
In der vergangenen Woche zeigte NIUS in einer Recherche auf, wie die Regierung die Proteste gegen die Opposition mit Steuergeld finanziert: Zahlreiche der Veranstalter der Demonstrationen „gegen Rechts“ erhalten großzügige staatliche Förderungen, manche in Millionenhöhe.
Auf großer politischer Bühne zeigt sich hier, was auch im Kleinen im ganzen Land, in Kommunen und Städten, Vereinen und Bildungseinrichtungen längst geschieht: Regierungsparteien missbrauchen staatliche Gelder, um über vermeintlich gemeinwohlorientierte Organisationen politische Prozesse zu beeinflussen.
Innerhalb dieses sogenannten „Deep State“, des Staates im Staat, spielt das Förderprogramm „Demokratie leben“ eine zentrale Rolle. Angesiedelt im Familienministerium (BMFSFJ) bei der Grünen Lisa Paus, ist es längst zu einer Art Herzkammer des politischen Meinungskampfes geworden. Jährlich fließen rund 182 Millionen Euro in knapp 700 „zivilgesellschaftliche“ Projekte.
„Demokratie leben“ greift mit seinen vielfältigen Projekten in alle Phasen des Meinungsbildungsprozesses ein: Das Programm schränkt durch Denunzierungs-Portale den Korridor des Sagbaren ein, es diktiert durch Broschüren und Workshops den Diskurs, es ahndet durch die Verschränkung mit Sicherheitsbehörden unliebsame Äußerungen und schüchtert ein. Nun zielt es auch noch auf die freien Wahlen ab und warnt vor der Wahl bestimmter Parteien.
Neue Recherchen von NIUS zeigen, welche Rolle „Demokratie leben“ bei der Beeinflussung des derzeit stattfindenden Bundestagswahlkampfs spielt.
So bewirbt das Familienministerium auf seiner Website eine Veranstaltung in Bad Nauheim. Dort wurde die sogenannte Geheimplan-Recherche des Medienportals Correctiv als szenische Lesung aufgeführt. Die Recherche über ein vermeintliches Geheimtreffen in Potsdam, bei dem rechte Akteure einen Plan zur Vertreibung von Millionen von Menschen nach ethnischen Kriterien geplant haben sollen, ist längst in wesentlichen Punkten widerlegt, dies ist auch von Gerichten bestätigt worden. Doch dem linken Lager dient der Geheimplan-Mythos noch immer als Mittel, um vor der Wahl der AfD zu warnen.
So auch in Bad Nauheim. Auf der Website des Ministeriums heißt es: „Kurzfristig vor der Bundestagswahl möchte das Team des Bündnisses Demokratie schützen Bad Nauheim noch einmal verdeutlichen, welche Gefahren in einer Wahl von rechtsorientierten Parteien der Demokratie und der Gesellschaft drohen.“
Screenshot der Website des Familienministeriums. Oben prangt das Logo von „Demokratie leben“.
Auf der Website einer staatlichen Institution wird hier also eine Veranstaltung beworben, die „vor der Bundestagswahl“ vor den Gefahren durch „rechtsorientierte Parteien“ warnt, worunter man CDU, FDP und die AfD subsumieren kann.
Der Fall erinnert an einen ähnlichen Fall aus Suhl, über den NIUS berichtete: Dort wird die Demonstration „für ein helles Suhl“ offiziell vom Familienministerium und „Demokratie leben“ gefördert, die auch auf dem Demo-Plakat auftauchen:
Der Aufruf für die Demonstration am Dienstag.
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Der Rechtswissenschaftler Volker Boehme-Neßler zeigt sich fassungslos: „Es handelt sich um einen krassen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot des Staates. Dieses Gebot hat historische Wurzeln: Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten die Nazi-Zeit vor Augen, meist sogar miterlebt. Nach der Machtergreifung hatten die Nationalsozialisten andere Parteien verbieten lassen und sich zugleich den Staat einverleibt, also die Grenzen zwischen Staat und NSDAP praktisch aufgehoben.“
Boehme-Neßler betont: „Es ist darum heute verfassungsrechtlich verboten, dass Regierungsparteien mit staatlichen Mitteln gegen die Konkurrenz vorgehen. Doch genau das geschieht nun: Ein Geflecht an vermeintlichen Nicht-Regierungs-Organisationen bekommt staatliche Gelder für die Demokratieförderung zugesprochen. Tatsächlich aber arbeiten viele dieser Organisationen nicht für die Allgemeinheit, sondern für eine links-grüne Agenda. Das wird bei den Demonstrationen gegen Rechts überdeutlich, die sich dezidiert gegen eine politische Richtung wenden.“
Das Ministerium hingegen bestreitet dies: „Aus der Ankündigung geht hervor, dass es sich nicht um eine Veranstaltung des Ministeriums selbst gehandelt hat, sondern um eine des Teams des Bündnisses Demokratie schützen Bad Nauheim. Insofern scheidet ein Verstoß des BMFSFJ gegen das Neutralitätsgebot bereits aus diesem Grunde aus.“
Diese Antwort erscheint jedoch nicht schlüssig, denn durch die Präsentation auf der eigenen Website wird die Veranstaltung vom Ministerium beworben, was als Nachteil für rechte Parteien zu bewerten ist – gerade in Wahlkampf-Zeiten. Passend dazu schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags mit Blick auf die Neutralitätspflicht: „Insbesondere vor und während der Wahlzeit muss sich die Regierung mit amtlichen Informationen zurückhalten, die sich auf den Wahlerfolg der Parteien auswirken können.“
Zudem gibt das Ministerium auf seiner Seite an, dass es sich bei den beworbenen Veranstaltungen um „im Bundesprogramm ‚Demokratie leben‘ geförderte Projekte“ handelt. Auf der Website des Bündnisses Demokratie schützen Bad Nauheim wird dieses zudem als Zuwendungsempfänger des Ministeriums ausgegeben:
Nach eigenen Angaben wird das Bündnis aus Bad Nauheim durch „Demokratie leben“ gefördert.
Zu dem Fall in Suhl hatte das Ministerium auf Anfrage von NIUS erklärt: „Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ wird auch die Partnerschaft für Demokratie (PfD) in Suhl gefördert. Die Auswahl der innerhalb der PfD geförderten Projekte erfolgt in der Kommunalverwaltung.“
Tatsächlich bilden die Partnerschaften für Demokratie ein weit verzweigtes Netz, um die Fördergelder von „Demokratie leben“ in die Regionen zu pumpen und den Meinungskampf auch auf kommunaler Ebene zu beeinflussen. So liefen auch die Förderungen für die „Omas gegen Rechts“, die derzeit im ganzen Land gegen die AfD, aber auch gegen Friedrich Merz und die CDU auf die Straße gehen, über die Partnerschaften für Demokratie. 18.294,22 Euro flossen an die Ortsgruppen der „Omas gegen Rechts“, „zur Durchführung von Einzelmaßnahmen“, wie NIUS auf Anfrage vom Ministerium erfuhr.
Die Oma-Ortsgruppen profitierten. Quelle: BMFSFJ
Wie die Partnerschaften für Demokratie wirken sollen, hatte Paus bereits im Januar 2024 im Innenausschuss des Bundestags herausgearbeitet. Dort hatte sie erklärt, dass das Ziel von „Demokratie leben“ darin bestehe, dass „vor Ort, in den Kommunen, zivilgesellschaftliche Organisationen zusammen mit politischen Parteienvertretern, Amtsträgern, mit Polizei und anderen Sicherheitsbehörden arbeiten zur Stabilisierung, zur Sicherheit der Demokratie.“ Was in einer Demokratie eigentlich getrennt gehört – Parteien, Amtsträger, Sicherheitsbehörden und die Gesellschaft – möchte Lisa Paus verzahnen, um ihre Ideologie in der Gesellschaft zu verfestigen. Ein Vorgehen, das man eigentlich nur aus autoritären Staaten kennt.
Hier ihre Aussage im Innenausschuss:
Das Medienportal Correctiv spielt bei der Verbreitung links-grüner Spins eine zentrale Rolle. 2023 gingen 61.000 Euro über „Demokratie leben“ an Correctiv. Insgesamt erhielt das Medienportal seit Gründung rund 2,5 Millionen Euro an Steuergeldern. Nun wird ein neues Vorhaben über „Demokratie leben“ gefördert: Das Projekt „Brandherd Desinformation“ wird von der Reporterfabrik von Correctiv in Zusammenarbeit mit der Deutschen Jugendfeuerwehr durchgeführt.
Correctiv schreibt dazu auf seiner Website: „In der Freiwilligen Feuerwehr verbringen viele Jugendliche ihre Freizeit und lernen durch dieses soziale Engagement wichtige Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft kennen. Zugleich sind gerade Rettungskräfte in ihren Einsätzen zunehmend körperlichen und verbalen Angriffen ausgesetzt – die von Desinformationskampagnen im Netz geschürt werden. Genau hier setzt die Reporterfabrik mit ihren Medienkompetenz-Trainings an: Journalistinnen im Projekt vermitteln den Jugendlichen Wissen über die Machart und die Wirkungsweise von Desinformation. Sie zeigen journalistische Standards auf und unterstützen die Jugendlichen dabei, diese in eigenen Beiträgen in der Praxis umzusetzen.“
Weshalb soll ausgerechnet die Freiwillige Feuerwehr, statt Brände zu löschen, nun gegen Desinformation ausgebildet werden? Der Publisher von Correctiv, David Schraven, lässt sich mit den bezeichnenden Worten zitieren: „Wir freuen uns sehr auf die Arbeit mit der Deutschen Jugendfeuerwehr. Mit ihren rund 350.000 Engagierten ist sie eine enorm wichtige Säule unserer Zivilgesellschaft.“
Hier zeigt sich, wie das Familienministerium mit seinen Vorfeld-Organisationen in die Tiefe der Gesellschaft wirkt: Die 350.000 Feuerwehr-Leute sind potenzielle Adressaten, auf die das Ministerium via Correctiv ideologischen Zugriff erhält. Das Familienministerium fördert das Projekt im Jahr 2025 mit 140.876,83 Euro.
Auch über die Grünen-nahe Amadeu-Antonio-Stiftung fördert das Familienministerium den Meinungskampf, über 8,8 Millionen Euro flossen seit 2015. So organisierte die Stiftung für die „Omas gegen Rechts“ Workshops, damit sie ihr Engagement professionalisieren können, und unterstützte sie bei der Durchführung ihres Bundeskongresses.
Auch im Impressum der „Eltern gegen Rechts“ wird die Amadeu-Antonio-Stiftung genannt. Die „Eltern gegen Rechts“ organisierten gemeinsam mit der Kampagnen-Organisation Campact eine Kundgebung gegen Rechts vor dem Brandenburger Tor, das Lichtermeer für Demokratie, bei dem sich zahlreiche Grünen-Politiker lachend ablichteten. Welche Verbindungen zwischen der Stiftung und den „Eltern gegen Rechts“ bestehen, dazu äußerten sich auf Anfrage weder die Stiftung noch die „Eltern gegen Rechts“.
Auch über die Meldestelle Antifeminismus der Amadeu-Antonio-Stiftung greift das Familienministerium in die Meinungsbildungsprozesse ein. Melden kann man dort etwa: „Sticker/Flyer mit antifeministischen Inhalten, z.B. Mobilisierung gegen die Gender-Ideologie“, oder auch „Demonstration/Kundgebung/Veranstaltung mit antifeministischen Inhalten“.
Und nicht zuletzt die Meldestelle „REspect“ wird aus dem Familienministerium finanziert. Knapp 800.000 Euro Steuergeld erhielt die Meldestelle seit 2020 von Paus’ Ministerium. „REspect“ wurde im Oktober vergangenen Jahres als erster Trusted Flagger zugelassen, die Meldungen der Meldestelle müssen damit laut dem Digital Services Act prioritär behandelt werden. Dafür arbeitet die Meldestelle mit der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) zusammen, also mit dem Bundeskriminalamt.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki zeigte sich am Dienstag auf X alarmiert: „Wir brauchen definitiv in der nächsten Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss, um die parteipolitische Beeinflussung durch steuerfinanzierte NGOs zu beleuchten. Es kann nicht sein, dass Bundesministerien mutmaßlich gegen oppositionelle Parteien agitieren lassen.“
Über „Demokratie leben“ laufen Fäden zusammen, die in einer Demokratie eigentlich voneinander getrennt werden müssen: Vermeintlich zivilgesellschaftliche Organisationen leiten ihre Erkenntnisse an Sicherheitsbehörden weiter und kooperieren mit diesen, Regierungsparteien instrumentalisieren Steuergeld, um ihnen genehme politische Organisationen zu finanzieren, die dann zum Protest gegen die Opposition mobilisieren. Die scharfe Trennlinie zwischen der freien Gesellschaft auf der einen Seite und dem Staat auf der anderen verschwimmt.
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