
Der Unternehmer Lutz Goebel ist, salopp gesagt, Deutschlands Wächter für Bürokratieabbau. Seit 2022 ist er Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrates (NKR). Das unabhängige Beratergremium der Bundesregierung überprüft, welche Kosten neue Gesetze verursachen und wie eine digitale Umsetzung zu erreichen ist.
Im Handelsblatt spricht er über deutsche Bürokratie, über Elon Musk und über neue Gesetze. NIUS dokumentiert die wichtigsten Aussagen:
„Musk hat die Vollmacht, brachial vorzugehen. Am Ende wird man sehen, was er wirklich durchsetzen kann. Nach meiner Auffassung ist aber der deutsche Staat ein Sanierungsfall. Wir beobachten die USA also sehr aufmerksam. Eines ist klar: Der Staat muss kleiner werden. Diese Riesenministerien, die aus sich heraus immer größer werden (rund zwei Drittel der Mitarbeitenden in den Ministerien sind verbeamtet), sind infrage zu stellen. Zu viele Abteilungen, zu viele Dinge, die wir uns eigentlich nicht leisten können. In Großunternehmen kommt alle paar Jahre ein neuer CEO und geht mit eisernem Besen durch. Das hat es beim Staat schon ewig nicht mehr gegeben.“
Elon Musk gehört zur Gefolgschaft des kommenden US-Präsidenten Donald Trump.
„Die Kindergrundsicherung wäre ein Moloch geworden. Ob das wirklich irgendwas vereinfacht hätte, möchte ich infrage stellen. Und es hätte sehr viel mehr Personalbedarf gegeben. Jetzt ist Schluss damit. Aus Unternehmersicht ist es schon unglaublich, was sich Herr Minister Hubertus Heil an Regulierung überlegt, siehe Homeoffice-Pflicht oder Ausgestaltung der Zeiterfassung. Manchmal frage ich mich, ob im Arbeitsministerium schon angekommen ist, dass wir Facharbeitermangel haben. Dass man gar nicht alles regulieren muss, weil der Markt sich selber reguliert.“
„Bei kleinen und mittleren Unternehmen kostet die Bürokratie drei Prozent vom Umsatz, bei Großunternehmen ein Prozent, bei den hoch regulierten Branchen wie Banken und Versicherungen sind es sieben Prozent vom Umsatz. Das ist zu viel. Nehmen Sie die EU-Vorschriften. Die machen hierzulande mehr als 50 Prozent der Bürokratie aus. Gibt es bereits ein nationales Gesetz und eine europäische Vorgabe wird eingeführt, dann wird alles addiert. Deutschland müsste einfach sagen: Wenn europäische Regelungen kommen, dann fallen die deutschen ersatzlos weg.“
Die deutsche Bürokratie: Für Goebel ein Fall für sich.
„Ich habe den IT-Chef in meinem Unternehmen gefragt, was er von der neuen EU-Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit (NIS-2-Richtlinie) hält, mit der Unternehmen Cybersicherheitsunternehmen minimieren sollen. Seine Antwort: viel zu heavy, viel zu kompliziert für kleine und mittlere Unternehmen. Der absolute Wahnsinn, was da alles von uns abverlangt wird. Man muss doch die Leute fragen, die damit täglich zu tun haben, wie man den Schutz vor Cyberangriffen am besten organisiert. Wir haben in der IT-Abteilung drei Leute und der Chef macht nebenbei auch noch Controlling. Die können das nicht leisten.“
„Früher konnten wir Nachteile wie hohe Steuern und Bürokratie noch durch qualifiziertes Personal und überlegene Technologie ausgleichen. Doch mittlerweile haben wir Fachkräftemangel und bei der Innovation drohen uns Länder wie China den Rang abzulaufen, die auch noch 30 bis 40 Prozent billiger produzieren. Als Unternehmer finde ich es nicht so gut, wenn man seine Hausaufgaben nicht gemacht hat und dann an den Staat appelliert. Man muss schon selber sehen, wie man seinen Laden in Ordnung und wieder nach vorne bringt.“
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