
Die durch Deutschland rollende Pleitewelle reißt nun auch die Posterboys der grünen Transformation mit in den Abgrund. Mit seinem Rückzug vom grünen Stahl beendet ArcelorMittal ein weiteres Leuchtturmprojekt der grünen Transformation. Der verantwortliche Ex-Minister Robert Habeck schlägt derweil das nächste Kapitel seiner Karriere auf.
Wasserstoff sollte einen Ausweg aus der energiepolitischen Falle bieten, in der sich die deutsche Politik nach dem Aus der Atomkraft und dem Embargo russischer Energie verfangen hatte. Milliarden an Subventionen sollten die lose formulierte Wasserstoffagenda substanziell entwickeln. Der Fall von ArcelorMittal gewährt nun einen Einblick in die Lage der Energiewende, die mit dem Aus des Batteriezellenherstellers Northvolt bereits vor wenigen Wochen einen schweren Schlag erlitt.
ArcelorMittal plante in Deutschland den Aufbau einer grünen Stahlproduktion. Die Standorte in Bremen und Eisenhüttenstadt sollten von der Investition profitieren. Geplant waren der Bau von Elektrolichtbogenöfen und einer Direktreduktionsanlage, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden sollten. Das Bundeswirtschaftsministerium, damals noch unter der Leitung von Wirtschaftsminister Robert Habeck, hatte dem Unternehmen mit Hauptsitz in Luxemburg zum Kaltstart seiner Wasserstoffambitionen Subventionen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro zugesagt.
Mehrere tausend Arbeitsplätze sollten geschaffen werden. Das Ziel lautete, die CO₂-Bilanz der produzierenden Stahleinheiten zu verbessern. Wasserstoff sollte vor allem Kohle als Energieträger ersetzen und so die Fertigung von grünem Stahl ermöglichen, der mithilfe von erneuerbaren Energien und Wasserstoff nahezu CO₂-frei produziert werden würde. Allerdings setzt diese Strategie wettbewerbsfähige Energiepreise voraus. Und hier liegt das Problem: Zwar sind die Industriestrompreise nach dem dramatischen Preishoch von 2024 zuletzt gesunken, doch bleiben sie nach wie vor im internationalen Vergleich zu hoch, um industrielle Investitionen und Wachstum am heimischen Standort zu ermöglichen.
Im April 2025 zahlten deutsche Industrieunternehmen ohne staatliche Preissubventionen im Schnitt 16,20 Cent pro Kilowattstunde – ein Wert, der Unternehmen in energieintensiven Branchen zum Rückzug und zum Stellenabbau zwingt.
Die Unternehmensführung von ArcelorMittal zog jetzt die Reißleine bei ihrem Wasserstoffprojekt in Deutschland, ohne die zugesagten Fördermittel abzurufen. Man ließ die Frist verstreichen, ohne mit dem Bau der entsprechenden Produktionseinheiten begonnen zu haben. Das ist ein „Nein“ zum Standort Deutschland. Dass selbst Milliardensubventionen nicht mehr genügen, Betriebe von einem Engagement am Standort zu überzeugen, ist ein vernichtendes Verdikt.
Zwar betonte ArcelorMittal, die Pläne mit grünem Stahl in Deutschland lägen zunächst einmal auf Eis und seien nicht endgültig ad acta gelegt. Dass man sich nun aber verstärkt dem Ausbau des Standorts Dünkirchen in Frankreich zuwendet, spricht Bände. Deutschland ist nicht mehr en vogue, wenn es um industrielle Projekte geht – gleich, ob es sich um Subventionsprojekte oder um Investitionen auf dem freien Markt handelt.
Das Wirtschaftsministerium äußert sich angesichts des Rückzugs von ArcelorMittal derweil beschwichtigend und verweist auf drei große Förderprojekte im Bereich der Produktion von grünem Stahl, die nach offizieller Lesart den Wendepunkt markieren sollen. Salzgitter Flachstahl, ThyssenKrupp Steel Europe und SHS (Stahl-Holding-Saar) haben zusammen Förderbescheide von rund 5,6 Milliarden Euro abgerufen und befinden sich im Projektaufbau.
Nach der spektakulären Pleite des Batteriezellenherstellers Northvolt ist es nun der Fall von ArcelorMittal, der uns nachdrücklich in Erinnerung ruft, dass es schlichtweg unmöglich ist, komplexe ökonomische Systeme am Reißbrett zu planen. Die mit dem Zentralismus der Transformationsagenda „Green Deal“ verbundene Zentralplanung ersetzt Wettbewerb und Unternehmergeist durch Regulierung, Investitionssteuerung und Abhängigkeit von Subventionen.
ArcelorMittal ist kein Einzelfall. Vielmehr handelt es sich um ein Symptom eines grundsätzlichen Problems: Der deutsche Subventionismus, insbesondere im Bereich der Energiewende, hat eine Schieflage erreicht, die das Missverhältnis zwischen Aufwand und ökonomischem Nutzen verdeutlicht. Allein die Subventionen für erneuerbare Energien belaufen sich in diesem Jahr auf 20 Milliarden Euro – doppelt so viel wie geplant. Während die Politik mit immer neuen Fördertöpfen versucht, die Folgen ihrer Subventionsspiralen abzufedern, geraten Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Industrie stärker unter Druck.
Im dritten Jahr ihrer anhaltenden Rezession tritt die deutsche Wirtschaft nun den Beweis an, dass Ministerverordnungen, Zentralplanung und Dirigismus zu keiner Zeit das Grundwerk für eine florierende Ökonomie legen, die den Wohlstand schafft, auf dem Gesellschaft und Staatswesen aufsetzen. Die Politik per Ordre de Mufti ist gescheitert. Was fehlt, ist eine rationale Analyse des „Weshalb“ und eine offene Debatte über den Ausweg aus dem wirtschaftlichen Trümmerfeld, das der grüne Ökosozialismus hinterlassen hat und dessen exekutiver Apparat nach wie vor hochtourig arbeitet.
Und was macht der verantwortliche Ex-Minister? Habeck zieht es an die Eliteuniversität Berkeley in Kalifornien. Als Gastdozent soll er dort gemeinsam mit der Wirtschaftsweisen Ulrike Malmendier eine Vorlesungsreihe halten, die sich mit dem Phänomen der „Krise“ befassen wird. Es bedarf an dieser Stelle keines Kommentars. Das Leben zeichnet nicht selten die mit Abstand besten Karikaturen.