
Das deutsche Willkommens-Märchen ist bald zehn Jahre alt. Im Spätsommer des Jahres 2015 standen viele Deutsche applaudierend an Bahnsteigen und hießen Flüchtlinge willkommen. Die Kanzlerin sagte, die Bundesrepublik habe ihr freundliches Gesicht gezeigt. Am Ende des Jahres waren rund eine Million Asylmigranten eingewandert, Hauptherkunftsland war Syrien.
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Neben humanitären wurden ökonomische Gründe ins Feld geführt: Die Flüchtlinge, hieß es, würden bald die Renten der Einheimischen bezahlen. Davon ist bisher nichts zu merken. Das Gegenteil scheint wahr zu werden: Rentner sollen länger arbeiten, damit das Sozialsystem weiterhin auch Asylmigranten zur Verfügung steht.
Die Verwirrung ist komplett. Wenig blieb vom Willkommens-Märchen. Schon die Begriffe passen nicht mehr. Wenn weiterhin von Geflüchteten oder Schutzsuchenden gesprochen wird, erhebt die Vergangenheit verklärend ihr Haupt. Wer an Deutschlands Pforten klopft und von weither kommt, hat zuvor bereits in Europa Schutz gefunden – etwa in Griechenland, Polen oder Österreich – und muss nicht fliehen.
Es sind Deutschlandsuchende, Sozialstaatssuchende, Bürgergeldsuchende, die als Asylbewerber um Aufnahme bitten. Aktuell, teilt die Süddeutsche Zeitung mit, leben knapp dreieinhalb Millionen Ausländer hier, die als sogenannte Flüchtlinge ins Land kamen. Die SZ ergänzt: „Nach ersten Zahlen aus Städten und Landkreisen gab es 2024 so viele Einbürgerungen wie nie zuvor.“
Müsste es angesichts dieser Zahlen nicht fabelhaft um die deutschen Sicherungssysteme bestellt sein? Genau das wurde uns 2015 versprochen: „In zehn Jahren wird man einer Kanzlerin Merkel dankbar sein“, verkündete ein Migrationsforscher namens Rainer Bauböck. Merkels Grenzöffnung sei „zum Vorteil des Wirtschaftsstandorts Deutschland“.
Wenig später ergänzte der linke Ökonom Marcel Fratzscher: „Viele der Geflüchteten werden die Renten der Babyboomer zahlen.“ Fratzscher machte seinem Ruf als Deutschlands bester Kontraindikator damit alle Ehre. Und Fratzscher legte nach.
Fratzscher sagte im März 2016: In allerspätestens sieben Jahren würden Flüchtlinge mehr erwirtschaften, als sie Staat und Steuerzahler kosten. Das hätte spätestens 2023 der Fall sein müssen. Wir warten noch heute darauf und werden vermutlich noch lange warten müssen.
Der Norddeutsche Rundfunk errechnete im vergangenen September: Nur jeder dritte sogenannte „Schutzsuchende“ habe einen Job – und sei es ein Minijob. Gleichzeitig gibt es trotz aller Zuwanderung aktuell rund 650.000 offene Stellen. Und der „Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund und mit einer erst kurzen Aufenthaltsdauer in Deutschland beim Bürgergeld steigt stetig“. So formuliert es der Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn.
Kein Halten scheint es auch zu geben bei der Ausweitung der staatlichen Sozialausgaben. Diese wuchsen auf das Rekordvolumen von 1,25 Billionen Euro.
Die Asylmigration der vergangenen zehn Jahre ist für Deutschland ein Minusgeschäft. Dazu tragen gewiss auch die Restriktionen des Arbeitsmarktes bei. Vor allem aber lockt ein Sozialstaat, der seine Grenzen kaum schützt, Sozialstaatsprofiteure an.
Wenn in dieser Situation die CDU Rentner ermuntert, länger zu arbeiten, ist das eine Frechheit. Der Sozialstaat pfeift aus dem letzten Loch, weil er seine Leistungen an immer mehr Menschen ausschüttet. Rentner sollen dazu beitragen, die Löcher zu stopfen.
Vor der Wahl sagte die Union, der Staat habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Nun sagt der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: Der Staat braucht mehr Einnahmen durch länger arbeitende Menschen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Der Staat sollte den Kreis der Anspruchsberechtigten reduzieren. Auch und gerade bei jenen, die angeblich mehr als Gold im Gepäck haben.
Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz ist längst Geschichte. Seine Aussage, mit den Asylmigranten kehre der Glaube an Europa nach Europa zurück, ist heute so aberwitzig wie damals. Ein Staat, der sich ausnutzen lässt, wird ausgenutzt. Ein solcher Staat handelt nicht moralisch, sondern dumm. Und lässt die Zeche andere zahlen.