Das Evangelium sei politisch – Widerlegung der Irrlehre von Bischof Bätzing

vor 2 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

In einem Osterinterview hat die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner etwas beschrieben, was viele Christen aus den Kirchen hinaustreibt: „Wenn Kirche zu tagespolitischen Themen Stellungnahmen abgibt wie eine NGO, dann wird sie leider austauschbar. Ich meine: Klar kann sich Kirche auch zu Tempo 130 äußern, aber dafür zahle ich jetzt nicht unbedingt Kirchensteuer.“

Dazu meldet sich sogleich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Bätzing, zu Wort. Doch statt Klöckner dankbar für ihre Analyse zu sein und statt für die Katholische Kirche nach all ihren Verirrungen eine siebenjährige Zeit der Buße und Neuorientierung auszurufen, sagt er in der Tagesschau Folgendes ins Mikrofon: „Das Evangelium ist politisch. Wir können gar nicht anders, als uns in die Debatte einzumischen.“ Das ist starker Tobak. Bätzing sagt damit tatsächlich, dass jeder Pfarrer, jeder Christ und die Kirche politisch sein MÜSSEN, denn ansonsten lebten sie gegen das Evangelium.

Das ist eine Irrlehre, mit der Bätzing sowohl den christlichen Glauben als auch seine Kirche grundlegend überflüssig macht.

Erstens: Das Evangelium ist als frohe Botschaft zerstört, wenn man es auf das brutale Machtfeld der Politik zerrt.

Eine politische Partei möchte eigene Vorstellungen vom guten gesellschaftlichen Zusammenleben mit Macht gegen andere gesellschaftliche Vorstellungen verwirklichen. Politik ist ein Geschäft der Macht und schreckt mit der Macht nicht vor legitimen Zwangsmaßnahmen zurück. „Macht bedeutet jede Chance, in sozialen Beziehungen den eigenen Willen auch gegen Widerstände durchzusetzen“ (Max Weber).

Evangelium dagegen heißt „frohe Botschaft“ und ist nur dann frohe Botschaft, wenn sie mit Freiwilligkeit und Freiheit einhergeht. Evangelium und Politik sind zwei völlig unterschiedliche Paradigmen. Sobald das Evangelium in den Bereich der Politik, der Macht, der Gewalt und des Zwangs hineingezogen wird, hört es auf, Frohe Botschaft zu sein.

Zweitens: Jesus von Nazareth hat nicht politisch gewirkt.

Israel ist zur Zeit Jesu von den Römern und seinen römischen Statthaltern regiert worden. Wäre Jesu Botschaft politisch gewesen, hätte er den Römern politische Predigten halten müssen. Davon ist uns nichts berichtet. Jesus sagt sogar ausdrücklich: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Matthäus 10,5). Wenn Jesus Römern begegnet ist, dann ging das nicht von seiner Seite aus. Der römische Hauptmann von Kapernaum kam zu ihm mit der Bitte um Heilung seines Dieners.

Doch auch diese Gelegenheit hat Jesus nicht politisch machtvoll genutzt, nach dem Motto: „Ich heile für dich nur, wenn du in Kapernaum den Mindestlohn erhöhst oder wenn du deine Waffen niederlegst oder wenn du dich bei Pilatus für mehr Investitionen in die Infrastruktur einsetzt.“ Wenn das Evangelium politisch wäre, dann hätte ausgerechnet Jesus Christus seine Berufung vollkommen verfehlt.

Drittens: Die Römer haben Jesus nicht als politisch eingestuft.

Für die römische Besatzungsmacht war Israel ein ständiger Unruheherd. Die Gruppe der jüdischen „Zeloten“ pflegte den Guerilla-Kampf gegen die Römer und wollte sich gewaltsam von Rom trennen. Die Römer waren ständig in Alarmbereitschaft bei allen größeren Ansammlungen und Bewegungen. Jede noch so kleine politische Bestrebung wurde mit dem Verdacht der Auflehnung gegen Rom sofort im Keim erstickt.

Jesus jedoch ließ man mit seinen großen Zuhörermassen gewähren. Man lässt ihn sogar ungestört am Palmsonntag unter dem Jubel der Menschen nach Jerusalem einziehen. „Der tut nichts!“ Diese Einstellung der Römer wurde vollends deutlich bei Jesu Verhör vor Pilatus. Die jüdische Elite schwärzt Jesus an. Doch Pilatus merkt schnell, dass es sich bei Jesus lediglich um einen – in seinen Augen – philosophisch-religiösen Schwurbler handelt, der von Wahrheit und anderen verspinnerten Sachen redet (vgl. Johannes 18,33-38). Weil er nichts Politisches an Jesus entdeckt, will Pilatus ihn freilassen. Nur um sich bei der Bevölkerung Pluspunkte zu sammeln, macht er sich schuldig, indem er zwar demonstrativ seine Hände in Unschuld wäscht, aber dann den Unschuldigen kreuzigen lässt (Matthäus 27,24).

Viertens: „Das Evangelium wirbelt bei seinem Ritt durch die Welt politischen Staub auf“.

Christoph Blumhardt, ein Pfarrer im württembergischen Landtag für die SPD (1900–1906), soll gesagt haben, dass das Evangelium nicht politisch sei, aber dass es politischen Staub aufwirbele. Das finde ich eine hilfreiche Unterscheidung. Doch wie ist das mit aufgewirbeltem Staub? Der weht sehr unterschiedlich und ist nur schwer zu greifen. In allen Parteien des Bundestags gibt es Christen, die sich unterschiedlich auf den politischen Staub des Evangeliums berufen. Auch in den Kirchen selber gibt es die unterschiedlichsten politischen Einstellungen mit unterschiedlichsten christlichen Begründungen; oft sogar konträr.

Wie will sich eine Kirche bei dieser Meinungsvielfalt ihrer Mitglieder klar und eindeutig politisch äußern können? Setzt die Amtskirche ihre politische Mehrheitsmeinung mit Macht durch und stößt die Minderheit vor den Kopf, so wie es die Kirchen im Augenblick zugunsten einer rot-grünen Agenda tun? Kann man machen. Dann sollte man sich nur nicht wundern, wenn die Minderheitschristen sich von dieser einseitigen Politkirche abwenden. Damit zerbröselt die Kirche nicht mehr nur an ihren Rändern, sondern auch in ihrem Kern.

In der Verkündigung des Evangeliums geht es nicht um die Beurteilung politischer Ermessensentscheidungen, sondern um die Einladung zum Vertrauen auf den dreieinigen Gott. Es ist fatal, wenn der oberste Katholik in Deutschland mit seiner unausgegorenen These vom politischen Evangelium nicht nur den christlichen Glauben verfehlt, sondern auch seine eigene Kirche zerstört. Offenbar sind ihm die evangelischen Kirchen an dieser Stelle leuchtende Vorbilder.

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