
Viele Bürgergeld-Empfänger erscheinen gar nicht erst zu ihren vereinbarten Terminen im Jobcenter. Doch wie groß das Problem tatsächlich ist, kann niemand genau sagen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erhebt diese Zahlen nämlich nicht.
Auf NIUS-Anfrage erklärt die Behörde: „Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat keine Rechtsaufsicht über die Jobcenter, weshalb wir auch keine statistische Messgröße haben, um die von Ihnen gewünschten Daten auszuwerten. Einzelne Jobcenter veröffentlichen diese Daten, die Statistik der BA erhebt diese aber nicht.“
Damit bleibt völlig im Dunkeln, wie viele Termine bundesweit platzen. Ein seltenes Schlaglicht liefert der Leiter des Spandauer Jobcenters, Winfried Leitke. Im Interview mit dem rbb sagt er: „Die Ausfallquote liegt zwischen 30 und 50 Prozent.“ Und weiter: „Manche sagen, sie kriegen die Post nicht, andere lassen sich schnell krankschreiben. Da fragen wir uns dann: Sind sie wirklich krank oder nicht?“
In der SPD-Union-Regierungskoalition kommt es derweil zu einem Streit rund um den Sozialstaat. CSU-Chef Söder möchte strikt sanktionieren: „Wenn jemand die Angebote nicht annimmt, wenn er nicht einmal zum Beratungstermin kommt, dann muss dieses Geld halt einfach ausbleiben, ausgesetzt werden. Wer nicht arbeiten will, kann auch nicht vom Staat versorgt werden – das ist doch selbstverständlich.“
Währenddessen möchte Sozialministerin Bärbel Bas den Sozialstaat weiter ausbauen. Kanzler Friedrich Merz, der im Wahlkampf noch angekündigt hatte, er wolle das Bürgergeld „abschaffen“, nimmt dabei eine nicht ganz eindeutige Rolle ein. Beim Parteitag der CDU in Niedersachen polterte er mit Blick auf den gesamten Sozialstaat, dass sich Deutschland „dieses System, das wir heute so haben, einfach nicht mehr leisten“ könne und deshalb sparen müsse. Beim Koalitions-Ausschuss musste Merz dann verkünden: „Wir sind uns einig, dass wir den Sozialstaat erhalten wollen. Wir wollen ihn nicht schleifen, wir wollen ihn nicht abschaffen, wir wollen ihn nicht kürzen, sondern wir wollen ihn in seinen wichtigsten Funktionen erhalten und das heißt: Wir wollen ihn reformieren.“ Es solle eine Grundsicherung entstehen, wobei „fördern und fordern“ eine wichtige Rolle spielen solle – von Kürzungen war aber keine Rede mehr.
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