Waren die lauten Demo-Geräusche Absicht oder ein Fehler? Die wichtigsten Fragen zum ARD-Sommerinterview mit AfD-Chefin Weidel

vor 1 Tag

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Bildquelle: NiUS

Warum hat die ARD das „Sommerinterview“ mit AfD-Chefin Alice Weidel nicht mit einem sauberen Interview-Ton gesendet und wie kann es sein, dass die Polizei die Aktion in unmittelbarer Nähe zum Kanzleramt nicht aufgelöst hat? NIUS ist den wichtigsten Fragen rund um das „Sommerinterview“ der ARD mit AfD-Chefin Alice Weidel nachgegangen.

NIUS fragte beim ARD Hauptstadtstudio nach, warum das Interview mit Hintergrundgeräuschen gesendet wurde. Für gewöhnlich wird bei derartigen Gesprächen zusätzlich zum Ton der Richt-Mikrofone, die in der Lage sind, die Stimmen der beiden Gesprächspartner gezielt aufzuzeichnen, auch Hintergrundgeräusche, die sogenannte „Atmo“ mit aufgenommen, um das Interview nicht zu „steril“ wirken zu lassen. Diese Tonspur kann man allerdings komplett weglassen, wenn die Hintergrundgeräusche sehr laut sind, sodass diese dann über die Richt-Mikrofone nur noch dezent zu hören sind. Da das Interview nicht live gesendet wurde, hätte man die Tonspur ganz einfach weglassen können.

Das ARD-Hauptstadtstudio antwortete auf die NIUS-Anfrage trotz mehrstündiger Antwort-Frist nicht. NIUS fragte zwei erfahrene Kamera-Profis, die regelmäßig bei Dokumentationen und Interviews für uns arbeiten. Die Antwort des einen: „Der Atmo-Ton war definitiv noch offen“. Auch der andere Kameramann ist überzeugt: „Die Hintergrundgeräusche sind zeitweise lauter als die Stimme von Weidel. Es wurde definitiv die Atmo-Spur mitverwendet.“

„Ich habe jetzt ein Echo auf dem Ohr, jetzt geht gar nichts mehr“, sagte Weidel während des Interviews.

Auch hielt Weidel in einem Moment des Interviews inne, da sie auf dem Ohrstöpsel ein lautes Echo vernahm. Der Journalist Bastian Barucker schrieb auf X, er habe einen Toningenieur, der seit vielen Jahren beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeite, um eine Einschätzung zur Tonpanne gebeten. Der Mann habe geantwortet: „Ich persönlich glaube bei diesem Interview nicht mehr an Zufälle. Spätestens ab dem Moment, ab dem Frau Weidel sagt, dass sie sich mit Echo auf ihrem inEar hört, ist das für mich eher eine bewusste Falle.“ Es ist absolut unüblich, einem Gesprächsgast seine eigene Stimme auf seinen inEar-Monitor zu geben (normalerweise nur dem Interviewpartner, um seine Fragen besser zu verstehen). Das heißt im Fachjargon „N-1“ (Nutzsignal ohne Eigenanteil).

Dass Frau Weidel sich dann noch selbst mit Echo höre, sei noch unwahrscheinlicher, denn sie habe nur zwei bis drei Meter vom Anstecker des Moderators gesessen. „Die inEar-Wege werden immer vorher vom Tonpersonal getestet, besonders bei hochstehenden Politikern. Da bei solchen Interviews nur erfahrene Toningenieure und Techniker ausgewählt werden, kann das meines Erachtens nur Absicht sein.“

Laut Polizei nahmen etwa 40 Personen an der Stör-Aktion teil.

Gerade einmal 100 Meter Luftlinie liegen am Sonntag zwischen den Störern und dem Ort der Interview-Aufzeichnung. Der Bus der Aktivisten-Gruppe „Zentrum für politische Schönheit“ parkte in unmittelbarer Nähe zum Kanzleramt, in der Paul-Löbe-Allee, wo sich in Sitzungswochen alle Passanten ausweisen müssen, und die eigentlich durchgehend von der Polizei bewacht wird. Wie kann es also sein, dass gerade hier die Aktion mit dem riesigen Bus stattfinden konnte?

Laut Polizei war die Aktion nicht genehmigt.

In einer Mitteilung heißt es:  „Die Polizei stellte den Versammlungscharakter fest und dokumentierte diesen. Parallel stellten Einsatzkräfte einen verschlossenen Reisebus mit der Aufschrift ‚Adenauer SRP+‘ fest, der im Halteverbot in der Wendeschleife der Paul-Löbe-Allee abgestellt war.“

Allerdings wirft die Darstellung der Polizei Fragen auf, denn auf einem Video, das auf X kursiert, ist klar zu sehen, dass die Türe des Busses geöffnet war.

Weiter schreiben die Beamten: „Im Bus war ein Hinweis auf eine Kontaktperson angebracht. Der namentlich genannte 39-jährige Verantwortliche wurde von Einsatzkräften telefonisch zum Fahrzeug gebeten und traf um 15:20 Uhr ein. Er gab an, nicht der Fahrer zu sein und den Bus nicht bewegen zu können. Laut seiner Aussage handle es sich nicht um eine Teilnahme an der Kundgebung, sondern um eine eigenständige spontane Kunstdarbietung im öffentlichen Raum. Die Polizei wies ihn an, die Schallemissionen umgehend zu beenden, da diese sowohl den Verkehr als auch die öffentliche Ordnung beeinträchtigten. Dieser Aufforderung kam der Mann um 15:30 Uhr nach.“

Die „Omas gegen Rechts“ nahmen ebenfalls an der Aktion teil.

In der Mitteilung rechtfertigt die Polizei ihr Vorgehen mit folgenden Worten: „Die Polizei ist gesetzlich verpflichtet, bei nicht angezeigten Versammlungen sowie bei möglichen Störungen der öffentlichen Sicherheit lageangemessen und verhältnismäßig einzuschreiten. Im vorliegenden Fall wurde insbesondere das Spannungsfeld zwischen der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG), der Pressefreiheit (Art. 5 GG) und dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Verkehrswege sorgfältig abgewogen. Ziel der polizeilichen Maßnahmen war es, sowohl die spontane Ausübung grundrechtlich geschützter Meinungsäußerung als auch den geordneten Ablauf eines journalistischen Interviews mit einer Politikerin zu gewährleisten. Die Polizei Berlin handelte in dieser Lage unparteiisch, deeskalierend und von der geltenden Rechtslage gedeckt.“

Wie das Medienmagazin DWDL.de berichtet, war das „Sommerinterview“ am vergangenen Sonntag deutlich gefragter als das in der Woche zuvor. 1,56 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer schauten demnach zu, das war fast eine halbe Million mehr als in der vergangenen Woche, als Bundeskanzler Friedrich Merz zu Gast war. Der Marktanteil belief sich laut DWDL.de insgesamt diesmal auf 12,1 Prozent.

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