Die Linke profitiert von einer Mauer – wieder mal

vor 7 Monaten

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Bildquelle: Tichys Einblick

Erinnert sich noch jemand an Janine Wissler und Martin Schirdewan? Unter ihnen fuhren die Linken in hohem Tempo vor die Wand. Von Wissler drang nach außen, dass sie die Partei in einem kalten und stalinistischen Stil führe. Das klingt schon verheerend, wurde von ihrem Außenauftritt aber noch getoppt. Wissler wirkte stets wie Ahnungslosigkeit, gekleidet in Patzigkeit. Als Ines Schwerdtner und Jan van Aken sie ablösten, konnte es eigentlich nur noch besser werden.

Tatsächlich scheint der Wechsel zu fruchten. In den Umfragen liegen die Linken bei sechs bis neun Prozent. Der Einzug in den 21. Bundestag wirkt sicher, während der Linken-Ableger „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) an der Fünf-Prozent-Hürde kratzt – und es eben noch nicht sicher ist, ob die noch junge Partei ins Parlament einzieht. Wie kommt es?

Der schnelle Aufstieg und Fall Wagenknechts machte wiederum Platz für die Linke. Zu Beginn des Wahlkampfs musste die Partei noch damit leben, dass Wähler sich nicht trauten, für sie zu stimmen – aus Angst, die Linke werde an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Doch seit Wochen sehen alle Umfragen sie deutlich über fünf Prozent. Ob das tatsächlich stimmt oder Wahlhilfe der Institute für die Linken ist, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Wenn es ein Trick der Institute ist, muss man sagen: Es funktioniert. Wer sich dieser Tage mit Wählern aus dem linken Spektrum unterhält, merkt: Der Zug weg von BSW, den Grünen und der SPD hin zur Linken ist real. Derzeit gilt die Linke in diesem Spektrum wieder als chic.

Das hängt zum einen mit Ines Schwerdtner und Jan van Aken zusammen. Sie haben es geschafft, der Linken ein neues Image zu verpassen. Vor allem durch geschickte Arbeit in den sozialen Netzwerken wie Tiktok, in denen sich verstärkt junge Wähler bewegen. Dort hat bisher vor allem die AfD gepunktet. Die Linke ist auf Tiktok nun das Gegenstück dazu. Die Links-Rechts-Polarisierung hilft aktuell beiden Parteien.

Doch die „Brandmauer“ vereinfacht Dinge. Sie lenkt von der Debatte um inhaltliche Lösungen ab und befördert stattdessen ein Wir-gegen-die-Denken. Dieses Denken spaltet die Gesellschaft und ist von seinem Wesen her totalitär. Simple Beiträge, keine inhaltlichen Lösungen und totalitäres Denken? Mit anderen Worten: Mit der „Brandmauer“ haben SPD und Grüne das Spiel ins Stadion der Linken verlagert. Mit Mauern kennt sich die Nachfolgepartei der SED aus. Um an der Macht zu bleiben, setzte die schließlich auch auf eine Mauer.

Das Auftreten von Jan van Aken mag anständige Menschen, Menschen mit Niveau verschrecken. Etwa wenn er Sahra Wagenknecht öffentlich anfährt, sie solle nun den Mund halten. Doch es ist die alte Möllemann-Rechnung: Komm in einen Raum mit zehn Personen, verärgere neun und begeistere einen – dann hast du zehn Prozent. Die Linke punktet derzeit vor allem bei jungen Wählern. Wer zehn Jahre auf einer Berliner Problemschule verbracht hat und danach immer noch nichts schreiben kann außer seinen Namenszug an Hauswände, der wird in Jan van Aken keinen Pöbler, sondern „einen von uns“ erkennen. Für bis zu zehn Prozent – Bildungsmisere sei Dank – reicht das. Die Grünen haben vorgemacht, wie man mit kaum mehr als zehn Prozent und einem Instrument wie der „Brandmauer“ FDP, CSU und CDU bis zu deren Selbstaufgabe vor sich hertreiben kann.

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