
Sind die jährlichen 182 Millionen Euro für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gut investiert? Ja, erklären „Fach-Expert:innen und Politiker:innen“ in einer vom Familienministerium beauftragten Evaluation, an der auch eine Grünen-Politikerin mitarbeitete. Wer die befragten Personen sind, will das Ministerium auf Anfrage von NIUS jedoch nicht verraten.
Über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ finanziert das Bundesfamilienministerium zumeist linke Lobbygruppen mit rund 182 Millionen Euro jährlich. Doch was genau mit dem Geld passiert, ist häufig schleierhaft. Wie sinnvoll ist die Arbeit der über 500 Projekte? Kann das Bundesprogramm tatsächlich Rassismus oder Demokratiefeindlichkeit in der Bevölkerung wirkungsvoll bekämpfen? Und wie bemisst man den Erfolg?
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) verwies bei der Vorstellung der dritten Förderperiode (2025 – 2032) in der vergangenen Woche auf den Evaluationsbericht zur 2. Förderperiode (2020 – 2024). Paus war sich sicher: „Die Evaluation zeigt: ‚Demokratie leben!‘ wirkt und wir erreichen insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Sie werden darin gestärkt, sich einzubringen, Extremismus zu erkennen und dagegen einzustehen.“
Lisa Paus fördert zahlreiche Projekte künftig über acht Jahre, statt wie zuvor vier Jahre.
Durchgeführt hat die Untersuchung das vom Familienministerium beauftragte Deutsche Jugendinstitut. Das Jugendinstitut wird wiederum vom Familienministerium finanziert und erhält rund 15 Millionen Euro jährlich. Von einer unabhängigen Untersuchung kann somit kaum die Rede sein, denn das Jugendinstitut ist direkt von den Geldflüssen aus dem Ministerium abhängig. Auch die Autorenliste des Evaluationsberichtes zeigt erstaunliches. Denn unter den fünf Wissenschaftlern findet sich mit Diana Zierold auch eine Grünen-Politikerin. Zierold ist als Soziologin beim Deutschen Jugendinstitut tätig und gleichzeitig Stadträtin für die Grünen in Plauen. Die Grünen fordern bekanntlich nicht nur den Erhalt des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, sondern verlangen einen massiven finanziellen Ausbau.
Doch was steht eigentlich drin in der „Gesamtevaluation des Bundesprogramms“? Als Beweis für die Wirkung von „Demokratie leben!“ dient eine Umfrage unter „programmexternen Fach-Expert:innen und Politiker:innen auf der Ebene der Bundesländer“. Eine deutliche Mehrheit dieser Experten und Politiker stimmt demnach der Aussage zu, wonach „Demokratie leben!“ dafür sorgt, „dass neue Ideen, Arbeitsansätze und/oder Strukturen für die Stärkung von Demokratie und die Prävention von Rassismus und Extremismus entstehen“.
Von 29 befragten Politikern ist der Großteil von der Wirksamkeit des Programms überzeugt. Quelle: Bericht der Gesamtevaluation des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ in der Förderphase 2020 bis 2024
Auch bei der Fragen nach der „Wirkung von ‚Demokratie leben!‘ gegen Diskriminierung und für Vielfalt“ bewertet der Großteil der Befragten die Arbeit als positiv. „Die Untersuchungen der Gesamtevaluation auf Basis eines vereinfachten Wirkmodells für das Bundesprogramm ergaben, dass es in diesen Handlungsfeldern generell sowohl innerhalb als auch außerhalb des Programms für wirksam gehalten wird“, schreiben die Autoren deshalb im Fazit der Evaluation.
Das Problem ist: Weder das Familienministerium noch das die Umfrage durchführende Deutsche Jugendinstitut wollen bekanntgeben, wen sie da eigentlich befragt haben. Die Parteizugehörigkeit der Politiker wird verschwiegen. Dabei ist diese natürlich nicht unerheblich. Denn es macht einen erheblichen Unterschied, wenn ausschließlich Politiker der SPD und der Grünen befragt werden, oder ausschließlich Politiker der Union oder der AfD. Und wer sind dazu die angeblich unabhängigen Experten, die an der Umfrage teilgenommen haben?
Das Bundesfamilienministerium versichert auf Nachfrage von NIUS: „Die Befragungen wurden nach wissenschaftlichen Standards durchgeführt, es wurden laut DJI alle Parteien angefragt. Befragt wurden externe, nicht am Programm beteiligte und nicht geförderte Akteure. Die Befragung wurde anonymisiert durchgeführt, so dass keine Aussagen über einzelne Personen möglich sind. Die Evaluation konnte bei der Beantwortung durch die Politikerinnen und Politiker keine Verzerrungen feststellen. Expertinnen und Experten auf kommunaler Ebene waren zum Beispiel Personen aus Jugendämtern, Wohlfahrts- und Jugendverbänden.“
Das für die Studie verantwortliche Deutsche Jugendinstitut schreibt auf Anfrage: „Über die Ausführungen des Berichts zu den Methoden können keine weiteren Auskünfte zu Ihren Fragen gegeben werden. Wir würden gegen forschungsethische Grundsätze verstoßen und die ‚Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis (DFG)‘ verletzen. Dazu gehören auch die Rechte von Studienteilnehmenden und der Datenschutz.“ Weder das Familienministerium noch das Jugendinstitut wollen zudem auf Nachfrage ausschließen, ob einer dieser „externen Expert:innen“ für Vereine tätig ist, die selbst durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!" gefördert werden.
Die ebenfalls durch die Wissenschaftler durchgeführte Befragung von internen Experten, also Personen, die durch das Bundesprogramm gefördert werden, beweist unterdessen die linke Schlagseite des Programms. Kaum ein Verein, der durch das Familienministerium gefördert wird, interessiert sich für die Bedrohung durch den Linksextremismus oder den Islamismus.
Das Thema Linke Militanz spielt für kaum eine durch Steuermittel geförderte Organisation eine Rolle.
Nur neun Prozent messen dem Islamismus eine „unmittelbare Bedeutung für die eigene Arbeit der Projekte“ bei, beim Thema „Linke Militanz“ – Linksextremismus wird als Begriff erst gar nicht abgefragt – sind es magere ein Prozent. Der Großteil der Projekte beschäftigt sich mit dem „Kampf gegen Rechts“. Die Wissenschaftler fassen zusammen: „In den Online-Erhebungen bei den Akteur:innen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ schätzen nur wenige Befragte die Phänomene des Links- und des islamistischen Extremismus als für ihre Arbeit bedeutsam ein.“
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