Der Euro ist keine Erfolgsgeschichte – sondern der Weg in die Knechtschaft

vor etwa 5 Stunden

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Alle benutzen ihn täglich, die meisten denken nie über ihn nach. Der Euro ist Alltag geworden. Das macht es Politikern einfach, die erzählen, dass er eine Erfolgsgeschichte sei. Mit konkreten Belegen wird diese Behauptung selten unterlegt. Aus gutem Grund.

Was wurde den Bürgern vor der Einführung des Euro nicht alles versprochen: „Der Euro wird kommen – als stabile Währung, als sichere Grundlage für eine wirtschaftliche Zukunft Europas“, predigte Helmut Kohl. Versprechen wie diese waren auch bitter nötig. 155 deutsche Professoren der Wirtschaftswissenschaften waren damals gegen die Einführung des Euro. Es gab Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. 1998 waren fast 60 Prozent der Deutschen gegen den Euro. Helmut Kohl selbst gab zu, dass er bei der Durchsetzung der Gemeinschaftswährung wie ein „Diktator“ gehandelt hätte.

Helmut Kohl am 30.4.1998 auf dem Deutschen Sparkassentag in Leipzig vor 4000 Bankern, Politikern und Vertretern der Wirtschaft – einen Tag vor dem Beginn des historischen Euro-Gipfeltreffens in Brüssel forderte Kohl neue Impulse für eine politische Union in Europa.

Vor allem wurde und wird die Notwendigkeit einer gemeinsamen Währung aber politisch, nicht wirtschaftlich begründet. 2019 schrieb das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung – das ist diese Institution mit dem Jahrhundertökonomen Marcel Fratzscher an der Spitze –, dass der Euro „die Integration und das Friedensprojekt Europa unumkehrbar“ gemacht habe, „wie von Helmut Kohl und François Mitterand angedacht“.

Was ist aber dran an der wirtschaftlichen Stärke dank des Euro und der politischen Einheit dank einer gemeinsamen Währung?

Hätte Deutschland noch eine nationale Währung, wäre diese härter als der jetzige, jedes bei drei auf dem Baum sitzende Land inkludierende Euro, was wiederum der Exportwirtschaft schaden würde. Dieses oft natürlich komplexer verpackte Argument für den Euro ist eine klassische These seiner Freunde. Leider ist sie eine unlogische These.

Deutsche Produkte werden doch nicht gekauft, weil sie im internationalen Vergleich schön günstig sind. Das wurden sie auch zu D-Mark-Zeiten nie. Sie wurden und werden wegen ihrer Qualität gekauft. Abseits von den USA gibt es in keinem anderen Land der Welt so viele Patente wie in Deutschland. Der hiesige Mittelstand ist trotz aller politischen Hürden in der internationalen Spitzengruppe. Wer in Südamerika einen bestimmten Halbleiter oder die passende Schraube braucht, bestellt Produkte aus Deutschland. Wenn in Südafrika ein Tunnel gebaut wird, ist daran die Firma Herrenknecht aus Schwanau beteiligt. Mehr als 1000 solcher „Hidden Champions“ mit Weltmarktführer-Status gibt es hierzulande. Die Nachfrage nach ihren Produkten hat nichts mit Wechselkursen zu tun. Und Export-Weltmeister war Deutschland auch schon vor dem Euro.

Eine gigantische Tunnelbohrmaschine von Herrenknecht

Gut, vielleicht ist meine Logik aber einfach falsch. Zum Glück lässt sich die These der Euro-Fans auch anders überprüfen. Wenn der Euro wirklich so eine großartige Sache für die deutsche Wirtschaft ist, müsste das in den Daten zum Wirtschaftswachstum sichtbar sein. Schauen wir uns die doch mal genauer an.

In den fünf Jahrzehnten vor der Einführung des Euro betrugen die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten im Schnitt 8,2 Prozent, 4,4 Prozent, 2,9 Prozent, 2,6 Prozent und 1,7 Prozent. In den zwei vollendeten Jahrzehnten mit dem Euro gab es 0,9 Prozent und 1,1 Prozent Wachstum. Im 2020er-Jahrzehnt sieht es noch düsterer aus. Im Jahr 2000 befand sich Deutschland bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zwischen Platz 10 und Platz 15, 2024 war es Platz 24.

Der Euro hat der deutschen Wirtschaft also nichts Erkennbares gebracht. Andere Länder wie Italien, die von der Möglichkeit der Währungsabwertung profitierten, haben in diesem Euro-Jahrtausend kaum Wachstum gesehen. Dafür bringt er erhebliche Risiken mit sich.De facto hat er eine europäische Schuldengemeinschaft erzwungen, gegen jeden Willen der Bevölkerung, gegen die Maastrichter-Kriterien und gegen jedes Versprechen bei Einführung.

Gerade die Südstaaten verschuldeten sich von Beginn an fröhlich und ohne große Hemmungen, während der deutsche Staat sich in relativer Haushaltsdisziplin übte. Eine niedrige Schuldenquote bringt in einer Gemeinschaftswährung bedauerlicherweise nur relativ wenig, wenn im Ernstfall dennoch die Schulden anderer Länder zu den eigenen Schulden werden.

Hoffnung macht natürlich, dass die neuesten Euro-Mitglieder Kroatien, Rumänien und Bulgarien uns in der nächsten großen Krise sicherlich stabilisieren werden.

Dass Polen ganz ohne Euro in den letzten Jahrzehnten ein wahres Wirtschaftswunder – das Wunder, dass die Politik dem Markt vertraut – hingelegt hat, hilft der Glaubwürdigkeit der Euro-Träumer auch nicht weiter. 1999 lag das polnische Bruttoinlandsprodukt bei nur 170 Milliarden US-Dollar, 2024 bei über 900 Milliarden Dollar. Es wird nicht mehr lange bis zur Versechsfachung dauern, während das deutsche BIP sich in der gleichen Zeitspanne nur verdoppelte.

Polen hat (ohne Euro) ein prächtiges Wachstum hingelegt.

Jetzt kann natürlich argumentiert werden, dass Wirtschaftswachstum nicht monokausal von der Währung abhängt und auch von schlechter Politik abgedrosselt werden kann. Das wäre richtig, mir fehlt jedoch der Glaube, dass die politischen Euro-Fans, die in den letzten Jahrzehnten regierten, so argumentieren würden. Schließlich müssten sie dann ihr eigenes Versagen zugeben.

Von wegen wirtschaftliche Stärke, überall ist nur wirtschaftliche Schwäche zu sehen. Bleibt die zweite Dimension der Währung, die politische.

Den europäischen Binnenmarkt würde es auch ohne Gemeinschaftswährung geben, zweifellos. Die europäische „Einheit“ und der europäische Frieden haben nichts mit der Einheitswährung zu tun, sondern vielmehr mit der NATO.

Im Gegenteil: Der Euro verbindet nicht, er spaltet. Dafür muss man sich nur an die letzte offizielle Euro-Krise erinnern. Wie wurde die deutsche Kanzlerin damals in Griechenland dargestellt? Wie war das Ansehen der Griechen und der südlichen Länder im Allgemeinen in Deutschland? War das friedliche, gemütliche, brüderliche Eintracht? Richtig, wohl kaum. Der Euro hat die Euroländer nicht näher zusammengeführt, sondern birgt erheblichen Zündstoff.

In der Euro-Schuldenkrise waren die Griechen alles andere als gut auf Deutschland zu sprechen.

Zu wirtschaftlichen Nachteilen und politischen Risiken gesellt sich bald eine dritte Gefahr. Der digitale Euro als ultimative Freiheitsbedrohung.

Durch den Wegfall der Währungskonkurrenz wurde ein währungspolitischer Zentralstaat geschaffen. Ohne jede demokratische Legitimation. Niemals wäre so eine digitale Währung auf nationaler Ebene demokratisch durchsetzbar. Das zeigt sich gerade in den USA, die ein derartiges Horror-Konzept verboten haben. Auf supranationaler Ebene gibt es diese demokratische Kontrolle nicht. Der digitale Euro ist kaum noch aufzuhalten.

Und selbst dann, wenn er anfangs von Politikern und Zentralbankern genuin nicht für einen totalitären Zweck gedacht, entworfen und durchgesetzt wird, so schafft er doch das ideale Instrument für die Totalitären der Zukunft. Einmal den Schalter umlegen wird genügen, um jede einzelne Transaktion eines jeden einzelnen Menschen jederzeit kontrollieren, steuern und verbieten zu können.

Erfolge des Euro sind empirisch nicht auffindbar. Viele ihm zugeschriebene Vorteile gäbe es ohne ihn genauso oder sogar verbessert. Mit dem Euro wurde kein europäisches Friedens- und Erfolgsprojekt geschaffen, sondern die Reise in die monetäre Knechtschaft begonnen.

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