
„Ich bin der festen Überzeugung, dass die russischen Streitkräfte aus diesem Krieg gestärkt hervorgehen werden“, sagte Mais. Es sei ein weit verbreiteter Irrtum im Westen, den hohen Blutzoll und die Verluste der russischen Armee als Zeichen von Schwäche zu deuten. „Für Russland spielen Verluste an Menschenleben keine Rolle“, so der Generalleutnant. Stattdessen habe Moskau seine militärischen Kapazitäten in beispiellosem Tempo ausgeweitet.
Mais nennt dazu konkrete Entwicklungen: Die russische Wehrpflicht wurde von einem auf zwei Jahre verlängert, jährlich werden 200.000 Wehrpflichtige eingezogen, die Truppenstärke wurde auf 1,5 Millionen Soldaten erhöht. „Das ist nichts anderes als die Vorbereitung auf eine großmaßstäbliche konventionelle Auseinandersetzung mit dem Westen“, warnte er.
In der Talkrunde zeichnete der Heereschef ein dramatisches Bild: „In jeder Talkshow in Moskau wird abends darüber gesprochen“, sagt Mais über die Kriegsbereitschaft Russlands. Der Westen hingegen wirke unentschlossen: „Die Wüste brennt, und wir diskutieren, ob wir die Feuerwehr mit Reifen ausstatten oder weiter mit einem Eimer löschen sollen“, kritisierte er sinnbildlich die politische Trägheit in Europa.
Unterstützung bekam Mais von Ben Hodges, dem früheren Oberkommandierenden der US-Streitkräfte in Europa. Auch Hodges betonte: „Die beste Investition in unsere Sicherheit ist es, der Ukraine zu helfen, Russland zu besiegen.“ Sollte die Ukraine scheitern, warnte Hodges, würde Moskau in wenigen Jahren seine Armee restrukturieren und auch ukrainische Soldaten zum Dienst in der russischen Armee zwingen.
Die Statements bei Illner waren ein klarer Appell an Politik und Gesellschaft, die sicherheitspolitischen Realitäten anzuerkennen. Die Vorstellung, dass Russland durch den Krieg geschwächt und langfristig isoliert sei, wird von hochrangigen Militärs zunehmend infrage gestellt. Stattdessen wächst die Sorge, dass Europa sich auf ein gefährlicheres Russland einstellen muss – eines, das aus dem Ukraine-Krieg gelernt hat und strategisch aufrüstet.