Bundesregierung zeigt kein echtes Interesse an Zukunftstechnologien

vor etwa 6 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die Alternative für Deutschland, glaubt man dem Mainstream von Politik und Medien, sei ja rückwärtsgewandt. Doch offensichtlich widmet sich die größte Oppositionspartei im Bundestag Zukunftsthemen für den angeschlagenen Verkehrssektor, an denen die schwarz-rote Bundesregierung wenig Interesse zeigt.

Viele, viele Milliarden für Flüchtlinge? Kein Problem. Ein paar Milliarden für Zukunftstechnologie „Made in Germany“? Oh, da haben wir ein Problem. Zu der Erkenntnis kommt jetzt AfD-Verkehrsexperte Maximilian Kneller nach seinen Parlamentsanfragen an die Bundesregierung, die Tichys Einblick exklusiv vorliegen. Kneller, der auch im Verkehrsausschuss des Bundestages sitzt, wollte unter anderem wissen, ob der Bundesregierung überhaupt bekannt ist, dass eine Petition mit 61.192 Unterzeichnungen den Einsatz des Transrapid innerhalb Deutschlands fordert.

Die ursprünglich deutsche Magnetschwebebahn verbindet derzeit in China Schanghais Metropole mit ihrem hochmodernen Flughafen auf 30 Kilometer in nur sieben Minuten. Im Land der Transrapid-Erfinder und -Entwickler spielt die Hochtechnologie keine Rolle mehr. Denn der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Ulrich Lange (CSU) ließ nichtssagend antworten:

„Eine entsprechende Petition wurde seitens des Petenten über den Bürgerservice des Bundesministeriums für Verkehr angekündigt.“

Das Interesse an der eigenen Hochtechnologie im eigenen Land geht offensichtlich gegen Null. Das reichte AfD-Verkehrspolitiker Kneller jedoch noch nicht, deswegen erkundigte sich er sich auch noch nach der Hyperloop-Technologie. Klingt wie Science-Fiction, die allmählich Wirklichkeit wird.

Raketenbauer Elon Musk stellte bereits 2013 ein Konzept dafür vor. Ein Hyperloop ist ein Hochgeschwindigkeits-Verkehrssystem, bei dem Transportkapseln magnetisch durch eine Vakuumröhre gleiten – ähnlich dem Rohrpost-System. China ist nach den USA, Deutschland und Südkorea wohl das einzige Hochtechnologieland, das weiter an einer Teststrecke die neue Rohrpost mit Passagieren entwickelt.

Innerhalb von 20 Minuten von Hamburg nach Berlin mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1.000 Stundenkilometern mit einem Transrapid in der Röhre, daran tüfteln auch deutsche Wissenschaftler. Zumindest denkt der Hamburger Senat darüber nach. Aber wie Rot-Grün solche Technologieprojekte trotz Teststrecken schnell kaputt machen kann, wird etwas weiter unten mit dem Schicksal des deutschen Transrapid beschrieben.

Dennoch fragte der 31-jährige Politikwissenschaftler Kneller nach, welches Interesse eigentlich die schwarz-rote Bundesregierung am Hyperloop verfolgt: „Verfügt die Bundesregierung über konkrete Pläne, wo eine nationale Hyperloop-Referenzstrecke errichtet werden soll, und aus welchen Mitteln soll der Hyperloop finanziert werden?“

Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium Christian Hirte (CDU) ist ebenso ernüchternd wie unkonkret:

„Die Bundesregierung hat keine Entscheidung über eine konkrete Planung einer nationalen Hyperloop-Referenzstrecke getroffen.“

Ergo, im Grunde derzeit kein Interesse, obwohl das Projekt im Koalitionsvertrag steht.

Doch von den großspurigen Ankündigungen ist wie bei der versprochenen Strompreissenkung für Normalbürger wohl erneut nichts zu halten. Sonst hätte der Staatssekretär auf den Koalitionsvertrag verweisen können: „Wir starten eine Offensive für Luft- und Raumfahrt und bringen Spitzenforschung und Kommerzialisierung erfolgreich zusammen. Wir errichten eine Nationale Hyperloop Referenzstrecke.“

„Kriegstüchtigkeit“, wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die neue Hauptaufgabe des Landes beschreibt, ist offensichtlich wichtiger. Panzer, Granaten, Bomben, Raketen, Drohnen und Marschflugkörper statt friedlicher Hochtechnologie sollen Deutschlands Zukunft sichern. Wenn das kein Fortschritt ist, was dann?

Nach der Deutschen Einheit verfolgte Helmut Kohls Bundesregierung zumindest ein paar Hochtechnologieprojekte, wenn auch nicht mit letzter Konsequenz.

Die Planung für den Transrapid von Siemens, AEG, Daimler-Benz und Thyssen begann unter Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU). Auf 291 Kilometern sollte die hochmoderne Magnetschwebebahn Hamburg und Berlin von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof in nur 53 Minuten mit einer Spitzengeschwindigkeit von 430 Kilometern pro Stunde verbinden. Kurz, ein international viel beachtetes Hochtechnologieprojekt für das wiedervereinigte Deutschland. Denn der baureife Transrapid wäre zur Fußball-Weltmeisterschaft, dem deutschen Sommermärchen von 2006, laut Planung sogar betriebsbereit gewesen.

Doch Kanzler Gerhard Schröder und sein Verkehrsminister Franz Müntefering (beide SPD) beerdigten die baureife Transrapidstrecke Hamburg–Berlin ohne Skrupel schon ein Jahr nach der Regierungsübernahme von Rot-Grün 1998. Kein Geld. Dabei waren die Baukosten damals aus heutiger Sicht mit 4,5 Milliarden Euro ein Schnäppchen.

Stattdessen stellten die Bundesregierungen Jahre später lieber hunderte Milliarden Euro für unbegrenzte Asyleinwanderung bereit. Nur zur Erinnerung: Eine Million Flüchtlinge kosten die deutschen Steuer- und Beitragszahler rund 30 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Fakten verdankt die Öffentlichkeit einem Bekenntnis des früheren CSU-Entwicklungshilfeministers Gerd Müller 2017 im ZDF. Da kann sich jeder selbst ausrechnen, wie viele moderne Transrapidstrecken der Bund quer durch Deutschland hätte bauen können.

Moderne Verkehrstechnologie im Land der Ingenieure, darauf legen die Regierenden bis heute keinen großen Wert. Der jahrelang vermurkste Bau des Berliner „Vorzeige“-Flughafens BER, im Volksmund „Fluchhafen“ genannt, und der jämmerliche Zustand der deutschen Bahnstrecken sind beredte Beispiele für das verkehrstechnologische Desaster der Regierenden.

Aber auch die Fähigkeit, solche Projekte praktisch umzusetzen, schwindet in Deutschland wie das Licht in den Abendstunden. Angesichts maroder Straßen, Brücken und Schienen wären wir höchstwahrscheinlich nicht mehr in der Lage, die „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ in einer für viele noch erlebbaren Zeit zu verwirklichen.

Doch zurück in die Zukunft: Wie könnte der Bund denn einen Hyperloop von Hamburg nach Berlin verwirklichen, Herr Kneller?

Im Koalitionsvertrag habe die Bundesregierung zwar eine Referenzstrecke versprochen, erinnert der AfD-Verkehrsexperte. Von konkreten Investitionssummen sei allerdings keine Rede mehr. „Hyperloop klingt zwar hipp und modern, aber am Ende würde es wie beim Transrapid ablaufen.“ Erst finanziere der Bund eine Teststrecke, dann bläst er wegen der Kosten und der Realisierungszeit von Jahrzehnten das Hochtechnologieprojekt ab.

Kneller findet es besser, statt eine Referenzstrecke für den Hyperloop zu bauen, lieber schnell auf den bereits praktisch erprobten wie bewährten Transrapid zu setzen. „Die Pläne für die Strecke Hamburg–Berlin sind ja noch Vorhaben“, argumentiert Kneller im Gespräch mit Tichys Einblick.

Mehr noch: Der Bund könne auf generell zu sanierenden ICE-Schnellstrecken die Magnetbahn mit deutlich geringerem Planungsaufwand, weniger Flächenverbrauch und geringeren Natureingriffen bauen. Eine berührungsfreie Magnetbahntrasse habe auch den Vorteil von nur einem Drittel der Wartungskosten einer ICE-Strecke bei fast doppelt so hoher Geschwindigkeit, wirbt Kneller.

Länder wie Frankreich und Japan hätten zudem weniger Probleme mit ihrem Hochgeschwindigkeitsnetz, weil diese Bahnen sich auf eigenen Trassen bewegten, unabhängig vom Regional- und Güterverkehr. Nach Knellers Rechnung könnte der Bund aufgrund der Kosten des Transrapidbetriebs in Schanghai ein deutsches Magnetbahnnetz schon für circa 110 Milliarden Euro errichten.

Zu guter Letzt: Zugführer bräuchte die Magnetbahn dann auch nicht mehr, weil sie zentral ferngesteuert wird. Da könnten dann – nicht wie jetzt üblich – die Lokführer nicht mehr zu spät kommen und die Züge pünktlich abfahren.

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