
Die Pleite des Batterieherstellers Northvolt ist der vorläufige Tiefpunkt der grünen Transformation. Wieder einmal zeigt sich, dass sich Wirtschaft nicht am Reißbrett planen lässt. Ob die Politik eine Lehre aus dem Debakel zieht, muss bezweifelt werden.
Zentral gesteuerte Politik lebt vom Erfolg ihrer Leuchtturmprojekte. Als Peter Carlsson und Paolo Cerutti – zwei ehemalige Tesla-Manager – im März 2017 die Pläne für eine „grüne Gigafactory“ zur Produktion von Lithiumbatterien in Europa präsentierten, war die Politik längst mit an Bord. Man witterte im Falle von Northvolt einen schnellen Etappensieg für die fußlahme grüne Transformation. Auch die Lage am Markt für Elektroautomobile hatte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht verdüstert und an Dynamik eingebüßt.
Das Projekt klang vielversprechend: Als Pionier in der Branche entwickelte Northvolt die erste Batterie mit vollständig recyceltem Nickel, Mangan und Kobalt – es sollte ein Meilenstein sein auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft. Die prismatische Bauweise der Zellen bietet eine hohe Energiedichte bei kompakter Form und ist damit besonders geeignet für den Einsatz in Elektrofahrzeugen. Damit positionierte sich Northvolt als Vorreiter einer solchen Zellfertigung in Europa.
Man träumte vom ersten zentralen Baustein einer hochmodernen, europäischen Wertschöpfungskette im Bereich der E-Mobilität. Auch Deutschland war mit an Bord. Für den Produktionsstandort Heide in Schleswig-Holstein standen ganz unbürokratisch Fördermittel in Form einer Wandelanleihe der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Höhe von 600 Millionen Euro zur Verfügung. Land und Bund übernahmen jeweils zur Hälfte die Bürgschaft für den Betrag.
Northvolt war als Aktiengesellschaft mit Sitz im schwedischen Stockholm gelistet. Etwa 4,5 Milliarden Euro an Investitionskapital, überwiegend durch private Investoren aufgebracht, sind mit der Firmenpleite in Rauch aufgegangen. Es war nicht zuletzt das medienwirksame Engagement der Politik, die öffentlichen Bekenntnisse zur Firma sowie die hohen Bürgschaften, die Investoren ganz offensichtlich die Sicht vernebelten. Und selbst als klar wurde, dass Northvolt am Markt nicht Fuß fassen würde, zog die Politik nicht die Notbremse, sondern sprang Anfang 2024 mit weiteren Subventionen in Höhe von 700 Millionen Euro erneut in die Bresche.
Der damalige Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) übte sich in Zweckoptimismus: „Schon viele andere Unternehmen haben eine Restrukturierung gemacht und sind danach erfolgreich an den Markt zurückgekehrt. Die Chance besteht durchaus, dass Northvolt sich neu aufstellt, sich saniert und die Gelder erhalten bleiben.“ Wie man sich irren kann! Wirtschaft lässt sich wohl doch nicht so leicht am Reißbrett planen, wie man sich das in den Zirkeln der Zentralplaner in Berlin und Brüssel vorstellt. Wer zwischen den Zeilen liest, kann durchaus Zweifel aus ihnen ableiten. Wusste man in Berlin Bescheid über den beinahe sicheren Niedergang zum Zeitpunkt der zweiten Finanzierung?
Die Politik zeigte keinerlei Bereitschaft, den einmal eingeschlagenen Kurs zu ändern. Robert Habeck ist dabei ein spezieller Fall. Der ehemalige Minister kultivierte in seiner Zeit in Berlin eine bemerkenswerte Abkehr von der ökonomischen Realität. Als klar wurde, dass Habeck bei Northvolt wieder einmal danebenliegen würde, man denke an die Pleite des ebenfalls geförderten Flugtaxi-Start-ups Lilium, zog dieser sich als schlechter Verlierer auf seine Paraderolle des trotzigen Besserwissers zurück.
Beinahe dreist seine Reaktion auf Kritik, wenn es um den verantwortungslosen Umgang mit öffentlichen Geldern geht: „Es ist ja nicht ihr Geld, sondern das von uns allen, das da gerade im norddeutschen Watt versickert.“ Habeck ist ein unbelehrbarer Ideologe, der fest an die Steuerbarkeit komplexer ökonomischer Systeme glaubt. Auf jedes Subventionsdebakel folgte stets die Exkulpation seiner Maßnahmen mit dem Totschlagargument des Klimaschutzes. Eine deutsche Trotzhaltung, die weltweit zunehmend belächelt wird.
Doch der hohe Einsatz der Politik war (wieder einmal) an der Faktizität der Märkte gescheitert. Hohe Kapitalkosten und die schwierige Finanzierungssituation führten dazu, dass wichtige Investitionsrunden scheiterten und das Unternehmen im November 2024 Gläubigerschutz beantragen musste. Parallel dazu belasteten Qualitätsprobleme und Produktionsschwierigkeiten die Wettbewerbsfähigkeit, was zum Rückzug großer Kunden wie BMW führte.
Das Aus der E-Auto-Förderung sowie die generell schwache Nachfrage nach Elektroautos verschärften die Lage weiter, bis der Verlust des letzten großen Kunden Scania im Frühjahr 2025 die Batteriezellproduktion endgültig unrentabel machte. Die Insolvenz des Mutterkonzerns in Schweden im März war da die zwangsläufige Konsequenz, während die deutsche Tochter formal unabhängig bleibt und der Bau in Heide derzeit noch nicht gestoppt wurde.
Das Pleiteprojekt liegt damit auf dem Tisch der neuen Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und ihrem Kollegen Claus Ruhe Madsen (ebenfalls CDU) aus Schleswig-Holstein. Der verteidigte die Förderbürgschaften für Northvolt noch im Januar und hob die strategische Bedeutung des Projekts hervor. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich der Bund zu einem weiteren Engagement in Heide durchringen wird. Eine neuerliche Kreditbürgschaft, finanziert von der KfW, verlöre sich im geplanten, billionenschweren Investitionsprogramm der Regierung von Kanzler Friedrich Merz beinahe unbemerkt.
Northvolt war nie ausschließlich ein Industrieprojekt – es war das Symbol einer öko-ideologischen Zentralsteuerung, die auf sandigem Kredit gebaut war. Nun liegt das Vorzeigeunternehmen der grünen Planwirtschaft in Trümmern, doch die politischen Reflexe bleiben dieselben: mehr Geld, mehr Durchhalteparolen. Es bleibt eine Illusion zu glauben, man könne effiziente Wertschöpfungsketten per Förderbescheid aus dem Nichts herbeizaubern. Das ist Voodoo-Ökonomie, marktfremd, zum Scheitern verurteilt. Am Ende zahlt der Steuerzahler immer die Zeche. Und diese summiert sich auf viele Hundert Milliarden Euro allein in den letzten zehn Jahren.
Die Beratungsfirma McKinsey schätzt die Kostensteigerung für Privathaushalte, die im Zuge der Energiewende in diesem Jahr anfallen werden, auf 335 Euro. Das klingt undramatisch, kumuliert sich aber über die Jahre zu einer stattlichen Summe. Hinzu kommt die zuletzt wieder gestiegene Steuerlast, die zu einem großen Teil der Sozialwirtschaft zugutekommt, die den Kollateralschaden der grünen Transformation zu schultern hat. Deutschland befindet sich in einer ökonomischen Abwärtsspirale. Bei einer seiner Drehungen um die eigene Achse ist nun Northvolt aus der Bahn geflogen.