Deutschland auf dem Weg in den Süden

vor etwa 5 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Gemeinsam sind wir stärker. SPD und CDU gemeinsam haben die finanzpolitische Solidität abgeschafft. Monsterschulden von 850 Milliarden bis zum Ende der Legislaturperiode – dafür haben diverse Vorgängerregierungen 45 Jahre gebraucht, nämlich von 1950 bis 1995. Jetzt schaffen die das in vier Jahren – na, wenn das mal kein Rekord ist. Und das trotz mörderischer Hitze, die man damals in den weniger verschuldeten Zeiten Sommer, Steigerungsform „Hochsommer“, nannte.

Stellt sich die Frage: wo wurde denn gespart? Gerade wird ein komplett neues, zusätzliches Ministerium aufgebaut; schnell mal 208 Stellen für Ministerialbeamte in Berlin neu geschaffen. Der Bundestag gönnt sich eine Diätenerhöhung von derzeit 5,3 Prozent oder 605 €; übrigens: Erhöhung gibt’s jetzt automatisch. „Skala mobile“ nennt man das in Italien, die automatische Anpassung an Inflation. Ist in Deutschland eigentlich verboten – nur nicht für feine Abgeordnete. Man gönnt sich ja sonst nichts bei der ganzen Sparerei. Beim Bürgergeld wurde und wird nicht gespart, obwohl das ein zentrales Wahlkampfthema war. Wahlkampfversprechen ist neuerdings das Gegenteil von Regierungshandeln. Verzweifelt hält die SPD daran fest, vier Millionen Erwerbsfähigen die Erwerbslosigkeit zu finanzieren. Wer noch arbeitet, ist der Dumme. 850 Milliarden Neuverschuldung – dafür haben die Vorgängerregierungen von 2014 bis 2024 gebraucht, also 10 Jahre. Wie gesagt, wir steigern uns beim Kaputtsparen. Es geht immer schneller: mehr Geld für immer weniger Staatsleistung.

Übrigens: Die Steuereinnahmen haben sich seit dem Jahr 2009 annähernd verdoppelt. Verdoppelt! Hat sich ihr Nettoeinkommen auch verdoppelt? Wenn Sie nicht gerade ein Glückspilz oder Abgeordneter sind – dann eben nicht.

Wer heute durch eine deutsche Großstadt fahren will, steht. Jedenfalls vor riesigen Baustellen, mit Hilfe derer Straßen rot lackiert werden. Oder grün, oder in einer abwechslungsreichen Mischung. Dabei geht es um Fahrradspuren – während die Brücken für Fahrräder und Autos gleichermaßen gesperrt werden. Wir satteln um. Man nennt es mit Lars Klingbeil „kaputtsparen“. Bahn und Lufthansa folgen und streichen Flüge, Züge, Sitzplätze. Deutschland ist auf dem Weg in die Rikscha-Kultur der Lastenfahrräder, die Indien gerade hinter sich lassen will. Weniger Mobilität – ist das „kaputtsparen“?

Wurde wenigstens die Bundeswehr kaputtgespart? Auch da sagt der Bundesrechnungshof, eine der letzten Behörden der man noch Gehör schenken sollte, bis der derzeitige, sehr mutige Chef endlich in den Ruhestand verabschiedet wird: Der Bundesrechnungshof bemängelt eine übermäßige Bürokratie, ineffiziente Personalstrukturen und fehlende Priorisierung der Kernaufgaben. So wurden beispielsweise 2.500 zusätzliche Verwaltungsstellen geschaffen, während gleichzeitig 20.000 Soldaten in der Truppe fehlen. Es ist zwar bloß Geld, würde Robert Habeck sagen …

… aber „Geld allein reicht nicht“, so die Schlussfolgerung des Rechnungshofs; es versickert in Beraterverträgen, Bürokratie und Fehlkäufen, so das Fazit.

Die Zinsausgaben des Bundes steigen von 37,5 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 61,9 Milliarden Euro im Jahr 2029 an. Dies entspricht einer Steigerung von etwa 65 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Klingbeils Nachfolger wird bereits 10 Prozent des gesamten Haushalts für Zinsen aufwenden müssen. Sparen müssen also dann die Nachfolger. Und während man Brücken zerbröseln lassen kann bis zum Einsturz – Banken kennen keine Gnade. Da muss geliefert werden, und zwar Geld mit dem Lastwagen, nicht mit dem Lastenfahrrad.

Lars Klingbeil träumt den Traum der Sozialdemokratien, dass mehr Staat mehr Wirtschaft bedeutet. Mehr Schulden bringen mehr Wachstum. Wachstum, das die Schulden *Simsalabim* verschwinden läßt. Eine schöne Hoffnung. Es hat nur noch nie geklappt. Es läuft so eher nach der Methode Habeck: Unter großem Getöse werden 650 Millionen in eine Batteriefrabrik gesteckt, die nie richtig arbeitet, sondern Pleite macht. Das Geld ist weg, die Schulden bleiben, die Zinsen wachsen. Jahr für Jahr. Oder die Milliardensubventionen für grünen Stahl. Er läuft nicht, der grüne Stahl, das Geld ist weg, die Schulden bleiben, die Zinsen wachsen. Jahr für Jahr. Oder für Bürgergeld, Migration: Das Geld ist weg, die Schulden bleiben, die Zinsen wachsen. Jahr für Jahr. Statt Fachkräften kommen eben neue Sozialstaatsbewohner. Und auch wenn Lars Klingbeil jetzt Ländern und Kommunen 100 Milliarden schenkt etwa für den Bau von Sportplätzen: Das Geld ist weg, die Schulden bleiben, die Zinsen wachsen, die Unterhaltskosten steigen. Sportplätze sind toll, aber keine Investition, die sich mehrfach zurückverdient.

Senkung von Energiepreisen für Unternehmen? Gute Idee. Aber nicht der Strom wird billiger, er wird nur subventioniert, vom Rest der Bevölkerung. Arbeitnehmer zahlen Steuern dafür, dass ihre energieintensiven Arbeitsplätze etwas niedrigere Energiekosten bezahlen und vielleicht, hoffentlich, wenigstens ein Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt. Auch hier gilt: Das Geld ist weg, die Schulden bleiben, die Zinsen wachsen.

Klingbeil deutet in versteckten Nebensätzen an, wo er noch mehr Geld auftreiben will, um wenigstens die Zinsen „zurückzuzahlen“, wie er es nennt: Aus der Pflege-und Rentenversicherung. Das sind nun genau die Bereiche, in denen von den Bürgern Beiträge kassiert wurden, um so für Alter und Pflegebedürftigkeit vorzusorgen. Beiträge zur Sozialversicherung übernimmt der Staat gewissermaßen treuhänderisch: Jeder, und zwar jeder Beitragsleistung soll eine entsprechend höhere Gegenleistung gegenüberstehen. Leider nur so ungefähr und irgendwie – längst geht die Rechnung nicht mehr auf. Denn die Sozialversicherungskassen sind der Verschiebebahnhof, aus dem der Staat nach Belieben Geld absaugt: für hübsche Geschenke wie Frühverrentung für einige Glückliche, für die Krankenkasse von Niemals-Beitragszahlern, die als Migranten kommen oder sich ins Bürgergeld zurückziehen. Zehn Milliarden Euro müssen allein die Krankenkassen jedes Jahr für die Versorgung von Empfängern des Bürgergelds bezahlen. 2,6 Milliarden Euro gibt der Bund nun zurück. Als Kredit.

Übrigens: Im Club Med aus Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland gibt es, gemessen am letzten Arbeitseinkommen, bis zu doppelt so hohe Renten. Nirgendwo sind geringe Leistungen so teuer wie im früheren Sozialstaat Deutschland. Längst sind die Sozialbeiträge, die zu individuellen Rentenleistungen führen sollen, nur eine getarnte Steuer – über Steuern kann der Staat nach Belieben verfügen. Man kann den Vorgang auch mit Diebstahl vergleichen. Zusammen mit Steuern erreichen die Sozialbeiträge neue Rekordwerte, die kritische Grenze von 46 Prozent.

46 Prozent sind der Punkt, das zeigen viele Studien und Erfahrung, ab dem wirtschaftlicher Schaden größer wird als der Nutzen für den Staat: Noch höhere Steuer- und Beitragssätze lassen die Einnahmen schrumpfen, statt steigen. Ganz einfach: es sind Kosten für die Unternehmen, die damit abgewürgt werden, und für den Arbeitnehmer lohnt es sich nicht mehr, sich anzustrengen. Unternehmen und Fachkräfte überlegen, ins Ausland zu gehen oder Steuervermeidungsstrategien zu nutzen. Die Folge sind Wachstumsschwäche, Fachkräftemangel und Investitionszurückhaltung.

Genau an dieser Grenze operiert Lars Klingbeil jetzt. Das Geld ist weg, die Schulden bleiben, die Zinsen wachsen, und zwar schneller als die erhofften Steuermehreinnahmen durch den – nur sprachlich phantasievollen – „Investitionsbooster“. Er könnte es besser wissen. Wir erinnern uns noch an den Wumms und Doppelwumms von Olaf Scholz; auch schon dreistellige Millardenschulden, die mit großem Wumms verpufft sind.

Was Deutschland bräuchte, wäre eine Entlastung von Energiekosten durch die Reaktivierung preiswerter Kraftwerke statt Stromsubventionen. Entlastung der Werktätigen statt der Förderung von Arbeitslosigkeit. Niedrigeren Steuern, damit sich wirtschaften wieder lohnt.

Aber das wäre weniger Staat, weniger Beamte, weniger Regelung, weniger SPD, weniger CDU – denn in jeder zur Staatswirtschaft umgebauten Wirtschaft sind es Parteifunktionäre, die gebraucht werden, um den Laden komplett kaputt zu hauen.

Im Sommer 2025 ist Deutschland auf der Reise in den Süden. Nach Italien, Griechenland, Spanien und Portugal oder wenigstens nach Frankreich. Es sind alles Staaten, deren Staat sich ständig ausdehnte, deren Schulden wuchsen und wachsen und deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zurückblieb – hinter der des kaputtgesparten und auf diese Weise erfolgreichen Deutschlands. Aber das soll sich ja jetzt ändern.

Auf Schulden lebt es sich ja bestens, solange es Kredit gibt, wer weiß das nicht. Und Lars Klingbeil, typischer Vertreter der politischen Generation „Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal“ am allerbesten. Im Club Med wissen sie es längst und spüren derzeit, dass es so nicht weitergeht

Aber an der Klingbeil-Grenze zählen nicht ökonomische Argumente, sondern politische. Alles andere ist Abweichung von der „Mehrheitsmeinung“, die jetzt angeblich höhere Schulden gegen das Kaputtsparen fordert. Damit werden wohl die Spitzen-Polizisten dieses Landes künftig beschäftigt: Internet-Postings zu verfolgen. Das Vergehen, so das vom Innenministerium des Landes Hessen geförderte Denunzianten-Organisation „Hessen gegen Hetze“, ist „Abweichen von der Mehrheitsmeinung“. Und das funktioniert so: HessenGegenHetze meldet an eine Spezialeinheit des Bundeskriminalamts aus ihrer Sicht verdächtige Meinungsäußerungen, und dann setzt sich die Maschinerie dieses Landes mit Polizei, Staatsanwaltschaft und insgesamt neun Behörden in Gang. Hausdurchsuchungen sind häufig, aber zwecklos: Die Beamten könnten von ihren bequemen Sesseln aus verfolgen, wer welche abweichende Meinung veröffentlicht. Eigentlich. Aber wie in der guten alten Gutenberg-Zeit suchen sie nach den Druckerpressen, heute Handys genannt. Hausdurchsuchung ist sinnlos, aber schüchtert ein. Das ist der Zweck der neuen Staatsgewalt.

Aber das würden sich wohl weder Griechen, noch Italiener, und die Franzosen schon gar nicht gefallen lassen. Insofern sind wir zwar jetzt auch Mitglied im Club Med. Aber unserer hat Gitter und Handschellen statt Mauschelgeld.

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