgebung.
Doch das Problem der gegenwärtigen Politik besteht darin, dass sie an genau dem Punkt nicht aufhören kann. Das Gefühl, der Oberschlaue zu sein, der dem Dummchen von Bürger genau erklären muss, wie der zu leben hat, treibt Politiker dazu an, ein Vorgehen zu diktieren, dass die Dinge bis ins Privateste der Bürger regelt – in dem Fall in ihre Schlafzimmer und Betten hinein.
Die Hersteller sollen verantwortlich dafür sein, dass die Händler und Käufer die Matratze sauber entsorgen. Ein digitaler Pass soll deren Lebensweg dokumentieren. Das ist keine Glosse. Nicht mal eine ironische Zuspitzung. In der Pressemitteilung des Bundesrates heißt es wörtlich: „Damit eine Matratze nicht auf dem Müll lande, sondern als wertvoller Baustein zurückkehre, müsse sie zunächst sauber und trocken in der Recyclinganlage ankommen. Die Länder fordern daher eine erweiterte Herstellerverantwortung für Matratzen… Die Hersteller müssten dann das Recycling sicherstellen. Außerdem solle ein digitaler Produktpass für Matratzen eingeführt werden.“ Das ist ein ernst gemeinter Beschluss, auf den sich die Mehrheit der 16 Ministerpräsidenten geeinigt hat.
Dieser Beschluss ließe sich leicht ironisch zuspitzen. Etwa so: Wer künftig im Bett frühstücken will, muss dies vorm Amt für Hygiene und verzichtbaren Lebenskomfort beantragen. Wer eine Genehmigung erhält, muss den Schmiergrad seiner Nuss-Nougat-Creme dokumentieren. Um ein Aussterben der Menschheit im Klima-Armageddon zu verhindern, darf diese sich nicht mehr auf Matratzen fortpflanzen. Diskriminierungen im Sinne des Selbstbestimmungsgesetz verhindert der Staat, indem er für queeren Sex Ausnahmegenehmigungen erteilt. Allerdings muss eine siebenköpfige Kommission feststellen, dass es sich tatsächlich nicht um heteronormativen Cisgendersex handelt. Zuwiderhandlungen werden vom Matratzen-Horchdienst verfolgt.
Solche ironische Zuspitzung macht das Thema erträglicher. Verständlicher. Aber nicht absurder. Denn wer sich den Beschluss des Bundesrates – die Kammer von 16 Ministerpräsidenten und ihren Regierungen – genau ansieht, der kommt schnell zu der Erkenntnis, dass der Vorstoß auch ganz ohne Zuspitzung maximal absurd ist. Im Ergebnis müssen sich dann Bürokraten um die Erfassung und Kontrolle von rund 100 Millionen Matratzen in Deutschland kümmern. Genauso wie vorher schon um 40 Millionen Heizungen, tausende von Geschlechtswechseln, Mitgliedschaften in Cannabis-Clubs… In Deutschland kann eine solche Liste gar nicht komplett sein. Wer solche Beschlüsse verfasst, während er gleichzeitig den Abbau der Bürokratie verspricht, ist entweder ein bewusster Lügner. Oder er versteht den Zusammenhang seiner Taten und ihrer Folgen weniger, als es selbst ein dementer Hund noch zu tun vermag.
Vorerst ist die Erklärung des Bundestags nicht verpflichtend. Die Bundesregierung kann den Deutschen einen Gefallen tun und den Quatsch ausdrucken, lochen, abheften und vergessen. Sie könnte es. Der Vorstoß kommt aber aus Hessen. CDU und SPD regieren das Land. Also die Parteien, die auch in Berlin die Bundesregierung stellen. Es ist also kein Produkt von Außenseitern mit einem Zuviel an Tagesfreizeit. Es ist erdacht aus den Köpfen, die auch für die restliche Politik in Deutschland verantwortlich sind. Genau weil sie so denken, wuchert in Deutschland die Bürokratie, so wie sie wuchert und schnürt bald jedem, der sich selbst oder etwas anderes in dem Land noch bewegen will, die Beine komplett ab.