Schulden, Wirtschaftsturbo und AfD-Verbot: Der Koalitionsausschuss will für gute Stimmung in Deutschland sorgen

vor 17 Tagen

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Geld, das war ihr erstes Wort. Analog zum bekannten Karnevalsschlager ist es nicht der „Schnaps“, sondern das Geld, was die Merz-Koalition jetzt mit Hochdruck flüssig machen will. Mit einem sogenannten „Errichtungsgesetz“ wollen CDU/CSU und SPD möglichst noch vor der Sommerpause an die Schulden-Milliarden herankommen, die noch im März mit Hilfe der Mehrheiten des alten Bundestags als „Sondervermögen“ ins Grundgesetz geschrieben wurden.

Der erste Koalitionsausschuss der neuen Bundesregierung präsentierte nach rund drei Stunden Sitzung im Kanzleramt vor allem Projekte, die mit Geld zu lösen sind. Der Rest erschöpfte sich in couragiert vorgetragenen Sätzen mit „wollen“ und „werden“, deren Zeithorizont weitgehend unklar blieb. Kanzler Friedrich Merz (CDU) nannte ausdrücklich die geplanten Sonderabschreibungen für Investionen der Wirtschaft, die noch bis zur Sommerpause umgesetzt werden und rückwirkend vom 1. Januar 2025 an gelten sollen. Ein gesetzgeberisch relativ einfach umzusetzendes Projekt, bei dem auch die Senkung der Körperschaftssteuer ab dem Jahr 2028 geleich mit festgeschrieben werden soll. Auch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie, der reduzierte Steuersatz auf Agrardiesel und die Erhöhung der Pendlerpauschale sollen bis zum 1. Januar 2026 in Kraft treten und gehören damit zum konkreten Teil Absprachen.

Die Koalition will Millionen anzapfen.

Alles andere liest sich wie eine Kurzfassung des Koalitionsvertrages ohne harte Frist und Fälligkeit. Erkennbar war bei dem Auftritt der vier Parteichefs lediglich das Bemühen, Tatkraft, Entschlossenheit und gute Stimmung zu zeigen. „Es geht jetzt Schlag auf Schlag“, sagte Merz. „Wir wollen eine Koalition der Möglichmacher sein“, so SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil. CSU-Chef Markus Söder sprach von einem „starken Start“, der „Lust auf mehr“ mache und „Hoffnung auf Erfolg“. Hübsche Sätze, die genauso wolkig blieben wie die Himmel über Berlin und dem Kanzleramt.

Drei Kommissionen sollen sich künftig mit der Reform des Wahlrechts, mit der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen und der Reform der Schuldenbremse beschäftigen. Ausgang und Ergebnisse ungewiss. Auch Ankündigungen für ein Rentenpaket, in dem das Rentenniveau bei 48 Prozent vom letzten Nettogehalt, die „Aktivrente“ (2000 Euro steuerfrei für Rentner, die freiwillig weiterarbeiten) und die Mütterrente festgeschrieben werden sollen, sind genauso langfristige und nicht ganz unumstrittene Projekte wie die Abschaffung des Lieferkettengesetzes und die Vereinfachung der Vergaberichtlinie mit dem Ziel eines drastischen Bürokratieabbaus.

Der Bundeskanzler inszeniert sich als außenpolitischer Chefverhandler.

In einem Tariftreuegesetz wollen die Parteien festhalten, dass öffentliche Aufträge des Bundes ausschließlich an Firmen vergeben werden, die Tariflohn zahlen. Auch die Senkung der Stromsteuer und die Reduzierung der Netzentgelte haben aus dem Koalitionsvertrag ins Sofortprogramm gefunden, gehören aber zu den Dingen, deren Ausgestaltung im Detail mühselig, zum Teil zwischen den Parteien strittig und deshalb vermutlich eher langwierig ist. Dinge, die man wohl aufschreiben und mit bestem Willen angehen kann. Die Erfahrung lehrt, dass der Weg zur Umsetzung solcher Projekte sowohl langwierig als auch nicht selten enttäuschend verläuft, weil die Resultate viel weniger liefern als man sich erhofft hat, wenn etwa der Kreis der Begünstigten viel kleiner ist als erwartet oder Finanzierungsstufen die spürbaren Effekte schrumpfen lassen. Realisten bleiben skeptisch und warten die Ergebnisse ab. Im Ankündigen ist Politik ohnehin meisterlich.

Interessant war allerdings noch etwas anderes: Die AfD sei ein „politischer Wettbewerber“, sagte Friedrich Merz. Ein Verbot werde geprüft. Zuständig sei das Bundesinnenministerium. Da keine Nachfragen mehr möglich waren, blieb offen, ob der Kanzler tatsächlich die Prüfung eines Parteiverbots meinte oder lediglich die Prüfung des Verfassungsschutzgutachtens, wonach die AfD „gesichert rechtsextremistisch“ sei. Von einem offiziellen Verbotsverfahren war jedenfalls bislang nicht die Rede.

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