
Herbe Niederlage vor Gericht für das ZDF: Das Landgericht Hamburg hat dem Sender die Behauptung untersagt, dass am 25. November 2023 bei einem privaten Treffen in Potsdam über die millionenfache Deportation von Millionen Menschen, „auch solcher mit deutscher Staatsbürgerschaft“, gesprochen wurde.
Geklagt hatte der Jurist Ulrich Vosgerau, der an dem Treffen im Landhaus Adlon teilgenommen hatte. Dem ZDF und seinen Vertretern drohen nun bei einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft von höchstens 2 Jahren. Zudem muss das ZDF die Kosten des Verfahrens tragen.
Hintergrund ist ein Bericht des Portals Correctiv, der später auch von anderen Medien aufgegriffen wurde. In der „heute journal“-Sendung wurde am 10. Januar wie folgt auf die Correctiv-Recherche Bezug genommen: „Geplant sei zum einen die Deportation von Millionen Menschen, auch solcher mit deutscher Staatsbürgerschaft.“ An anderer Stelle hieß es: „An dem Abend geht es die Idee, Millionen Menschen abzuschieben, auch solche mit deutschem Pass.“ Diese Behauptungen dürfen nun nicht mehr wiederholt werden.
Die „heute journal“-Redaktion des ZDF sei „den nebulösen Wertungen des Correctiv-Berichts auf den Leim“ gegangen, kommentierte Anwalt Carsten Brennecke, der Ulrich Vosgerau vor Gericht vertrat. „Damit ist das ZDF nicht allein, denn anderen Presseorganisationen unterliefen im Überbietungswettbewerb um die angsteinflößendste Schlagzeile zum Potsdam-Treffen ähnlich grobe journalistische Fehler, die von diversen Gerichten verboten wurden. Ein erheblicher Schaden entstand dabei den Teilnehmern des Treffens, die sich zwar gegen die falschen Darstellungen und Berichterstattungen in zahlreichen Verfahren erfolgreich vor Gericht wehrten, aber bis heute um ihren Ruf kämpfen.“
Vosgerau stehe der „ersichtliche Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner zu“, urteilte das Landgericht nun am 30. Oktober. Die Berichterstattung verletze den Antragsteller in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Denn der Antragsteller sei in der angegriffenen Berichterstattung erkennbar.
Brennecke hatte vor Gericht zudem bemängelt, dass das ZDF seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sei und die Teilnehmer des Treffens um eine Stellungnahme gebeten habe. Das ZDF begründete dies vor Gericht mit der mangelnden Zeit. „Im Rahmen der tagesaktuellen Nachrichtenberichterstattung, in der den Medien eigene Nachrecherchen aus Zeitgründen in aller Regel nicht möglich sind, muss es zur Vermeidung der rechtlichen Betroffenheit ausreichen, dass die Medien auf eine Namensnennung der beteiligten Personen und auf andere identifizierende Angaben im Beitrag selbst verzichten“, argumentierte das ZDF. „Andernfalls wäre eine seriöse, die Quellen offenlegende, aktuelle Berichterstattung über Rechercheergebnisse Dritter praktisch nicht möglich.“
Carsten Brennecke vertrat Ulrich Vosgerau vor Gericht.
Das wollte das Gericht so nicht anerkennen: Dieser Einwand verfange nicht, „da die Berichterstattung viele weitere Monate im Internet vorgehalten worden ist“. Anwalt Brennecke meint: „Damit gesteht das ZDF zu, dass es bei der tagesaktuellen Berichterstattung Meldungen Dritter ungeprüft und ungefiltert weiterverbreitet, was nicht gerade ein Aushängeschild für die Qualität der Berichterstattung ist.“ Das sei bereits ein journalistisches Versagen, „aber auch nachträglich kam das ZDF seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nicht nach“: So habe das ZDF über zehn Monate lang die aktuellen Entwicklungen rund um das Potsdam-Treffen ignoriert. „Obwohl Dr. Vosgerau seit Monaten identische Falschdarstellungen gerichtlich verbieten ließ, verbreitete das ZDF seinen falschen Bericht online weiter.“ Das wurde nun auch in der Verbotsbegründung des Landgerichts angeführt.
Gegen die Entscheidung kann innerhalb von sechs Monaten Beschwerde eingelegt werden. Das ZDF hat den Beitrag vom 10. Januar jedoch mittlerweile gelöscht: „Der gewünschte Inhalt ist leider nicht vorhanden. (Fehlercode: 404)“, heißt es in der Mediathek.
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