
Wie geht man mit einem landesweiten Stromausfall um, der wohl auf eine überstürzt ausgebaute, instabile Erneuerbaren-Infrastruktur zurückgeht? Man fragt nicht zu bohrend nach den Ursachen, beschwichtigt die eigene Bevölkerung und stellt die gesellschaftlichen Sonnenseiten eines Blackouts in den Vordergrund. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zeigt, wie es geht, ganz vorneweg der Deutschlandfunk.
Lange wurde von den Verfechtern der Energiewende geleugnet, dass die Warnungen vor einem „Blackout“ ernst zu nehmen seien, vielmehr wurde Kritikern Schwarzmalerei unterstellt. Jetzt ist er passiert, auf der Iberischen Halbinsel: Am 28. April 2025 kam es in Spanien und Portugal zu einem der größten Stromausfälle in Europa seit Jahren. Rund 50 Millionen Menschen waren betroffen, teils über zehn Stunden lang von Strom, Telekommunikation und Internet abgeschnitten. 35.000 Menschen waren in liegengebliebenen Zügen eingeschlossen, hunderte blieben in Aufzügen stecken, vielerorts fiel das Wasser aus.
Barcelona – eine Metropole im Dunkeln.
Bald schon deutete alles auf die Photovoltaik hin, deren massive Einspeisung in das System zur Mittagszeit zu einer enormen Instabilität des Netzes, einen „totalen Zusammenbruch“ mit zwei aufeinanderfolgenden Abschaltungen von Erzeugungsanlagen im Südwesten des Landes führte. Die Solarenergie war schuld? Da wollte man es in den Hauptstrommedien nicht so genau wissen. Stattdessen wurde über die Folgen für die Bevölkerung berichtet, wobei in Sachen Beschwichtigung der Deutschlandfunk den Vogel abschoss: Von Spanien und Portugal lernen heißt Gelassenheit und Pragmatismus lernen, meinte Franka Welz in ihrem Kommentar.
Den Stromausfall als Prüfung (!) hätten Portugiesen und Spanier „mit Bravour bestanden“:„Das Verhalten der Menschen: beispielhaft. Weder kam es zu Plünderungen in Geschäften und Supermärkten, obwohl einige nicht mal ihre Türen schließen konnten, Stichwort elektrische Rollläden. Noch galt plötzlich auf den Straßen das Recht des Stärkeren. Im Gegenteil: Als die Aufzüge stillstanden, halfen Jüngere den Älteren beim Treppensteigen, und die teilten wiederum ihre batteriebetriebenen Transistorradios. Externe Batterien wurden geteilt, im Gegenzug gab es mobile Daten.“
Der Stromausfall hat also die Menschen einander näher gebracht, nicht nur die in den stundenlang steckengeblieben Fahrstühlen. Das erinnert an Robert Habecks Kinderbuch „Kleine Helden, große Abenteuer“, erschienen im Mai 2021, in dem er mit seiner Frau Andrea Paluch in der Geschichte „Als es still und dunkel wurde“ die grüne Idylle der ganz nahen Zukunft für Kinder ab fünf Jahren beschrieb:
„Emily erfährt aus erster Hand, wie aufregend ein nächtlicher Stromausfall sein kann“ (Klappentext). „Es ist wohl wirklich so, dass die Dunkelheit Vertrauen zueinander gibt.“ Im Familienkreis genießt man das Beisammensein bei schwarzer Mattscheibe und warmem Kerzenschein. Und am Schluss heißt es deswegen auch: „Eigentlich schade, dass es wieder Strom gibt.“
Doch zurück zu Franka Welz‘ Kommentar: An den ruhig gebliebenen Menschen solle sich die Politik, die „nicht aus ihrer zänkischen Haut“ könne (offenbar hatte jemand die Segnungen der Energiewende infrage gestellt), „ein Beispiel nehmen“.
„Realismus ist der erste Schritt zur Resilienz. Innerhalb von Sekunden war am Montag selbstverständlich Geglaubtes nicht mehr verfügbar: Kommunikation, Zahlungsmittel, Licht, grundlegende Dinge des täglichen Bedarfs. Die Generationen unserer Eltern und Großeltern hielten immer einen Notvorrat vor, ohne dabei Prepper zu sein.“
Prepper sind offenbar nur solche Zeitgenossen, die erst Survival-Zeug horten, wenn Politik und Medien sie dazu auffordern.„Hier kommt wieder die Politik ins Spiel. Aber auch die Intendantinnen und Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder die Telekommunikationsunternehmen. Ihr aller Job ist Weitsicht. Ja, die Instandhaltung von Mittelwellensendern – möget Ihr in Frieden ruhen –, analoger UKW- oder Telefonnetze kostet Geld. Verlässliche Kommunikation im Krisenfall, die sich notfalls mit einem Drahtkleiderbügel empfangen lässt, ist hingegen unbezahlbar. Was nützt der beste digitale Notruf, wenn digital wirklich gar nichts mehr geht. Sich breit aufstellen zu wollen, ist nicht rückwärtsgewandt. Es ist keine Instrumentalisierung von Angst für politische Zwecke, den Menschen ein realistisches Bild der Welt zu zeichnen, in der sie leben. Aufgeklärte Gesellschaften leben von Ehrlichkeit und Realismus. Das Beispiel des Mega-Stromausfalls zeigt, wie sehr es im Zweifelsfall auf einige Grundprinzipien ankommt: Gelassenheit, Solidarität und Weitsicht bzw. Vorsorge.“
Das ZDF rät zum Anlegen von Vorräten.
Was vorher als Panikmache verdammt wurde, gehört nun also zu einem „realistischen Bild“. DLF-Frau Franka Welz möchte die Vorbereitung auf einen Katastrophenfall nicht mit Preppertum verwechselt wissen, ihre Kollegen bei DLF Nova scheuen hingegen nicht vor dem eigentlich für Verschwörungstheoretiker und Spinnern reservierten Begriff zurück, sondern raten im Plauderton dazu, sich für den Fall der Fälle – wie vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfohlen – mit haltbaren Lebensmittel für ein paar Tage, Campingkocher mit Gaskartusche, Trinkwasser, Powerbanks, Bargeld, Medikamenten und Batterie- oder Kurbelradio einzudecken. Dann kann so ein Blackout auch – wie in der 2022 vom BR ausgestrahlten österreichischen Serie „Alles finster“ – eine lustige Sache sein.
Wenn es denn überhaupt dazu kommt. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk setzt man auf die beruhigenden Statements von Klaus Müller, dem grünen Chef der Bundesnetzagentur. Ob so etwas auch in Deutschland möglich sei, ist die meistgestellte Frage (die man nach Fukushima lieber vermied, um den überstürzten Atomausstieg nicht infragezustellen), und Klaus Müller sagt das, was man hören will: „Dass sich etwas Ähnliches hier in Deutschland ereignen könnte, hält der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, aber für nahezu ausgeschlossen. „Das ist sehr unwahrscheinlich“, sagt Müller in der ARD-Tagesschau. Das deutsche Stromnetz sei redundant ausgelegt. „Konkret bedeutet das, dass eine Leitung immer ausfallen kann und eine andere Leitung einspringen würde.“ Es gebe mehrere Sicherungssysteme im Stromnetz, und für den Fall der Fälle gebe es sogenannte Schwarzstartkraftwerke, die das Stromnetz auch ohne externe Energieversorgung wieder aufbauen könnten. „Das heißt, Deutschland ist gut vorbereitet“, behauptete Müller.
Klaus Müller versichert, dass ein Stromausfall in Deutschland „sehr unwahrscheinlich“ ist.
Für den Schwarzstart werden konventionelle Kraftwerke wie Gasturbinen, Kohlekraftwerke (den größten Teil hat Spanien stillgelegt) oder Pumpspeicherkraftwerke benötigt. Im Spiegel war zu lesen: „Bei der Wiederherstellung der Stromversorgung haben erneuerbare Energien eine wichtige Rolle gespielt“, obwohl Solaranlagen nicht schwarzstartfähig sind. Aber beim Hamburger Nachrichtenmagazin glaubt man ja auch die Frequenz für „die Geschwindigkeit, mit der Strom durch das Netz fließt“ (!). Diese solle „möglichst in der Bandbreite von 49,9 bis 50,1 Hertz bleiben“, was sie nicht nur sollte, sondern sogar muss.
Heißt: Der Spiegel feiert die „Erneuerbaren“ als Retter, obwohl sie für den Stromausfall ursächlich waren. Offenbar hat die hohe Abhängigkeit Spaniens von erneuerbaren Energien, insbesondere Solarenergie (zum Zeitpunkt des Ausfalls deckte Photovoltaik etwa 70 Prozent des Strombedarfs) die Anfälligkeit des Netzes für Spannungsschwankungen erhöht haben. Experten hatten gewarnt, dass ein hoher Anteil an Wechselrichter-gestützter Stromerzeugung – wie bei Solar- und Windanlagen – die Netzstabilität verringern kann, weil diese Systeme weniger zur Frequenzstabilität beitragen als konventionelle Kraftwerke.
Der „Spiegel“ behauptet, was schlicht nicht stimmt.
Wasser- oder Wärmekraftwerke können die Netzfrequenz stabilisieren, Wind- und Solaranlagen nicht. Dass der mit 60 Prozent zu hohe Anteil „Erneuerbare“ und zu wenige Kraftwerke mit rotierenden Generatoren den Blackout hervorgerufen haben, wurde im ZDF zwar eingeräumt, sind für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber im Großen und Ganzen kein Thema. Für die Spanier jetzt schon: Der Blackout, der Spanien 4,5 Milliarden Euro kostete, hat dazu geführt, dass man dort jetzt wieder über den bereits vor Jahren beschlossenen und weit fortgeschrittenen Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft heftig diskutiert.
Der beschwichtigende Ton, den Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller anschlug, hat etwaige Ängste der Deutschen vor einem Blackout wohl ausgeräumt. Welt meldete eben, 69 Prozent der Deutschen halten laut einer aktuellen Umfrage die Stromversorgung im Land für sicher, nur 8,5 Prozent nicht.
Also, es wird schon alles gutgehen! Und wenn nicht, ist der Klimawandel schuld. In einem Interview im ZDF-Magazin „WISO“ vermutete Dirk Witthaut vom Forschungszentrum Jülich nach dem Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel, „dahinter könnte ein Extremwetterereignis stehen“ – die übliche Erklärung für jede von Naturkräften ausgelöste Katastrophe von Tsunamis über Waldbrände und Hurrikans bis hin zu Überschwemmungen.
„Schöne Familienmomente“ – also keine Angst vorm Blackout!
Nicht fehlen durfte in der öffentlich-rechtlichen Verarbeitung der für die Befürworter der Energiewende schlechten Nachrichten aus Spanien auch die Befürchtung, das Desaster könne den „Rechten“ in die Hände spielen, schließlich forderte die AfD „Schluss mit ideologischer Energiepolitik!“ und Parteichefin Alice Weidel bezeichnete den Blackout als „Warnschuss“.
Dabei werden die Experten bei ARD, ZDF und Deutschlandfunk nicht müde zu betonen, dass so etwas bei uns höchstwahrscheinlich nicht passieren kann. Wir seien aufgrund unserer Lage mitten in Europa Teil eines sehr stabilen europäischen Stromnetzes, nicht vergleichbar mit der Iberischen Halbinsel, da könnte jederzeit ein Nachbarland aushelfen. Wir sollten aber auch „lernen aus dem, was in Spanien passierte“, hieß es in einer „Aktuellen Stunde“ (WDR). Fragt sich nur, ob man das Richtige daraus lernt.
Was der ÖRR-Konsument hingegen aus dem Blackout lernen soll, ist klar: dass die „Erneuerbaren“ die Lösung und nicht das Problem sind, dass so etwas bei uns nahezu unmöglich ist, wir uns aber trotzdem darauf vorbereiten sollen, ohne deswegen gleich Prepper zu sein, dass zu viele Fragen „rechts“ sind und selbst ein totaler Stromausfall sehr angenehm sein kann, weil der Mensch dem Nächsten hilft. Jedenfalls in den ersten 24 Stunden. Gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen!
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