
Das Foto der beiden „Braveheart“-Mädchen Lola und Ruby Moir (12 und 13 Jahre) aus Dundee, Schottland, verbreitete sich innerhalb kürzester Zeit viral. Die Schwestern, die mit einem Messer und einem Beil bewaffnet waren, hatten einem Mann gedroht, der sie mit seinem Handy filmte, und ihn aufgefordert, damit aufzuhören und sie nicht weiter zu belästigen. Bis heute ist unklar, wie es zu dieser Eskalation kam oder was genau die Reaktion der Mädchen auslöste. Auffällig ist jedoch, dass ihr Akzent und ihre Kleidung darauf hindeuten, dass sie eher der britischen Arbeiter- bzw. Unterschicht entstammen.
Mittlerweile ist bekannt, dass sowohl der Mann als auch die Frau, die das Video aufgenommen hatten, angezeigt wurden. Auffällig ist dabei, dass die Daily Mail und zahlreiche andere englische Medien zunächst Partei für den Mann ergriffen. Sie machten ihn und seine Begleitung zum Opfer dieser „wilden Mädchen“ aus der Unterschicht. Er wurde als christlicher Familienvater und legaler Migrant aus Bulgarien beschrieben, der vor vier Jahren ins Vereinigte Königreich eingewandert war und inzwischen in einer Sozialwohnung (council estate) lebt.
Gerade dieser Umstand sorgt bei vielen Briten für Unmut, da die Wartelisten für Sozialwohnungen in der Regel mehrere Jahre betragen, während der Bulgare offenbar bereits nach vergleichsweise kurzer Zeit eine Unterkunft erhielt. Normalerweise haben Migranten aus der EU erst nach fünf Jahren Aufenthalt ein Anrecht auf eine solche Zuweisung.
Der Mann, Ali Dumana, erhielt exklusive Interviews im Courier und in der Daily Mail. Darin beklagte er, dass er aufgrund des viralen Videos, auf das unter anderem Elon Musk und Tommy Robinson reagiert hatten, nicht mehr unerkannt durch die Straßen gehen könne. Er beteuerte seine Unschuld und erklärte, er habe lediglich den Waffenbesitz der Mädchen dokumentieren wollen.
Der Artikel stellte ihn vor allem in der Rolle des fürsorglichen Familienvaters dar. Ein Blick auf seinen Instagram-Account wirft jedoch ein anderes Licht auf ihn: Dort finden sich Bilder, auf denen er mit einer Balaclava posiert, ein Tattoo mit einer AK-47 präsentiert, große goldene Uhren trägt oder sich mit Bündeln englischer Banknoten zeigt. Diese Inszenierungen wirken deutlich protziger und weniger bescheiden, als es das Bild eines einfachen Familienvaters in einer Sozialwohnung vermuten ließe.
Dies wirft die Frage auf, warum zwei so junge Mädchen überhaupt das Gefühl hatten, sich mit Waffen schützen zu müssen. Wie bedrohlich ist die Lage für Mädchen in vielen britischen Städten inzwischen tatsächlich? Bemerkenswert ist außerdem, dass die Mädchen wegen unerlaubten Waffenbesitzes angezeigt wurden, noch bevor gegen den Mann eine Anklage wegen Körperverletzung erfolgte.
Dieser Umstand ist bezeichnend für ein Rechtssystem, das in den vergangenen Jahren immer wieder dadurch auffiel, Vergewaltigungen und Gewalttaten gegen Mädchen herunterzuspielen oder zu vertuschen und das zudem oft nicht in der Lage ist, bereits verurteilte Straftäter mit Migrationshintergrund abzuschieben. Viele Täter in den sogenannten Grooming-Gang-Fällen kehrten nach dem Verbüßen ihrer oftmals viel zu kurzen und milden Strafen wieder in ihre Städte zurück, teilweise trotz bestehender Annäherungsverbote.
Nachdem der 17-jährige Axel Rudakubana bei einem Tanzwettbewerb mehrere Kinder verletzt oder getötet hatte, kam es zu Massenprotesten und Ausschreitungen unter Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten. Lucy Conolly wurde wegen eines kontroversen Tweets zu drei Jahren Haft verurteilt, von denen sie ein Jahr absitzen musste. In diesem Zusammenhang zeigte der Staat, dass er durchaus in der Lage ist, Menschen schnell zur Verantwortung zu ziehen. Gleichzeitig gab es Berichte, dass Teile der muslimischen Gemeinschaft ebenfalls gewaltsam reagierten, was die Situation weiter eskalieren ließ. Diese Vorfälle wurden allerdings nicht mit der gleichen Härte und rechtlichen Konsequenz behandelt.
Es ist nachvollziehbar und ratsam, zunächst abzuwarten, bis alle Fakten bekannt sind. Selbst heute sind viele Details unklar. Trotzdem mussten einige Journalisten und Prominente, die sich dafür lobten, anfänglich die Seite des bulgarischen Einwanderers einzunehmen, später ihre Meinung revidieren.
Dieses Phänomen zeigt sich immer wieder bei liberalen Eliten, die vor allem verhindern wollen, nativistische Strömungen zu befeuern. Dadurch werden Verbrechen, an denen Personen mit Migrationshintergrund beteiligt sein könnten, oft heruntergespielt, vertuscht oder ignoriert, selbst wenn junge Mädchen betroffen sind, die sich sichtbar von einem fremden Erwachsenen bedroht fühlen. Die vermeintlich kontraintuitive Haltung mag manchen ein Gefühl moralischer Überlegenheit geben, doch oft erweist sich die erste, intuitive Einschätzung als zutreffender.
Elisabeth Dampier ist freie Journalistin und schreibt für britische Print- und Onlinemedien wie The Spectator, The Daily Telegraph und The Critic.