
Es ist eine verstörende Mitteilung, die Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) am Montag verbreiten ließ. Sie beginnt mit den Worten:
„Im Vorfeld der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 sensibilisieren das Innenministerium und die hessischen Sicherheitsbehörden für zunehmende Versuche der Instrumentalisierung, Einflussnahme und Desinformation durch ausländische und inländische Akteure.“
Doch auch der weitere Verlauf der Mitteilung hat es in sich. Denn der Minister warnt: „Auf den Plattformen der sozialen Medien sammeln sich zum Teil ungefiltert Meinungen“. Weiter: „Desinformationen sind gerade bei Wahlen ein großes Problem. Ausländische Akteure versuchen, Wahlen und demokratische Prozesse zu beeinflussen.“ So sei es für den Minister besorgniserregend, dass Elon Musk sich „auf politische Inhalte in Europa“ einmische.
Roman Poseck (CDU)
Poseck hat dafür direkt eine Lösung parat. In der Mitteilung heißt es:
„Das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen hat eine spezielle temporäre Organisationsstruktur geschaffen, um noch schneller Informationen auszuwerten und Maßnahmen zu koordinieren. Eine eigens eingerichtete Sonderauswertungseinheit bündelt Erkenntnisse aus den Bereichen Spionageabwehr und Extremismus im Zusammenhang mit der Bundestagswahl und bereitet diese für zuständige Stellen in Hessen, aber auch für den bundesweiten Austausch auf.“
Bedeutet: Hessen bekommt eine Sondereinheit beim Verfassungsschutz – im Einsatz gegen ungefilterte Meinungen und Desinformation!
Das Zitat „Auf den Plattformen der sozialen Medien sammeln sich zum Teil ungefiltert Meinungen“ überrascht NIUS-Reporter Alexander Kissler eher weniger: „Wo kämen wir denn da hin, wenn man ungefilterte Meinungen einfach Meinung sein ließe?“ Meinung müssen offenbar, so sagt es der Innenminister, gefiltert werden oder sogar ein Fall für den Verfassungsschutz sein.
Dass man jetzt sogar eine Sondereinheit beim Verfassungsschutz gründe, bezeichnet Kissler als „besorgniserregend“. Die ganze Diskussion bei NIUS Live können Sie hier ab etwa 01:53:00 verfolgen.
Betreff: Sensibilisierung vor Desinformation im Kontext der Bundestagswahl 2025
Wiesbaden. Im Vorfeld der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 sensibilisieren das Innenministerium und die hessischen Sicherheitsbehörden für zunehmende Versuche derInstrumentalisierung, Einflussnahme und Desinformation durch ausländische und inländische Akteure. Aufgrund dieser Gefahren haben die hessischen Sicherheitsbehörden ihre Maßnahmenintensiviert, um einen noch engeren Austausch sicherzustellen. Innenminister Roman Poseck erklärte dazu heute in Wiesbaden:
„In der digitalen Welt verbreiten sich Falschnachrichten insbesondere über die sozialen Medien schneller als je zuvor. Auf den Plattformen der sozialen Medien sammeln sich zum Teil ungefiltert Meinungen, darunter auch gezielte Falschnachrichten. Hinzu kommt der Einsatz Künstlicher Intelligenz, der Deepfakes und realitätsnahe Manipulationen ermöglicht, so dass die Grenze zwischen Wahrheit und Fälschung immer mehr verschwimmt. Desinformationen sind gerade bei Wahlen ein großes Problem. Ausländische Akteure versuchen, Wahlen und demokratische Prozesse zu beeinflussen und damit das Vertrauen in Institutionen und demokratische Kräfte zu untergraben. Das kann das politische Klima vergiften und die Spaltung innerhalb der Gesellschaft verstärken. Desinformation kann Einfluss auf die Wahlentscheidung haben. Die Auswirkungen von Desinformation können daher für unsere Demokratie verheerend sein.
Auch im Kontext kritischer Infrastrukturen kann Desinformation erhebliche Sicherheitsrisiken mit sich bringen; besonders, wenn Falschinformationen gezielt genutzt werden, um die Bevölkerung zu verunsichern und Panik auszulösen oder Systeme zu destabilisieren. Russland nutzt gerade vor dem Hintergrund seines Angriffskriegs auf die Ukraine gezielt Desinformationen, um die internationaleÖffentlichkeit zu beeinflussen und die Glaubwürdigkeit der ukrainischen und anderen Regierungen zu schwächen. Ähnlich gravierend war die Flut an falschen Behauptungen rund um die US-Präsidentschaftswahlen, die das Vertrauen in demokratische Prozesse nachhaltig erschütterte. Besorgniserregend ist aktuell die Einmischung des Chefs der Plattform X, Elon Musk, auf politische Inhalte in Europa. Auch die Ankündigung von Meta-Chef Mark Zuckerberg, die Faktenprüfung bei Facebook und Instagram einzustellen, ist kein gutes Signal.
Daher ist es wichtig, dass Bürger über die Gefahren von Falschinformationen allgemein und besonders bei Wahlen sensibilisiert werden. Denn Falschnachrichten und Manipulationen gefährdenden gesellschaftlichen Zusammenhalt. Klar ist, dass der Kampf gegen Desinformationen gemeinsame Anstrengungen von der EU, Bund, Ländern, den Plattformbetreibern sozialer Medien und der Gesellschaft braucht. Auf nationaler und europäischer Ebene müssen wir noch energischer darauf achten, dass geltendes Recht wie der Digital Services Act (DSA), das Digitale-Dienste-Gesetz und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz greifen.
Die technischen Möglichkeiten zur Erkennung von Desinformationskampagnen müssen ausgeschöpft werden. Künstlicher Intelligenz wird dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle zukommen. Desinformation stellt eine kontinuierliche Herausforderung dar, da der Informationsraum von großer Komplexität geprägt ist und die sozialen Medien einen erheblichen Multiplikatoren-Hebel besitzen; gleichzeitig muss der Schutz der freien Meinungsäußerung in unserer offenen und pluralistischen Gesellschaft gewahrt bleiben. Plattformbetreiber sind jedoch in der Pflicht, ihrerseits technische Maßnahmen ergreifen, um Desinformationen wirksam entgegenzutreten. Sollte dies nicht gelingen, werden weitergehende Regulierungen unumgänglich sein. Wir brauchen Gegenmaßnahmen, um Desinformation für jedermann erkennbar zu machen und erfolgreich zu widerlegen. Hessen hat vor der Bundestagswahl gehandelt und gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden und Cybersicherheitsexperten Maßnahmen gegen Desinformation aufgestellt.“