Das ist die Diversity-Rede von Verteidigungsminister Boris Pistorius, die das BMVg geheim halten wollte

vor 3 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Während Trump in den USA alle Mitarbeiter von Diversity-Abteilungen nach Hause schickt, rüstet die deutsche Bundeswehr bei der Diversität auf. Auf der Diversity-Konferenz der Bundeswehr sprach sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für mehr Diversität aus und forderte, dass „alle Geschlechter“ angesprochen werden müssten.

Die Veranstaltung fand am 28. Oktober des vergangenen Jahres anlässlich des Inkrafttretens der Diversity-Strategie der Bundeswehr statt. Pistorius bekannte in seiner Rede: „Ich kann Ihnen sagen: Ich habe sie schon getroffen, die bunte Truppe, von der wir als Ziel reden.“ Vielfalt und Diversität müssten als „Top-Down-Projekt“ in die Bundeswehr eingebracht werden.

Die Diversity-Strategie der Bundeswehr.

Gleichzeitig wisse er, dass Begriffe wie Diversity „bei einigen auch negativ besetzt sind. Regelrechte Trigger-Worte, die aus Prinzip abgelehnt werden. Entweder weil man vermutet, selbst benachteiligt zu werden oder weil man dahinter nicht mehr erwartet als eine Ansammlung von Plattitüden und theoretischen Konzepten – vorgestellt von älteren Herren. Einem Personenkreis, dem auch ich angehöre, wie sich unschwer erkennen lässt.“

Der kalkulierte Haushaltsmittelbedarf für die Veranstaltung belief sich laut dem Ministerium auf insgesamt rund 84.000 Euro, unter anderem für Tagungsräumlichkeiten, Technik, Unterbringungen und Dienstleistungen. Neben Pistorius hielten auch der Pressesprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, sowie zwei Mitarbeiterinnen des Ministeriums Reden auf der Konferenz. Bei zwei Podiumsdiskussionen wurde über personelle Vielfalt und die Diversitätsstrategie gesprochen.

NIUS erhielt dank einer Anfrage im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes Einblick in die Rede. Denn das Ministerium wollte nicht beantworten, wer außer dem Minister auf der Konferenz sprach und zu welchen Themen die Personen sprachen. Ein Sprecher teilte lediglich mit: „Die heute stattfindende Diversity-Konferenz ist eine interne Veranstaltung mit ca. 150 Spitzenführungskräften aus der Bundeswehr, Expertinnen und Experten aus Politik, Gesellschaft sowie Interessenverbänden und Interessenvertretungen. Ziel ist es, die Bundeswehr diversitäts- und diskriminierungssensibel weiterzuentwickeln und sich im geschützten internen Raum offen auszutauschen. Der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, ist anwesend und eröffnete die Diversity-Konferenz mit einer Keynote. Ich bitte jedoch um Verständnis, dass weitergehende Programminformationen nicht öffentlich sind.“

Bereits im Juli 2023 ließ Pistorius die Pride Flag vor seinem Ministerium hissen.

In seiner Rede betonte Pistorius, wie wichtig eine diverse Truppe sei. NIUS dokumentiert die wichtigsten Passagen:

„Wir behandeln hier gewiss keine Nischenthemen.

Vielfalt und Diversität sind dort aufgehängt, wo sie, nicht zuletzt mit dem neuen Strategiepapier, als wichtiges Top-Down-Projekt in der Bundeswehr hingehören. Wir haben hier große Ziele und wir müssen in vielen Schritten darauf hinwirken. Wir müssen die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, die wir in manchen Bereichen immer noch haben, schließen.

Es mag Stimmen geben, die sagen: Schlimm genug, dass wir überhaupt einen solchen Ansatz, also von oben nach unten, wählen müssen. Die diesen Ansatz als Beleg dafür sehen, dass in der Truppe immer noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Das ist aber bei weitem nicht das ganze Bild.

Bei jeder Gelegenheit, die sich mir bietet, suche ich das Gespräch mit den Menschen in unserer Bundeswehr. Bei Truppenbesuchen, auf Reisen in die Einsatzgebiete oder in Gesprächen am Rande von Veranstaltungen. Ich kann Ihnen sagen: Ich habe sie schon getroffen, die bunte Truppe, von der wir als Ziel reden. Auf den Schiffen bei schwerer See, in Luftfahrzeugen in der Nähe einer Grenzregion. Auf den Übungsplätzen unserer Republik oder in den multinationalen Stäben unserer Einsatzkontingente.“

Pistorius sprach 2023 auch vor Vertretern von Queer BW, der Interessenvertretung queerer Bundeswehr-Mitglieder.

Pistorius erklärte in seiner Rede auch die Kernideen der neuen Diversity-Strategie:

„In sieben Leitsätzen gibt die neue Strategie Ziele für den Dienstalltag vor. Der Gleichheitsgrundsatz, die Religionsfreiheit, das Leistungsprinzip und die Kameradschaftspflicht prägen dabei weiterhin das Selbstverständnis unserer Truppe. Vier strategische Handlungsfelder setzen jetzt den Rahmen für die Arbeit in den nachgeordneten Bereichen. Sie definieren die konkreten Baustellen und werden heute Thema der einzelnen Workshops sein:

• Diversitätsbewusste Organisations- und Führungskultur stärken,• Vielfalt durch Personalmanagement gezielt fördern,• Chancengerechtigkeit verwirklichen und• Faire und respektvolle Arbeitsbedingungen aktiv gestalten.“

Pistorius hob zudem darauf ab, dass es für die Einsatzbereitschaft wichtig sei, „alle Geschlechter“ zu adressieren. Zu diesem Zweck sollen auch die Vorgesetzten innerhalb der Bundeswehr für das Thema Vielfalt sensibilisiert werden:

„Eine gerechte und an die individuellen Bedürfnisse angepasste Verwendungsplanung unserer Frauen und Männer ist für die Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft besonders wichtig. Das Ansprechen und Adressieren aller Geschlechter, das Mitnehmen jeder und jedes Einzelnen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Bedürfnisse spielt genauso eine Rolle wie die materielle Einsatzbereitschaft.

Ich bringe es mal anders auf den Punkt: Vielfalt stärkt auch unsere Kampfkraft. Ein vielfältiges Team ist ein stärkeres Team. Unterschiedliche Perspektiven führen zu kreativeren Lösungen. Und gerade in Zeiten wie diesen müssen wir flexibel auf Herausforderungen reagieren können. Deshalb habe ich auch kein Verständnis für die Stimmen, die das Thema angesichts des Ukraine-Krieges im Hintergrund halten wollen.

Die Diversitätsstrategie für unseren Geschäftsbereich ist jetzt der nächste wichtige Schritt. Ich möchte dieses Dokument und seinen sperrigen Titel mal auf eine griffige Formel bringen: Die Werte, für die wir in der Bundeswehr kämpfen, die wir verteidigen wollen, die müssen wir auch als Organisation leben. Wir sind daher alle gefragt, als Führungskräfte, Vorgesetzte und Vorbilder, wenn es darum geht, Chancengerechtigkeit zu fördern, Vielfalt zu stärken und Diskriminierung zu verhindern.“

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