
Eine afghanische Familie kassiert in Hamburg fast 7.000 Euro Bürgergeld – obwohl das Familienoberhaupt in einem Supermarkt angestellt ist und kein Deutsch spricht, wie NIUS-Recherchen vor Ort zeigen. Besonders pikant: 5.100 Euro der Summe fließen an den städtischen Vermieter einer Asylunterkunft. In Hamburg zeigt sich die ganze Absurdität des derzeitigen Bürgergeldsystems.
Ende April stellt die afghanische Familie B. einen Antrag beim örtlichen Jobcenter in Hamburg. Beide Eltern und ihre fünf Kinder beanspruchen als Bedarfsgemeinschaft Bürgergeld. Am 3. Juli erhält Goleska B., die den Antrag im Namen ihres Mannes und der Kinder gestellt hat, schließlich eine positive Rückmeldung aus dem Amt. NIUS liegt der Bürgergeldbescheid vor, der zeigt, wie stark der Steuerzahler hier belastet wird.
Von Juni 2025 bis November 2025 plant das Jobcenter demnach 6.733,83 Euro pro Monat zu überweisen. Im Dezember 2025 erhöht sich die Summe leicht auf 6.752,73 Euro. Ab Januar 2026 will das Amt schließlich 6.814,83 Euro zahlen.
NIUS liegt der Bürgergeldbescheid der Familie B. vor.
Doch ein Blick in die sozialen Medien wirft Fragen auf. Einer der Söhne, der 18-jährige Musawer, posiert mit schnellen Sportautos, postet auf TikTok die Hashtags „rich“ oder „Dubai“ und arbeitet offenkundig nebenbei in einem Lager für Lebensmittel.
Musawer bei einer Tätigkeit im Lager.
Dazu muss man wissen: Die Familie B. ist ein großer afghanischer Clan, dem in Deutschland mehrere Dutzend Personen angehören. In Hamburg und Berlin führt ein Teil der Familie große Supermärkte für Lebensmittel aus dem Nahen Osten. Kassiert Musawer also Bürgergeld – und arbeitet nebenbei im Supermarkt seiner Verwandten?
Auch Vater Masoud inszeniert sich auf Facebook als Unternehmer, der erst vor wenigen Monaten auf einer Lebensmittelmesse in Istanbul zugegen war.
Vater Masoud posiert auf Facebook mit dem Koran.
NIUS begab sich nach Hamburg, um auf Spurensuche zu gehen. Der größte Supermarkt der Familie befindet sich in einem Gewerbegebiet in Hafennähe. In diesem Areal prägen vor allem ausländische Geschäfte das Straßenbild. Migranten aus dem Nahen Osten und aus Afrika stehen vor chaotisch sortierten Import-Export-Läden und riesigen Lebensmittelgeschäften. Deutsche fallen hier sofort auf.
Tatsächlich treffen wir am Dienstag im Lebensmittelhandel der Familie B. auf Masoud. Er steht etwas abwesend hinter der Kasse als eine Art Supervisor. Ist er hier also angestellt? Den Nachweis liefert ein Anruf beim Geschäft.
Am Dienstag arbeitet auch Masoud B. in dem Supermarkt in Hafennähe.
Ja, er arbeitet im Supermarkt, bestätigt eine Frau am Telefon. Ein persönliches Gespräch sei jedoch nicht möglich. Er lebe zwar seit längerer Zeit in Deutschland, spreche aber kein Deutsch. Damit kassiert die Familie B. fast 7.000 Euro Bürgergeld – und das, obwohl das Familienoberhaupt kein Bürger des Landes ist und kein Deutsch spricht.
Ob Masoud seine Tätigkeit bei den Behörden angegeben hat, ist unklar. Auf Nachfrage bei der Hamburger Agentur für Arbeit verweist man auf den Schutz von Personendaten: „Wir nehmen den Sozialdatenschutz sehr ernst. Die Wahrung von Sozialgeheimnissen umfasst die Verpflichtung, Daten unserer Kundinnen und Kunden nicht unbefugt zu nutzen oder zu veröffentlichen“, antwortet eine Sprecherin auf Nachfrage. Sie erklärt: „Unabhängig davon gehe ich Ihren Hinweisen selbstverständlich nach und setze mich – sofern es sich um unsere Kunden handelt – ggf. mit dem zuständigen Jobcenter-Standort in Verbindung.“
Grundsätzlich ist es durchaus möglich, Bürgergeld zu kassieren und nebenbei zu arbeiten. Bis 100 Euro ist dies anrechnungsfrei möglich. Darüberliegende Beträge werden prozentual mit einem bestimmten Schlüssel verrechnet. Es bleibt offen, welche Nebentätigkeiten die Familienmitglieder dem Jobcenter gemeldet haben. Doch es gibt noch weitere Merkwürdigkeiten, die das Bürgergeld-Papier aufweist.
Denn aufhorchen lässt auch die beeindruckende Summe, die das Jobcenter Monat für Monat für die Unterkunft der Familie überweist. Es handelt sich um immerhin 5.100 Euro. Empfänger ist laut dem Bürgergeldbescheid das Sozialunternehmen „fördern und wohnen“, das sich zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Hamburg befindet. Aufsichtsratschefin ist die SPD-Politikerin Funda Gür, die als Staatsrätin der Behörde für Gesundheit, Soziales und Integration tätig ist.
An die siebenköpfige Familie gehen direkt nur 1.633,83 Euro, ganze 5.100 Euro gehen an das städtische Sozialunternehmen.
Das Unternehmen verspricht, für „Wohnungslose und Geflüchtete“ da zu sein. „Für Menschen, die es auf dem Wohnungsmarkt besonders schwer haben, schaffen wir Wohnungen“, heißt es auf der Homepage. Seit 2015 stampfte das städtische Unternehmen in der Hansestadt Dutzende Asylunterkünfte aus dem Boden, für deren Unterhalt der Steuerzahler aufkommt. So wirkt das Unternehmen wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Bürokraten und Sozialarbeiter. Dank hohen Mietzahlungen wie im Falle der Familie B. können mittlerweile 2.200 Mitarbeiter mit einem Arbeitsplatz versorgt werden.
Familie B. lebt in einer solchen Asylunterkunft von „fördern und wohnen“, die 2016 eröffnet wurde und in einem Randbezirk im Südwesten der Hansestadt liegt. Um die Ecke zeigt sich die Natur von ihrer schönsten Seite. Feldwege laden zum Spazieren ein, in der Nähe grasen Kühe auf der Weide. Es ist ein geradezu idyllischer Ort, an dem sich auch zahlreiche Einfamilienhäuser befinden.
Direkt nebenan baute das Sozialunternehmen 25 sogenannte Modulhäuser, die Platz für über 600 Asylbewerber bieten. Ein Modulhaus ist aus mehreren Containern zusammengesetzt, die untereinander so verbunden sind, dass sich wohnungsähnliche Zuschnitte ergeben – mit Küche, Diele, Duschbad, Toilette und drei bis vier Zimmern. Auch ein knapp 1.000 Quadratmeter großer Spielplatz gehört zum Areal. Die Asylhäuser werden wiederum vom Deutschen Roten Kreuz verwaltet, das hier also ebenfalls mitverdient. Mehrere Sozialarbeiter haben vor Ort ihre Büros.
Ob tatsächlich alle sieben Mitglieder der Familie B. unter der angegebenen Adresse leben, ist unklar. Auf dem Klingelschild finden sich zumindest alle ihre Namen. Vor der Tür steht auch ein Fahrzeug, das laut einem Strafzettel in der Fensterscheibe Masoud B. gehört.
Das Flüchtlingsdorf am Rande Hamburgs
Wofür aber überweist das Jobcenter monatlich die gigantische Summe von 5.100 Euro an „fördern und wohnen“? Auf Nachfrage von NIUS will das Unternehmen nicht auf den konkreten Einzelfall der Familie B. eingehen. Eine Sprecherin des Unternehmens erklärt lediglich die Grundlage der Einquartierung in der Flüchtlingsunterkunft. „Pro Zimmer werden zwei Personen untergebracht. Bewohner:innen haben keine Mietverträge und bezahlen keine Mieten. F&W erhebt aber im Auftrag der Stadt pro Platz eine Gebühr für die Unterbringung.“
Dem Unternehmen ist es wichtig zu betonen, dass es sich nicht um eine Miete handele, sondern um „Gebühren“. Diese „geben den tatsächlichen Aufwand öffentlich-rechtlicher Unterbringung wieder“, heißt es weiter.
Jene Gebühren umfassen „zum Beispiel Organisation des Zusammenlebens, Orientierungsberatung und Ansprechbarkeit für die Nachbarschaft durch Sozialarbeiter:innen vor Ort im Personalschlüssel 1:80, haustechnischer Dienst im Schlüssel 1:160, spezifische Beratungsangebote zum Beispiel für Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung, Koordination von ehrenamtlichem Engagement und Angeboten freier Träger, Betrieb einer zentralen Aufnahme- und Vermittlungsstelle zwecks Steuerung der Vergabe von rund 45.000 Plätzen, Instandhaltung etc.“
Ist die Familie B. ein Einzelfall oder symptomatisch für ein System, das zunehmend außer Kontrolle gerät? Die Ausgaben für die Transferleistungen explodieren jedenfalls – und das schon seit Jahren. 2024 zahlten die deutschen Jobcenter bereits fast 47 Milliarden Euro aus. Über 22 Milliarden Euro gingen dabei an Ausländer – ein neuer Rekord.
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