
Wenn nichts mehr geht – Drogerie geht immer. „Deutsche Drogerie ist ein Exportschlager“, sagt Carsten Kortum, Handelsprofessor aus Heilbronn, gegenüber der FAZ. Und wirklich: Die Drogeriewelt ist in Deutschland noch in Ordnung. Was die Drogerieketten dm, Rossmann und Müller anfassen, wird zu Gold. Wie haben sie das geschafft?
Nehmen wir die Drogeriekette dm. Am bekanntesten ist deren Eigenmarke Balea. Gefragt nach den beliebtesten Marken landete dm in einer Yougov-Umfrage auf Platz zwei – vor Samsung, Lego und Adidas. Tabea Höllger, Handelsfachfrau der Unternehmensberatung Brandtrust, sagt: „Die dm-Eigenmarken schaffen eine emotionale Bindung wie sonst nur große Markenhersteller.“
In der Drogeriewelt steht das Karlsruher Unternehmen mit einem Umsatz von 17,7 Milliarden Euro an der Spitze, das ist eine Vervierfachung seit dem Geschäftsjahr 2006/2007. Etwas weniger als die Hälfte der über 4116 Filialen steht im europäischen Ausland. Noch aktiver im Ausland ist der kaum kleinere Konkurrent Rossmann, der 2024 über einen Rekordumsatz von etwas über 15 Milliarden Euro berichtete – und ein Wachstum im Ausland von fast 19 Prozent. Die Mehrzahl der 4.966 Märkte ist im Ausland. Mit Müller mischt eine weitere deutsche Kette das Ausland auf, mit 364 von insgesamt 947 Filialen. Die Ulmer konnten ihren Nettoumsatz seit 2002/2003 auf 4,6 Milliarden Euro mehr als verdreifachen.
Deutsche Drogerien sind ein Exportschlager. Selbst im Kaukasus finden sich Rossmann-Filialen.
So unterschiedlich die großen drei auch sind – sie haben doch viel gemeinsam. Die Gründer von dm, Rossmann und Müller sind alle Milliardäre geworden. Als Götz Werner 1973 das Unternehmen dm in Karlsruhe gründete, legte er am Anfang noch viel Wert auf einen konservativen Führungsstil, aber beeinflusst von der Anthroposophie Rudolf Steiners. Die Mitarbeiter durften mehr mitreden und sich über eine Gewinnbeteiligung freuen. Seinen Sohn schickte der Vater auf die Waldorfschule. Bis zu seinem Tod 2022 setzte sich der Milliardär für das bedingungslose Grundeinkommen ein.
Auch bei Rossmann hat der Sohn des Gründers, Raoul Roßmann, die Geschäftsführung schon übernommen. Allerdings hat sich der durch seine Ökothriller bekannte Dirk Roßmann noch nicht komplett in den Ruhestand verabschiedet. 1972 gründete der heute 78 Jahre alt Dirk Roßmann die erste Drogerie mit Selbstbedienung. Das US-Magazin Forbes schätzt das Vermögen der Familie Roßmann auf vier Milliarden Euro.
Dirk Roßmann
Bei Drogerie Müller hat bis heute der 92 Jahre alte Erwin Franz Müller die Führung in der Hand. 1953 in der Nähe von Ulm als Frisör gestartet, entwickelte er das Geschäft in den 70er Jahren zu einer Drogeriekette weiter. Heute verkauft Müller in breites Sortiment mit 190.000 Artikeln. Die Ulmer sind vor allem im Spielwaren- und Parfümverkauf erfolgreich. Der Ruf als idyllisches Familienunternehmen hat aber über die Jahre gelitten. Mitarbeiterüberwachung, Erbstreitigkeiten und Steuertricks – Müller geriet immer wieder in negative Schlagzeilen. Sein Vermögen schätzt Forbes auf 2,7 Milliarden Euro.
Was sind nun die Gründe für den großen Erfolg der deutschen Drogerie-Riesen? Die familiäre Bindung der drei Drogerie-Filialketten sieht Johannes Berentzen von der Handelsberatung BBE als Teil des Erfolgsrezepts: „Sie sind keine Börsenkonzerne, können also Gewinne leichter direkt in das Unternehmen reininvestieren.“ Aus seiner Sicht gehören auch die Eigenmarken zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren. dm setzt seit 1986 auf diese Strategie, mehr als die Hälfte des Absatzes geht mittlerweile auf diese Strategie zurück. Johannes Berentzen: „Um neue Kosmetikprodukte auszuprobieren, gehen Menschen gerne in den Laden, auch zusammen mit anderen.“ Dieser Erlebnisfaktor sei in den Drogerien gegeben, im Supermarkt dagegen kaum.
Erlebniswelt Drogerie – eines der Geheimnisse der Drogerie-Milliardäre.
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