CDU-Historiker Andreas Rödder denkt über Parteiaustritt nach

vor 29 Tagen

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„Ich habe ein Problem.“ Und: „Darüber denke ich gerade nach.“ Mit diesen Worten deutet der Historiker Andreas Rödder, ehemaliger Vorsitzender der CDU-Grundwertekommission, im Interview mit der Welt an, dass er über einen möglichen Austritt aus der Partei nachdenkt. Besonders die Strategie der CDU im Umgang mit der AfD hält er für falsch.

Rödder sieht in der geänderten Regelung zur Eröffnung des Bundestages eine bewusste Entscheidung gegen die AfD: „Es ist natürlich eine Lex AfD, mit der man verhindern will, dass diese Partei in den Genuss der Rechte kommt, die auch ihr qua Gewohnheitsrecht zustehen.“ Dies sei zwar legal, aber „aus meiner Sicht nicht legitim“. Er kritisiert: „Mich stört die moralische Selbstgewissheit, mit der wir hier in Deutschland über Verletzungen der Demokratie in Ungarn, in Polen oder den USA reden und den Balken im eigenen Auge nicht sehen.“

Zum Umgang mit der AfD im Parlament sagt er: „Zur Demokratie gehört eine gewisse Resilienz und eben auch, dass man im Bundestag einen Alterspräsidenten der AfD akzeptiert.“ Über Alexander Gauland urteilt er: „Die AfD hätte mit Alexander Gauland einen Alterspräsidenten gestellt, den man in vielem kritisieren kann, der aber als Persönlichkeit respektabel gewesen wäre.“

Er spricht sich für eine differenzierte Betrachtung innerhalb der AfD aus: „Es gibt dort Radikale und Gemäßigte.“ Auch die Besetzung von Ausschüssen sollte „vom jeweiligen Kandidaten abhängig“ gemacht werden. „Personen, bei denen es ernsthafte und begründete Zweifel gibt, ob sie auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen, sollten solche Ämter nicht übertragen werden, wem Verfassungstreue unterstellt werden kann, dagegen schon.“

Zum Kooperationsverbot der CDU mit der AfD sagt er: „Ich halte die Unvereinbarkeitsbeschlüsse generell für ein Problem.“ Er kritisiert die aktuelle strategische Lage der Union: „Die Brandmauer ist der eiserne Käfig, in dem das links-grüne politische Lager die Union in babylonische Gefangenschaft genommen hat.“ Er fordert: „Wir sollten rote Linien ziehen, die Themen markieren und die unverhandelbar sind, statt Brandmauern zu bauen, die Menschen ausschließen – und zwar nach allen Seiten.“

Auch zur schlechten Performance der Union in Koalitionsverhandlungen äußert sich Rödder: „Die SPD weiß sehr genau, was sie will. Jedenfalls sind CDU und CSU in ihren programmatischen Positionen und inhaltlichen Forderungen nicht so offensiv wie die SPD.“ Die Union müsse hier stärker auftreten: „Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen muss Friedrich Merz so viel Politikwechsel durchsetzen wie möglich. Die Menschen müssen sehen, dass sich etwas ändert.“

Rödder sieht eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit der CDU: „Die Union ist mit dem Versprechen des Politikwechsels in die Wahl gegangen. Wenn sie diesen Anspruch nicht einlöst, erzeugt sie nicht nur ein Glaubwürdigkeitsproblem der Partei. Sie verstärkt auch die Vertrauenskrise der Bevölkerung in politische Institutionen, die nicht liefern. Das kann zu einer Systemkrise führen.“ Ob Rödder Konsequenzen aus seiner Kritik zieht, lässt er offen: „Ich habe ein Problem. Darüber denke ich gerade nach.“

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