
Die Frage nach dem Umgang mit Massenmigration führt immer wieder auch zu Diskussionen über die deutsche Kultur und das Deutschsein an sich: Zuletzt geriet der „ethnische Volksbegriff“ in den Fokus, der vom Verfassungsschutz skandalisiert und als verfassungsfeindlich dargestellt wurde – obwohl er selbst in der Verfassung verankert ist. Aber natürlich ist im Hinblick auf Integration und Assimilation auch die Frage nach der Kultur von entscheidender Bedeutung: Wie gelingt Integration von Zuwanderern, und besonders jene ihrer Nachkommen in die deutsche Kultur? Da stellt sich zuerst die Frage: Wie ist es heute überhaupt um die deutsche Kultur bestellt?
Ein erster Schritt wäre daher eine schonungslose Bestandsaufnahme zeitgenössischer deutscher Kultur: Deutschland, das Land der Dichter und Denker, der Musiker und Komponisten. Mozart, Beethoven, Goethe und Rilke, das war einmal und lebt heute noch als museale Kultur fort.
Aber wie sieht es aktuell in kultureller Hinsicht aus?
Musik und Film sind wohl heute die wichtigsten kulturellen Ausdrucksformen. Und da muss man feststellen, dass Deutschland die USA in allen wesentlichen Bereichen hemmungslos kopiert. Da ist so wenig Eigenes wie sonst in keinem Land in Europa.
Überall gibt es eine eigenständige, von der eigenen Kultur geprägte Popmusik. In Indien hört man indische, in afrikanischen Ländern entsprechende Popmusik. In Deutschland hingegen dominiert US-Popmusik, deutsche Ableger kopieren häufig Stil und Habitus.
Es gab in den 80er Jahren tatsächlich eine eigenständige deutsche Popmusik. Die Neue Deutsche Welle. Trio gab mit ihrem neodeutschen Dadaismus den Ton an und viele folgten. NEU war das allemal, interessant und aufregend, dieser deutsche Krautrock. Die westliche Welt vermerkte plötzlich: Das ist NEU, das ist ein KRAFTWERK, das ist interessant. Brian Eno und David Bowie kamen nach Berlin, um zu lernen. Aber schlagartig implodierte nach wenigen Jahren das musikalische deutsche Selbstbewusstsein und gab sich freiwillig auf und der US-Popmusik hin.
Heute sind international einzig die gewaltigen Schockrocker Rammstein von Bedeutung, was wiederum auch einiges aussagt.
Der Islam spielt im Araber-Rap interessanterweise keine Rolle. Wer sich unter den deutsch-arabischen jungen Leuten umhört, stellt fest, dass sie sich nur formal zu einem Islam bekennen, von dem sie in der Regel kaum Ahnung haben.
Allerdings spielt in den Texten das Opfernarrativ eine große Rolle, das spiegelbildlich perfekt zum antirassistischen Täter-Narrativ der woken Klasse passt.
Wenn man dies mit jungen Asiaten vergleicht, sieht man schnell, dass es dort um Leistungswillen und Aufstieg geht. So unterscheiden sich die kulturellen Prägungen der einwandernden Kulturen erheblich.
Techno ist tatsächlich ein Musikstil, der unter deutscher Beteiligung groß geworden ist. Das typische an der Computermusik ist ihre komplette Internationalität ohne einen Aufsatz auf die historisch gewachsene eigene Musikkultur. Und genau das macht den deutschen Techno aus: Er ist als deutscher Techno nicht erkennbar.
Die woke deutsche Filmförderung und die diversen deutschen Filmchen, die dabei herauskommen, sind uninspiriert, in aller Regel totlangweilig und vorhersehbar. Das Deutsche an den deutschen Filmen ist die besonders verbissene Übernahme woker Regeln und politisch korrekter Vorgaben.
Kreative neue Serien kommen auch hier wiederum aus den USA. Aus Deutschland kommt humorbefreite Vergangenheits- und Gegenwartsbewältigung. Geld gibt es für Ökokitsch, Anti-Rassismus, Gender, und derlei autoritäre Opfer-Ideologien.
Ähnlich wichtig für die Kultur wie Musik und Film ist das Essen. Das Lieblingsessen der Deutschen oszilliert zwischen Kebab, Pizza und Spaghetti. Wer sagt, dass es in Deutschland die beste Kalte Küche der Welt gibt, wird angeschaut, als ob er nicht alle Tassen im Schrank hätte.
Aber wo gibt es das sonst, diese Vielfalt von Brot und Bier, diese Vielfalt von Wurst und Käse, diese Vielfalt von Kaffee und Torte und Kuchen. Nirgends auf der Welt gibt es dies. Und der deutsche Michel ist nicht stolz darauf, es ist ihm peinlich.
Warum ist die deutsche Gegenwartskultur so schwach?
Alle zeitgenössischen Kulturen der Welt bauen auf ihren historischen Wurzeln auf und mischen diese mit der überregional dominanten Kultur. Die Germanen mischten ihre Kultur mit der römischen, die Europäer mischen heute ihre traditionelle Kulturen mit der prägenden US-amerikanischen. Dies haben sich die Deutschen aufgrund ihrer Vergangenheit versagt. Statt deutsche Volkslieder zu singen oder neue zu schaffen, singt man nun lieber den Refrain eines US-Hits, den man nicht versteht, oder man singt gar nicht mehr. Eine der absurden Folgen fehlgeleiteter Vergangenheitsbewältigung.
Damit bringt man natürlich auch außereuropäische Einwanderer in ein Dilemma. Sie kennen die deutsche Kultur aus ihrer Heimat als eine starke. Vor Ort sehen sie sich plötzlich in der Realität mit einem äußerst schwachen US-Kultur-Imitat konfrontiert, das sich auch noch wesentlich über Schuld definiert. Wer will sich da schon hinein integrieren? Da bleiben die Einwanderer lieber bei ihrer Ursprungskultur. Auch das ist ein Grund für Parallelgesellschaften.
Solange die Wirtschaft stark ist, funktioniert eine solche Konstruktion. Wenn dies aber nicht mehr der Fall ist, stellt sich die Frage, worauf die Gesellschaft gründet, was sie zusammenhält? Die Antwort ist sicher nicht eine imitierte US-Kultur, ein abstraktes Grundgesetz oder gerade aktuelle woke Regeln, die der Gesellschaft von einer „Elite“ aufgedrängt werden.
Ironischerweise importiert die woke Klasse Kulturen, die in so krassem Gegensatz zu ihrer eigenen Moral steht, dass selbst die AfD links wirkt. Refugees welcome, das heißt: Patriarchat, Antifeminismus, Anti-LGBTQ, Antisemitismus. Das scheint die herrschende woke Klasse noch nicht bemerkt zu haben. Wenn in Zukunft die arabisch-muslimische Mehrheit mit deutscher Staatsbürgerschaft die Herrschaft über die Städte ergreift, wird man schnell keine blauhaarigen, nasenberingten, schwule oder lesbische Pärchen auf den Straßen mehr finden. Houellebecq hat den Weg in seinem Buch Unterwerfung vorgezeichnet. In Deutschland wird diese Unterwerfung am schnellsten und am radikalsten sein, denn Deutschland hat die schwächste Gegenwartskultur, da hilft dann kein Goethe und Schiller aus dem Museum.
Dass sich Einwanderer nach der heutigen deutschen Leitkultur richten, ist eine irrige Vorstellung. Eine deutsche Leitkultur wird nur erfolgreich sein, wenn sie so faszinierend und erstrebenswert ist, dass einfach jeder ein Teil davon sein möchte.
Die USA etwa überzeugen die Einwanderer mit dem Stolz auf ihre Nation. America first klingt dort normal und nicht nationalistisch.
Hat sich Westdeutschland 80 Jahre lang amerikanisiert, war das in der DDR natürlich nicht der Fall. Prinzipiell sind die Ostdeutschen kritischer gegenüber der herrschenden ökowoken Ideologie. Sie sagen, derlei autoritäre Belehrungshaltung hätten sie schon erlebt, und der Bedarf nach einer Wiederholung sei äußerst gering.
Wer nun aber denkt, dass aus Ostdeutschland bei einer geringeren Amerikanisierung in den letzten 30 Jahren eine eigenständige deutsche Kultur hervorgegangen sei, der täuscht sich. Weder in der Musik noch im Film ist erfrischend Neues, Unideologisches zu sehen.
Warum? Das akademische Establishment des Ostens ähnelt dem woken Kulturbetrieb des Westens. Nur in der nichtakademischen Mittelschicht im Osten werden deutliche Unterschiede sichtbar.
Das Land der Dichter und Denker, das heute die Welt prägt, sind im guten wie im negativen Sinne die USA. Der woke Wahn als bestimmende Geisteshaltung stammt aus den USA. Die postkoloniale Theorie, die die Auswirkungen des Kolonialismus problematisiert, ebenfalls.
Die deutschen Postkolonialisten könnten dies ironischerweise zuerst an sich selbst kritisieren. Sind sie doch einfach eine koloniale Außenstelle der postkolonialen US-Theorie. In der „Dekolonisierung des Denkens“ könnte also erst einmal Kritik daran geübt werden, dass US-amerikanische Perspektiven (Sprache, Wissen, Musik, Film) die gesamte deutsche Kultur bis zur Unkenntlichkeit kolonialisiert haben.
Wobei man hier beobachten kann, dass Kolonialisierung keineswegs immer mit Zwang verbunden sein muss. Vielmehr erbitten schwache Kulturen offensichtlich oft ihre Kolonialisierung durch starke Kulturen, um an deren Stärke teilhaben zu können.
Was tun? Die herrschende ökowoke Kaste wird ihre Erbhöfe mit Zähnen und Klauen verteidigen. Es hilft also nur die Graswurzelstrategie, die die Grünen und die Linken seit Jahrzehnten erfolgreich betrieben haben: Der Marsch durch die Institutionen und wie weiland die Hippiebewegung, die Schaffung einer Kultur von unten gegen das Establishment. Das Entscheidende dabei ist, zu den Wurzeln zurückzukehren, diese aber neu und entsprechend unserer Zeit zu interpretieren.
Heute ist die einzige Musik, die das Volk noch selbst macht, neben den Chören die Blasmusik der Musikvereine. Es gibt tausende Musikvereine und zehntausende Musiker. Aber diese starke und einzigartige Musikkultur findet in den Medien kaum statt oder wird durch die Blume als lächerlich und hinterwäldlerisch abgewertet.
Zumindest sind volkstümliche Musik und der Schlager im Fernsehen nach wie vor beliebt, vor allem bei der unteren Mittelschicht, die doch traditionell gern etwas Deutsches hört. Diese Schicht ist von der ökowoken „Elite“ noch am wenigsten beeinflusst.
Wirkliche Volksmusik ist in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen in Bayern, im Erzgebirge, nicht existent. Hier sei zur Ehre Bayern Heimat genannt, ein Sender, der ein breites Spektrum von bayerischer Volksmusik anbietet, das von traditionellen Klängen bis hin zu deren moderner Interpretation reicht. Davon bräuchte es mehr.
Wenn ich beim Stamm der Batak auf Sumatra am Lake Toba sitze und mit ihnen bayrische Volksmusik auf Bayern Heimat höre, hat das schon einen ganz eigenen Reiz: Die Menschen sind begeistert, wie sie es überall in der Welt sind, wenn ich den Sender einspiele. Also: An Attraktivität fehlt es deutscher Kultur nicht, aber an Präsenz und Pflege.
Wer jedoch als Nation nicht von seiner eigenen Kultur überzeugt ist, hat keinen Boden, auf dem er sicher stehen kann, und er kann anderen seine kulturellen Werte natürlich auch nicht vermitteln. Ein Wandel, der an dieser Stelle neues Selbstbewusstsein propagiert, kann nicht von oben verordnet werden. Es liegt an uns: Schicken Sie Ihr Kind in den Musikverein!