Der historische Ukraine-Irrtum von rechts

vor 8 Tagen

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Bildquelle: Apollo News

Wird über die Ukraine gesprochen, so kann man sich nur wundern: Linke klingen wie früher die Rechten, und die Rechten wie früher Linke. Die ach so weiche Linke nimmt plötzlich Wörter wie „Kriegstüchtigkeit“ in den Mund, weite Teile der Rechten tragen plötzlich Friedenstauben. Die Folge dieser widersprüchlichen doppelten Verdrehung: Keine Seite hat eine sonderlich stringente, durchdachte oder ehrliche Position zur Ukraine – und keine Antwort auf die aktuelle Zuspitzung der Lage. Die Grünen sind für die Ukraine, ohne aber ihre Ideologie in all den anderen Fragen, in denen es um die Selbstbehauptung des Westens geht, zu hinterfragen. Weite Teile der AfD ruhen sich auf dem bloßen Wort „Frieden“ aus – jetzt ist allerdings das Ende der Illusionen erreicht.

Trump hat Putin enorme Zugeständnisse für einen Frieden angeboten und Selenskyj maximal in die Schranken gewiesen – allein: Putin will einfach nicht. Das ist doch die Wahrheit, der man ins Auge blicken muss, die sich mehr als klar gezeigt hat über die vergangenen Wochen. Egal was Trump angeboten hat, Putin wollte plötzlich immer mehr und intensivierte gleichzeitig die Bombardierungen auf ukrainische Städte. Solange im deutschen Fernsehen permanent die blödsinnige Parole wiederholt wurde, mit Putin dürfe man nicht verhandeln, konnte mancher sich ein wenig darauf ausruhen, einfach Friedensverhandlungen zu fordern.

Aber: was jetzt? Wo wir klar sehen können, an wem Friedensverhandlungen scheitern? Tun, als wäre nichts gewesen? Die Ukraine einfach ihrem blutigen Schicksal überlassen? Man kann diesen Krieg jetzt ganz offensichtlich nicht beenden – je schwächer die Ukraine ist, desto mehr spitzt er sich zu. Als ich Alexander Gauland genau diese Frage stellte, sagte selbst er, man müsse vielleicht doch noch einmal über die Lieferungen von Waffen nachdenken – gerade um einen Frieden möglich zu machen.

Bedenkt man die Frage einfach mal nüchtern und logisch, ist das die einzige Option. Solange Russland die Möglichkeit hat, in den kommenden Monaten weiter vorzurücken und weitere Stückchen der Ukraine zu erobern, gibt es keinen Grund für Frieden. Putin braucht den Krieg, um innenpolitisch seine Macht zu sichern, das Wirtschaftssystem ist auf Krieg umgestellt – und er hat seine Kriegsziele bei weitem noch nicht erreicht. Er sieht ganz offensichtlich gute Chancen, den Krieg fortzusetzen. Die einzige logische Antwort darauf ist, die Verhandlungsbemühungen mit der erheblichen Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu verbinden. Mit Zuckerbrot allein kann man nicht verhandeln.

Es ist der Urausdruck des Bürgerlichen, dass in den Mittelpunkt der Politik die Realität gestellt wird – nicht die Illusion, die Ideologie, die leeren und hohlen Phrasen des Gefühls. Doch in der Ukraine-Frage fehlt es an einem solchen Realismus. Stattdessen hört man leere, ergriffene Phrasen über den Frieden, ohne dass aber beantwortet wird, wie man diesen zu erreichen gedenkt.

Manche sagen gar, der Putin spreche ja Deutsch und sei selbst ein Konservativer – und ignorieren, dass Putin nur deshalb Deutsch spricht, weil er als Agent des KGB in Dresden damit betraut war, Deutschland im sowjetischen Auftrag zu manipulieren, zu kontrollieren, zu unterdrücken; Deutsche zu foltern, zu quälen und ihren Willen zur Freiheit zu brechen. Wäre der Befehl aus Moskau gekommen, hätten er und seinesgleichen mit Panzern die friedliche Revolution niedergeschlagen, wie einst den Volksaufstand. Putin war Vollstrecker eines kommunistischen Terrorregimes – niemand ist weiter davon entfernt, konservativ zu sein.

Hier fallen manche Rechte sogar auf ein linkes Propaganda-Geschichtsbild hinein. Das gute Sowjet-Russland, das Frieden brachte? Dabei sollten es Konservative sein, die wissen, dass die Sowjetunion im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes selbst einen Angriffskrieg gegen Polen eröffnete und deshalb im Zweiten Weltkrieg immer auch ein Täter-Staat war – und etwa mit dem Massaker von Katyn immer wieder selbst zum Massenmörder wurde.

Es sollte doch eigentlich die demokratische Rechte sein, die an die Vergewaltigungen und Brutalitäten erinnert, an die jahrzehntelange kommunistische Unterdrückung halb Europas, sie sollte an den sowjetischen Genozid in der Ukraine, den Holodomor, erinnern, und daran, dass die Sowjetunion Lager wie Buchenwald weiterbetrieb, um Oppositionelle zu internieren, von denen Tausende auch noch Jahre nach Kriegsende starben. Und ausgerechnet AfD-Politiker wollen mit Russland den „Tag des Sieges“ feiern? Wäre es nicht Aufgabe der Rechten, an diese Verbrechen gegen Deutschland und Europa zu erinnern? Wo ist da der viel gerühmte Patriotismus?

Und ganz grundsätzlich: Ist der Kern des Konservatismus nicht der Gedanke der Selbstbehauptung? Hatten wir uns während Corona nicht gesagt, die Politik der Angst dürfe niemals siegen? Warum erzählen manche AfD-Politiker dann heute mit schlotternden Knien, weil Putin mit Atomwaffen drohe, müssten wir die Ukraine einfach hängen lassen und uns im Prinzip unserem Schicksal einfach beugen?

Insbesondere gegenüber der Ukraine selbst ist die Haltung vollkommen unreflektiert. Man kann über NATO-Osterweiterung und die Rolle des Westens ja noch irgendwie diskutieren – kein einziges dieser Argumente trifft aber die Ukraine selbst. Wir sehen hier schlichtweg ein Land, das angegriffen wurde und um seine nationale Souveränität ringt. Dafür sollten wir nicht nur tiefes Mitgefühl zeigen, sondern auch Respekt – wir sollten geradezu inspiriert sein von einem Volk, das für seine Selbstbestimmung und seine Freiheit gegen eine Übermacht ankämpft. Es ist ein Kampf, zu dem niemand von uns mehr in der Lage wäre. Der spektakuläre Drohnen-Angriff auf russische Bomber, die tagtäglich ukrainische Städte bombardieren, ist nicht nur ohne jede Frage legitim (es gibt keine zivilen Opfer), sondern doch sogar imponierend.

Sollten wir diesen Willen zur Selbstbehauptung nicht respektieren, der uns doch offensichtlich fehlt? Ist das nicht genau jener Wille, jenes Bekenntnis zu sich selbst, der in allen anderen Politikfeldern so sehr bei der Linken vermisst wird? Die neue Linke hat dem Westen den Willen zur Selbstbehauptung ausgetrieben – ironisch, dass leider ausgerechnet Rechte darauf reinfallen.

Diese rechte Fehlanalyse des Ukraine-Krieges hat historische Ausmaße. Das Projekt Trump läuft Gefahr, seine ikonische Marke zu verspielen – die Kämpfernatur, der Dealmaker, der sich von Putin vorführen lässt? Hoffen wir, dass dieses Kapitel so nicht in die Geschichte eingehen wird.

Dies ist keine Frage, von der man denken könnte, sie wäre nebensächlich und werde sich schon irgendwann von selbst erledigen. Der Ukraine-Krieg geht weiter und wir werden vor die gleichen Fragen gestellt werden in Israel, beim Iran und allen voran mit China. Der Ukraine-Krieg ist eher ein Vorlauf. Die politische Linke und ihre politische Elite werden keine Antwort darauf finden – die Unterstützung der Ukraine ist vielfach eher ein blau-gelber Social-Media-Trend. Der dahinterstehende Wille zum Erhalt und zur Verteidigung des Westens fehlt der Linken in allen Politikfeldern; da wird er sich hier letztlich auch nicht finden lassen.

Allein das bürgerliche Lager könnte eine Antwort auf diese große Herausforderung der Zukunft finden – gemäß der alten Formel von Frieden durch Stärke. Dafür müsste man aber anfangen, seinen eigenen Ideen durch konsequente Anwendung auch in der Außenpolitik erst echte Glaubwürdigkeit zu verleihen. Ansonsten haben wir nur Parteien, die sich dadurch unterscheiden, in welcher Himmelsrichtung sie für die Kapitulation des Westens einstehen.

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