
Die Ampel-Parteien wechseln etwa ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl schon jetzt in den Wahlkampfmodus und reißen die Brücken zu ihren Koalitionspartnern ab. Am Dienstag lud Finanzminister Lindner zum Wirtschaftsgipfel mit dem Titel „Wirtschaftspolitisches Spitzengespräch“ ein. Wenige Stunden später veranstaltete Scholz einen ähnlichen Gipfel mit dem Titel „Pakt für Industriearbeitsplätze“. Die Spitze des Gipfelankündigens möchte jedoch die FDP für sich verteidigen: Am Dienstag steht bereits das nächste „Wirtschaftspolitisches Spitzengespräch“ an.
Auf einen Wirtschaftsgipfel folgt der nächste! Die Ampel tut mal wieder so, als würde sie an Lösungen arbeiten, analysierte mein Kollege Julius Böhm.
Jeder kocht sein eigenes Süppchen: Lindner wird Gipfel-König, Habeck will den Deutschland-Fonds, Scholz macht den Chefsache-Wirtschaftsgipfel.
Mehr als 300 Milliarden Euro an Investitionskapital sind in den vergangen drei Jahren ins Ausland abgewandert. Das zweite Jahr in Folge hält sich Deutschland in der Rezession. Das Zugpferd der heimischen Industrie, die Automobilbranche, legte kürzlich Horrorzahlen vor. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger entlarvt die Gipfel-Orgie der Ampel und bezeichnet die Veranstaltungen nur noch als „Politischen Schaulauf“. Er verlangte von der Ampel-Regierung, stattdessen endlich ins Handeln zu kommen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht seinen Genossen Scholz von Lindner unnötig attackiert. Wirtschaftspolitik müsse in dieser Lage Chefsache sein, sagte er in der ZDF-Sendung Markus Lanz. Weil wollte nicht spekulieren, ob die Ampel-Koalition bis zur regulären Bundestagswahl im September 2025 durchhält. Er äußerte bloß den Wunsch, dass die Bundesregierung wieder voll handlungsfähig werde, öffentliche Schauspiele beende und sich konzentriert den Problemen zuwende.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mit Christian Lindner.
Von dem grünen Koalitionspartner erntet Lindner Gespött. Die Noch-Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, schreibt beim Kurznachrichtendienst X: „Ich war gestern beim Friseur. Oder wie man in Teilen der Ampel sagt: ich habe einen Friseur-Gipfel veranstaltet.“
Auch Omid Nouripour zeigt wenig Verständnis für die Kommunikationsweise des Gipfel-Marathons. „So ziemlich alle diese Verbände waren in den letzten 3 Jahren regelmäßig meine Gäste in der Parteizentrale von Die Grünen zum guten Austausch. Gut, wenn Koalitionspartner auch mit ihnen reden. Hätte ich es jedes mal ‚Gipfel‘ genannt, wäre wohl ein Parallel-Himalaya entstanden“, schreibt der Grünen-Politiker auf X.