
Wenige Tage vor der Bundestagswahl hat die Bundesregierung die Einreise von Hunderten Afghanen nach Deutschland gestoppt. Zwei Charterflüge, die für diese und nächste Woche geplant waren, wurden nach Informationen der Welt am Sonntag unter Berufung auf Sicherheitskreise abgesagt. Die Flüge waren für Personen vorgesehen, die über deutsche Aufnahmeprogramme bereits ein Visum erhalten hatten.
Auf Anfrage der Zeitung erklärte das Auswärtige Amt, dass die ursprünglich geplanten Flüge aus „logistischen Gründen“ verschoben wurden. „Zunächst erfolgte Flugplanungen“ hätten angepasst werden müssen, hieß es. Diese Art von Flügen unterliege „einer gewissen Flexibilität“. In diplomatischen Kreisen wird diese Entscheidung laut Welt anders interpretiert. So wird unter anderem von einem „Wahlkampfmanöver“ gesprochen.
Mit dem im Oktober 2022 gestarteten „Bundesaufnahmeprogramm“ wollte die Bundesregierung unter der Leitung der Ministerien von Annalena Baerbock und Nancy Faeser 12.000 Afghanen im Jahr aufnehmen. Man sprach damals von Menschenrechtsaktivisten, Juristen und Homosexuellen, die durch die Taliban gefährdet seien.
Doch das Verfahren steht zunehmend in Kritik. Seit Anfang 2024 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, da es Hinweise auf die unrechtmäßige Einreise von Afghanen trotz unvollständiger oder gefälschter Papiere gibt (lesen Sie hier und hier mehr).
Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 sind über die Entwicklungsorganisation Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) insgesamt 35.500 Afghanen über Pakistan nach Deutschland eingereist. Vor ihrer Weiterreise durchlaufen sie dort eine Sicherheitsüberprüfung. Aktuell warten noch rund 3.000 Afghanen in Pakistan auf ihre Ausreise in die Bundesrepublik.
Ein vertraulicher Evaluierungsbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) aus dem Jahr 2024 hat die Missbrauchsgefahr der Afghanistanprogramme als „hoch“ eingestuft. Der Bericht warnte vor möglichen Sicherheitsrisiken durch Personen, die über die Programme nach Deutschland gelangen könnten. Die Dimensionen des Betrugs sind, wie nun bekannt geworden ist, riesig: In tausenden Fällen dürften de facto unzulässige Visa erteilt worden sein.
Im Auswärtigen Amt verschloss man vor der hohen Missbrauchsgefahr jedoch die Augen. Im Zweifel, schrieb Baerbock etwa selbst, solle man auf das Bundesinnenministerium „Druck ausüben“, wenn dieses „blockiert“ – also wegen Sicherheitsbedenken eine Einreise verzögert oder verhindert.
Laut Berichten von Business Insider sollte die Leiterin des Rechts- und Konsularreferats in der Botschaft Islamabad von ihren Aufgaben entbunden werden, die humanitäre Einreisen aus Afghanistan betreffen – angeblich, weil sie Bedenken gegen den vom Baerbock-Ministerium geforderten Kurs äußerte, Visa-Anträge schneller durchzuwinken (Apollo News berichtete).