Das Wasserstoff-Auto steht vor dem Aus: Gescheiterte Hoffnung der Automobilindustrie

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Bildquelle: Apollo News

Die Adaption von Wasserstoff-Autos auf deutschen Straßen bleibt aus. Es fehlt an einer flächendeckenden Tankstelleninfrastruktur – und auch Wasserstoff selbst steht in Deutschland bislang nicht in ausreichender Menge zur Verfügung, um eine stabile Versorgung sicherzustellen. Zusätzlich schrecken die hohen Anschaffungskosten für wasserstoffbetriebene Autos viele potenzielle Käufer ab.

Dabei klang das Konzept des Wasserstoff-Autos lange vielversprechend: Das Tanken dauert nur wenige Minuten, die Reichweite ist auch für längere Fahrten bestens geeignet. Klare Pluspunkte gegenüber dem E-Auto. Aus diesem Grund wollte die Industrie ursprünglich stark auf den alternativen Energieträger setzen. Schon 2011 verkündete der damalige Mercedes-Chef Dieter Zetsche sogar den Beginn des „Jahrhunderts des Wasserstoffs“. Doch diese Vision hat sich bis heute nicht erfüllt.

In den vergangenen Jahren sind fast 200 Millionen Euro an Fördergeldern geflossen – unter anderem aus dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) – um Tankstelleninfrastruktur und Fahrzeugflotten für Wasserstoff aufzubauen. „Aber das große Rennen ist gelaufen“, sagt ein früherer Branchenmanager im Gespräch mit dem Handelsblatt. Deutschlandweit machen derzeit zahlreiche Wasserstofftankstellen dicht. Allein von Januar bis Ende Juli dieses Jahres haben 22 Standorte dauerhaft geschlossen. Von ursprünglich fast 100 sind aktuell nur noch 69 Stationen in Betrieb.

Auch Energieversorger haben die Zeichen der Zeit erkannt und ziehen sich zurück. Ende April gab der österreichische Energiekonzern OMV bekannt, als einziger Betreiber im Land sämtliche Wasserstofftankstellen stillzulegen. Obwohl frühzeitig investiert wurde, blieb die erhoffte Nachfrage deutlich hinter den Erwartungen zurück, so die Begründung des Unternehmens. Bereits im Vorjahr hatte sich Dänemarks einziger Anbieter aus dem Geschäft zurückgezogen. In Großbritannien stampfte der Ölkonzern Shell schon 2022 sämtliche H2-Tankstellen ein. Das gescheiterte Modell der Wasserstoffmobilität zeigt sich inzwischen in ganz Europa.

Der Grund für den Rückbau der Infrastruktur ist denkbar einfach: ohne Kundschaft kein Profit. Medienberichten zufolge bräuchte es pro Wasserstofftankstelle zwischen 200 und 300 Autos täglich, damit sich der Betrieb lohnt. In der Praxis sieht es jedoch ganz anders aus: Beschäftigte an deutschen Wasserstoffstationen berichten von zwei bis drei Fahrzeugen am Tag, selbst bei großen Anlagen seien es oft nicht mehr als zehn. Manchmal bleibt die Zapfsäule sogar komplett ungenutzt.

Ein weiteres Problem, das die flächendeckende Adaption verhindert, ist neben der schrumpfenden Tankstelleninfrastruktur vor allem der hohe Preis für die Anschaffung eines Wasserstoff-Autos. Während Elektroautos heute schon für 25.000 bis 30.000 Euro erhältlich sind, liegt der Preis für ein Wasserstoffauto häufig zwischen 60.000 und 70.000 Euro oder sogar darüber.

Von den knapp 49 Millionen Pkw in Deutschland fahren heute 3,5 Prozent mit Batterie. Im Vergleich dazu liegt der Anteil der Wasserstoff-Autos bei gerade einmal 0,003 Prozent. So sind laut Kraftfahrt-Bundesamt derzeit lediglich 1.802 H2-betriebene Pkw auf deutschen Straßen unterwegs. In den vergangenen zwei Jahren ist die Zahl der Neuzulassungen immer weiter gesunken – und das weltweit. 2024 ging der globale Absatz um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, meldet das Marktforschungsunternehmen SNE.

Hinzu kommt, dass auch die Kosten für das Tanken in den letzten Jahren gestiegen sind. Während ein Kilogramm Wasserstoff in Deutschland vor zehn Jahren noch rund zehn Euro kostete, liegt der Preis heute zwischen 15 und 19 Euro. Mit einem Kilogramm schafft man je nach Fahrweise zwischen 80 und 100 Kilometer.

Ein weiteres Problem, das die Wasserstoffmobilität ausbremst, ist die generell schwache Versorgungslage im Land. Es gibt bislang keine Infrastruktur in Form spezieller Pipelines, die für den Transport von Wasserstoff notwendig sind. Zwar wurde das geplante Wasserstoff-Kernnetz mit einer Leitungslänge von fast 10.000 Kilometern durch Berlin genehmigt, doch bis dieses Netz vollständig funktionsfähig ist, könnten theoretisch Jahrzehnte vergehen.

Auch die Produktionskapazitäten selbst lassen zu wünschen übrig. Wasserstoff wird in Deutschland nur in sehr geringem Umfang hergestellt. Für den größten Teil ist Deutschland auf Importe angewiesen. Ein Plan der letzten Bundesregierung sieht vor, in den nächsten Jahren rund 50 bis 70 Prozent des Wasserstoffbedarfs durch Importe zu decken. Feste Importpartner gibt es bislang jedoch nicht. Die Ampelregierung hat zwar den Bau des Pipeline-Systems angestoßen, es jedoch versäumt, Länder zu gewinnen, die Deutschland zuverlässig mit Wasserstoff beliefern können.

Deutschland steckt in der Zwickmühle: Wasserstoff wird dringend benötigt, doch die Aussichten sind gedämpft. Das Brennstoffzellen-Auto steht vor dem Aus und auch andere grüne Wasserstoffinitiativen drohen zu scheitern: Das Klimaprojekt, das vorsah, die deutsche Stahlproduktion auf Wasserstoffbasis umzustellen, scheint ebenfalls keine Zukunft zu haben. Erst kürzlich hat Stahlgigant ArcelorMittal seine Pläne für „grünen Stahl“ in Deutschland aufgegeben.

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