Nur jeder zweite Fernzug fährt noch pünktlich

vor 7 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die Deutsche Bummelbahn fährt auch in diesem Jahr immer mehr, wann sie will, oder auch gar nicht, jedenfalls nicht so, wie es im Fahrplan steht. Bei den ICE- und IC-Zügen betrug die betriebliche Pünktlichkeit im Juni dieses Jahr lediglich 57,1 Prozent. Was für ein Fortschritt im Vergleich zum Juni 2024 mit nur 52,9 Prozent pünktlichen Fernzügen. „Fortschritt“ war nur ein kleiner Scherz.

Die Deutsche Bahn fährt weiter wie gewohnt verspätet und quält ihre Kunden anhaltend mit nervender Unpünktlichkeit. Hinzu kommt: Die zahlreichen Zugausfälle rutschen aus der Pünktlichkeitsstatistik einfach raus. Im vergangenen Jahr 2024 waren es mehr als 13.600 ausgefallene Fahrten. Von 2019 bis 2024 stieg der Anteil der gestrichenen Fahrten im Fernverkehr von einem auf vier Prozent.

Somit fährt nicht einmal jeder zweite Fernzug seinem Fahrplan entsprechend. Das haben Sie toll hinbekommen, Bahnchef Lutz. Ach ja: Im Regionalverkehr kamen im Juni dieses Jahres auch nur 88,9 Prozent der Züge pünktlich ans Ziel. Im Juni 2024 waren es noch 89,1 Prozent. Jeder zwanzigste Regionalzug der Deutschen Bahn fiel 2024 aus.

Täglich erleben Bahnkunden auf dem Weg zur Arbeit oder in den Urlaub stehende, kaputte oder verspätete Züge, defekte Toiletten, Türen und Klimaanlagen, geschlossene Bordrestaurants wegen fehlenden Personals, Speisen, Getränken und technischer Störungen in der Küche oder im Bistro.

Pleiten, Pech und Pannen gehören zum DB-Programm. Denn, statt ein Paradebeispiel für die erzwungene grüne Verkehrswende zu sein, beweist der Zustand des heimischen Schienenkonzerns nur: Mit purer Anti-Auto-Ideologie erreicht man keinen verkehrswirtschaftlichen Fortschritt. Die Deutsche Bahn ist ein hochverschuldeter Katastrophenfall.

Bei der Deutschen Bahn kann der Steuerzahler regelrecht zuschauen, wie seine hart erarbeiteten Milliarden versickern.

Als Teil des Klimapakets stärkte vor Jahren die Bundesregierung unter Kanzlerin Dr. Angela Dorothea Merkel (CDU) einst die Eigenkapitalbasis der Deutschen Bahn zwischen 2020 und 2030 um jährlich eine Milliarde Euro, also insgesamt um 11 Milliarden Euro. Das Ergebnis sind unglaubliche Verspätungen. Obendrein fuhr die DB 2024 einen Verlust von 1,8 Milliarden Euro ein. Die Subventions-Milliarden fließen offensichtlich in ein Loch.

Dennoch bettelt der schwächste Bahnchef aller Zeiten, Richard Lutz, um viele weitere Milliarden für sein offensichtlich marodes Unternehmen. Trotz zusätzlicher Milliarden für die Deutsche Bahn aus dem Infrastruktur-Schuldenpaket des Bundes, genannt Sondervermögen, könnte das Geld für die Schiene in wenigen Jahren wieder knapp werden. Das hätte etwa Konsequenzen für den Neu- und Ausbau, klagt Bahnchef Lutz dieser Tage. Es fehlten bis 2029 rund 17 Milliarden Euro. Dabei beschloss das Kabinett von Schuldenkanzler Friedrich Merz (CDU) gerade erst, dass die Bahn bis 2029 für Investitionen in die Infrastruktur rund 107 Milliarden Euro erhalten soll.

Das Bahn-Chaos jedoch bleibt: Selbst der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, warnte 2023: „Die Krise der DB AG wird chronisch, der Konzern entwickelt sich zu einem Sanierungsfall, der das gesamte System Eisenbahn gefährdet.“ Der Konzern im Bundeseigentum habe bereits über 30 Milliarden Euro Schulden, zuletzt seien täglich fünf Millionen dazu gekommen. „Die DB entwickelt sich zu einem Fass ohne Boden.“ So schaut’s aus!

Obendrein vergraulen neben der Unpünktlichkeit ständig steigende Fahrpreise, magerer Service, schlechtere Angebote und immer mehr Dauerbaustellen die Fahrgäste. So erntete die Deutsche Bahn im Rahmen ihres sogenannten kleinen Fahrplanwechsels für den Fernverkehr am 15. Juni viel Kritik. Denn seitdem gibt es keine günstigen Familienreservierungen mehr. Zwar fahren Kinder und Jugendliche bis einschließlich 14 Jahren im DB-Fernverkehr in Begleitung eines Erwachsenen weiterhin kostenlos. Aber die Sitzplatzreservierung kostet künftig für jedes Kind extra. Bislang konnten Familien zum Fixpreis von 10,40 Euro Sitzplätze für alle Familienmitglieder reservieren. Für ein Paar mit zwei Kindern beispielsweise kostet die Reservierung jetzt 22 Euro.

Gleichzeitig hat die Bahn auch noch die Preise für Sitzplatzreservierungen erhöht. Ein fester Sitzplatz in der zweiten Klasse in Fernverkehrszügen kostet jetzt 5,50 Euro statt wie bisher 5,20 Euro. In der ersten Klasse stieg der Preis für eine Sitzplatzreservierung von bisher 6,50 auf 6,90 Euro.

Stetig steigende Fahrpreise sind immer ein guter Zug der Bahn. Beispielsweise kostet ein DB-Ticket zum Flexpreis Berlin–Leipzig–Berlin in der zweiten Klasse mit Bahncard 50 inzwischen schon über 71 Euro. Vor fünf Jahren waren es im Schnitt noch 50 Euro.

Dagegen wird Autofahren als Alternative regelrecht zum Schnäppchen. Aber auch im Nahverkehr ziehen die Bahnpreise deutlich an (siehe Grafik). In Berlin-Brandenburg erhöhten sie sich beispielsweise 2025 um 7,53 Prozent und im Aachener Verkehrsverbund um 5,75 Prozent. Mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen, bleibt ein grünes Märchen. Und mit Beginn des Winterfahrplans in diesem Jahr lässt die DB mit Sicherheit wieder ihre Fahrpreise ordentlich steigen. Auf diese Botschaft können sich die Bahnkunden immerhin verlassen.

Die Eisenbahnergewerkschaft EVG befürchtet bereits: Die Infrastrukturtochter der DB „InfraGO“ könnte auch die Trassenpreise massiv anheben, allein für das Jahr 2025 um 16 Prozent im Güterverkehr und um 18 Prozent im Fernverkehr. Das Verrückte daran: Laut EVG liegt es vor allem daran, dass der Bund unter der Ampelregierung das Eigenkapital der Bahn weiter stark aufgestockt habe, damit der Konzern trotz Schuldenbremse mehr Mittel für die Sanierung des Schienennetzes hat.

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn warnt vor einem „Preisschock auf der Schiene“ durch steigende Trassenpreise. Der Verbandsvorsitzende Detlef Neuß rechnet vor, wie stark die Trassenpreise bei der Bahn schon jetzt zu Buche schlagen: Wenn die DB Fernverkehr AG einen ICE von Hamburg nach München auf die Schiene schickt, dann koste sie das insgesamt etwa 17.400 Euro. Darin enthalten seien Energiekosten, Personalkosten, Bereitstellungskosten, Reinigungskosten – und auch der Trassenpreis. Allein der mache im Rechenbeispiel mehr als 10.000 Euro aus, meint Neuß.

Familienticket abgeschafft, dafür gibt’s auch noch kürzere Züge, damit man im Fernzug besser steht als sitzt. Seit dem Sommerfahrplan ab 15. Juni müssen Zugreisende von Dresden und Leipzig nach Frankfurt am Main und Wiesbaden mit weniger Sitzplätzen auskommen. Die DB rangiert die meisten ihrer kurzen, fünfteiligen ICE der Baureihe 415 aus, die bisher mit der siebenteiligen Baureihe 411 zusammengekoppelt fuhren. Laut einem Bahnsprecher werde seit Mitte Juni die Linie von Ost nach West nur mit Einzelzügen der Baureihe 411 betrieben. Damit sind diese Züge mit 250 Sitzplätzen weniger unterwegs. Die Siebenteiler verfügen je nach Bauserie nur über 359 bis 376 Sitzplätze.

Schließlich plant die Bahn, bis zu 21.000 Sitzplätze durch Abbau alter Züge zu streichen. Das Stehen in vollen ICE-Zügen auf den Hauptstrecken durchs Ruhrgebiet, von Hamburg über Berlin nach München oder von Stuttgart über Frankfurt nach Köln gehört für die Fahrgäste der DB ja ohnehin zum Alltag.

Zudem erwarten die Fahrgäste Jahr für Jahr die Dauerbaustellen mit viel längeren Fahrzeiten und Umleitungen. Zum Beispiel erfolgt ab 1. August bis 30. April 2026 erneut eine Generalsanierung auf der ICE-Strecke Hamburg–Berlin mit Vollsperrung und eingeschränktem Zugverkehr. Der Hammer: Die moderne ECTS-Technik, die Züge schneller und ferngesteuert fahren lässt, wird nicht gleich mit verbaut. Schneller machen wir später, heißt es bei der Bahn. Die eigentlich notwendige ECTS-Umrüstung soll erst „in den frühen 2030er Jahren erfolgen“. Wieder eine Dauerbaustelle: Wenn das kein Plan ist, was dann?

Bereits vom 16. August bis zum 14. Dezember 2024 führte die DB umfassende Instandhaltungs- und Erneuerungsarbeiten auf der Strecke Hamburg–Berlin mit einem Fahrzeitplus von 45 Minuten durch.

International sorgt der Staatskonzern auf der Schiene ohnehin bereits für Rufschädigung des Standorts Deutschlands wie bei der Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr.

Nach einer Reihe von SPD-Verkehrsministern (Franz Müntefering, Reinhard Klimmt, Kurt Bodewig, Manfred Stolpe, Wolfgang Tiefensee) und CSU-Ressortleitern (Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt, Christian Schmidt, Andreas Scheuer) murkste zwischendurch auch noch ein FDP-Verkehrslenker (Volker Wissing) am Bahnkonzern herum.

Egal, welcher Bundesverkehrsminister seine Hand über der unpünktlichen Chaos-Bahn hält. Es ist immer das gleiche Bla, Bla, Bla, was daraus folgt. Diesmal regiert wieder ein Ressortchef von der CSU, Patrick Schnieder heißt er. Aber Sie müssen sich den Namen nicht erst merken, der fabuliert dazu: „Pünktlichkeit ist ein Punkt, Sauberkeit, Sicherheit sind andere Punkte. Da müssen wir besser werden.“ Was Sie nicht sagen, Herr Minister. Das hat bis jetzt jeder Ihrer Vorgänger seit mittlerweile gut einem Jahrzehnt beklagt.

Aber Schnieder haut bei seiner Pünktlichkeitskritik mit „nicht zufrieden“ noch einen raus: „Ich wäre sehr froh, wenn wir eine Pünktlichkeitsquote jenseits der 80 oder 90 Prozent erreichen.“ 80 Prozent sind ja auch eine schöne Zielmarke. Kurz, die Hoffnung stirbt zuletzt.

Aber machen Sie sich erst gar keine Hoffnungen, liebe Bahnkunden. Nach Ansicht von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) wird die Bahn ihre Pünktlichkeitsziele niemals erreichen: „Das wird nie passieren.“ Das könne man auch gar nicht erwarten, denn das Schienennetz sei auf Verschleiß gefahren und im Übrigen analog – auf 15 Kilometer langen Abschnitten könne stellenweise nur ein Zug pro Richtung fahren. Im Grunde habe Deutschland eine große Museumsbahn, und das Deutschlandticket ist der Eintritt: „Für 58 Euro deutschlandweit im Museum unterwegs sein, ist doch wunderbar.“ Das juxt ein regierender Mitverantwortlicher in die Welt. Passt zum Gesamtzustand dieses Landes.

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