
Im Bundestag ist jetzt klar: Die Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf ist gescheitert. Die Unionsfraktion will der umstrittenen Juristin die Zustimmung verweigern – im offenen Widerstand gegen die eigene Führung, die die Personalie auf Biegen und Brechen durchdrücken wollte. Jetzt wurde die Wahl von der Tagesordnung gestrichen.
Mit der Wahl ist auch die Führung von CDU und CSU krachend gescheitert – und zwar quer durch die Bank. Noch in der Nacht hatten Merz und Söder, die Fraktionsspitze und die Ministerpräsidenten der Union an die Fraktion appelliert, Brosius-Gersdorf zu wählen. Doch auch dieser Appell zerbricht am Widerstand der Abgeordneten, die sich nach den Vorgängen rund um das Sondervermögen oder die Stromsteuer nicht noch einmal so durch die Manege führen lassen wollen.
Der Bundeskanzler geht beschädigt aus der Affäre hervor – sein Bekenntnis vom Mittwoch, nicht nur zu Brosius-Gersdorf, sondern implizit zu ihren Positionen zu Abtreibungen und Menschenwürde, war ein Bruchpunkt in der Affäre rund um die umstrittene Richterin. Der Kanzler zeigte, dass er die Vorgänge und Vorwürfe gar nicht begriffen hatte.
Auch Jens Spahn, der sich als Fraktionschef bis zuletzt vehement für Brosius-Gersdorf eingesetzt hatte, geht massiv beschädigt aus der Affäre. Und mit ihm die gesamte Partei- und Fraktionsführung. Sie haben die mediale Berichterstattung zunächst arrogant beiseitegewischt, haben die Tragweite dieser Personalie und auch den Unmut in der Union nicht erkannt. Sie haben das politisch-mediale Echo vollkommen falsch eingeschätzt, genauso wie die letztendliche Stärke des Widerstand aus den eigenen Reihen und dem christlichen Vorfeld der Partei.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann tönte im Laufe der Woche noch in internen Gruppen herum, die ganze Affäre werde „aus bestimmten Ecken hochgejagt“. Er rief seine Leute zum Ruhighalten auf, denn „irgendwie“ müsse man die Wahl ja vertreten. Öffentlich trat er für die CSU-Landesgruppe mit Erklärungen auf, man würde ja einen konservativen Richter ans Verfassungsgericht schicken – eine Darstellung, die angesichts zwei linker Kandidatinnen und einem mittigen Konsens-Kandidaten die eigene Basis zusätzlich ärgerte. Man wolle sich nicht für dumm verkaufen lassen.
Hoffmann dürfte mit seiner manipulativen und durchschaubar dünnen Argumentation sogar seinen Teil dazu geleistet haben, den Unmut in der und um die Partei zum Überkochen zu bringen. Jens Spahn hatte zuletzt mit dem Gespenst einer drohenden Staatskrise versucht, die Fraktion noch auf Linie zu peitschen. Doch auch das zog als Argument nicht mehr.
Die Autorität des Kanzlers, der Partei- und Fraktionsführung ist am Ende dieses Vorgangs arg angekratzt. Sie steht als entrückt und abgehoben und vor allem als unfähig da, die eigenen Forderungen noch in ihrer Fraktion durchzusetzen. Die Unionsführung hätte viel früher reagieren müssen – sie hat es verschlafen, weil sie die Situation nicht erkannt hat. Der Kanzler, der keinen Überblick hatte, wird von seiner eigenen Fraktion untergraben, die Fraktionsführung selbst ist düpiert und steht im Kern einfach als Politikunfähig da. Für Merz, Spahn und Co. alles andere als ein Ruhmesblatt.