Deutschland hat Angst vor den Falschen

vor etwa 7 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Vieles versteht man am besten durch ein Gleichnis. Stellen wir uns also einen Mann vor, der an einer schmalen Straße wohnt. Jeden Tag muss er auf dem Weg zur Arbeit die Fahrbahn überqueren.

Er steht also täglich am Straßenrand. Er schaut erst nach links, dann nach rechts, dann wieder nach links – so, wie wir es gelernt haben. Kein Auto zu sehen. Er geht los, da rast von rechts ein Fahrzeug heran und erfasst ihn. Unser Mann wird schwer verletzt.

Aber er überlebt. Irgendwann kommt er aus dem Krankenhaus und ist wieder gesund. Er will wieder arbeiten gehen, also steht er irgendwann auch wieder am Straßenrand. In seinem Gehirn hat sich fest eingebrannt, von wo damals die Gefahr kam. Also schaut er diesmal starr nur nach rechts.

Da kommt ein Lkw von links und überfährt ihn.

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Nach dem Gleichnis wollen wir eine kleine Geschichte erzählen. Sie spielt an zwei Schauplätzen. Der eine heißt Königswinter, das ist ein beschaulicher Ort mit 41.000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen – genauer im Rhein-Sieg-Kreis, ganz in der Nähe von Bonn.

Der ansässige Ortsverband der „Linken“ wirbt hier zur kommenden NRW-Kommunalwahl am 14. September 2025 mit diesem Plakat:

Das lassen wir jetzt erstmal so stehen und gehen zum anderen Schauplatz: Gelsenkirchen.

Das liegt ebenfalls in NRW, auch hier wird also am 14. September gewählt. Die alte Bergarbeiterstadt ist die Heimat von Schalke 04 und quasi das Zentrum des Ruhrpotts. Den nannte man mal völlig zurecht die „Herzkammer der SPD“. Bei der Bundestagswahl 1972 holten die Sozialdemokraten hier satte 65,5 Prozent der Zweitstimmen.

Doch wie die selige Hildegard Knef einst sang: Von da an ging’s bergab.

Bei der Bundestagswahl 2009 fiel die SPD erstmals unter 50 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2025 gewannen die Sozialdemokraten zwar noch knapp das Direktmandat, bei den Zweitstimmen wurden sie aber vom Spitzenplatz verdrängt: Sie bekamen nur noch 24,1 Prozent. Die siegreiche AfD lag mit 24,7 Prozent vor ihnen.

Jetzt hat der Gelsenkirchener SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Töns der Zeitung „Die Welt“ ein Interview gegeben. Darin sagt er den Satz: „Wir sind hier auf einem Schlachtfeld der Demokratie.“

Töns meint das so, wie er es sagt: Der Mann sieht sich an vorderster Front in einem Krieg zur Verteidigung der Demokratie. Von wo die freiheitliche Gesellschaft angegriffen wird, steht für ihn außer Frage: von rechts.

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Es gehört zu den unbestreitbaren Leistungen des grün-linken polit-medialen Komplexes in der Bundesrepublik, dem Land erfolgreich eine bizarre Sprachverwirrung übergestülpt zu haben:

Und genauso, wie es in den 1950er-Jahren vergleichsweise einfach war, die amorphe Masse gegen „Schwule“ zu mobilisieren, so ist es heute einfach, den zeitgenössischen Typus des deutschen Mitläufers gegen „Rechte“ auf die Straße zu bringen.

Das geht inzwischen sogar noch leichter als damals: Weil den interessierten Kreisen für diese Mobilisierung mittlerweile nahezu unbegrenzte Mittel aus der Staatskasse zur Verfügung stehen; weil weisungsgebundene Behörden und ideologisierte Richter das Vorhaben stützen; und weil die zwangsgebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Anstalten selbst frei erfundene Vorwürfe wie die Potsdamer Lügengeschichte von „Correctiv“ als Tatsachen verkaufen.

Natürlich gibt es Deutschland, wie überall auf der Welt, auch ein paar echte Rechtsextremisten. Es gibt ein paar gewaltbereite Staatsfeinde, rassistische Menschenfeinde und militante Nationalisten mit imperialen Eroberungsfantasien. Etwa 15.300 „gewaltorientierte Rechtsextremisten“ zählt der jüngste Verfassungsschutzbericht. Sind das viele? Und sind die, die es gibt, für ein 84-Millionen-Volk mitten in Europa wirklich irgendeine Bedrohung?

Die Antwort ist: nein.

Nirgendwo auf dem Kontinent droht ein rechter Umsturz, schon gar nicht in Deutschland. Auch die Reichsbürger mit ihrem Rollator-Putsch würde eine souveräne Demokratie nicht ins Gefängnis stecken, sondern höchstens in die Psychiatrie. Und wie Ex-BILD-Chef Julian Reichelt völlig richtig sagte:

Die Wähler der AfD wünschen sich nicht Adolf Hitler zurück, sondern Helmut Kohl.

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Statt mit der AfD könnten sich besorgte Omas dann doch lieber mit der Erst-SED-dann-PDS-dann-„Linke“ beschäftigen. Wer nach echten Gewaltfantasien, echten Gesetzesverstößen und echten Umsturzplänen sucht, wird dort schnell fündig.

Unser Grundgesetz garantiert das Recht auf Privateigentum, auf Berufsfreiheit, auf Vertragsfreiheit und auf freie Preisgestaltung. Das sind die unabänderlichen Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft.

Die „Linke“ will diese Wirtschaftsordnung abschaffen. Der weiter oben erwähnte Aufruf zu Enteignungen auf dem Wahlplakat des Ortsverbands Königswinter ist kein Ausrutscher. Die Partei bekämpft die Soziale Marktwirtschaft aktiv und aggressiv. Die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Heidi Reichinnek, hat kürzlich den Sturz des Kapitalismus als ihr Ziel bestätigt. Stattdessen will sie in Deutschland nach eigener Aussage einen „Demokratischen Sozialismus“ einführen.

Der Verfassungsschutz sagt dazu: nichts.

Parteichef Jan van Aken will auch den – grundgesetzlich festgeschriebenen – Rechtsstaat nicht, jedenfalls nicht für Menschen mit linker Gesinnung. Er selbst hat 2016 mit einer versteckten Kamera Geheimdokumente aus dem Bundestag geschmuggelt und sie dann Greenpeace übergeben. Er sieht sich bis heute im Recht. Hätte ein AfD-Abgeordneter dasselbe mit Migrationspapieren getan, würde van Aken von „Verfassungsfeindlichkeit“ sprechen. Für ihn gilt zweierlei Recht: Linke kämpfen für das Gute, Rechte „treten nach unten“ und „dienen nicht der Allgemeinheit“.

Der Verfassungsschutz sagt dazu: nichts.

Auch mit der Menschenwürde hat es die „Linke“ nicht so. Jedenfalls nicht, wenn es um Juden geht. Das fängt damit an, dass es Anhänger der „Linken“ sind – nicht der AfD – die mindestens indirekt das Existenzrecht Israels bestreiten.

Die Bochumer Bundestagsabgeordnete Cansın Köktürk zum Beispiel trug demonstrativ ein T-Shirt mit dem Schriftzug „Palestine“ und ließ sich damit kamerawirksam aus dem Plenarsaal werfen. Dort sind Kleidungsstücke mit politischen Botschaften verboten – für alle Parlamentarier. Das geht ironischerweise auf die Nazi-Zeit zurück: Als ab Herbst 1930 immer mehr Abgeordnete der NSDAP in den Reichstag einzogen, saßen viele dort in SA-Uniform. Um solche Entwicklungen im Keim zu ersticken, gab sich der Bundestag dann nach dem Krieg die strikte Kleiderordnung.

Es ist sicher keine allzu steile These, wenn man vermutet, dass Frau Köktürk davon nichts weiß. Vielleicht ist es ihr auch egal. Vermutlich wohl beides.

Auf ihrem Parteitag in Chemnitz hat die „Linke“ vor kurzem beschlossen, die international anerkannte Definition von Antisemitismus der „International Holocaust Remembrance Alliance“ (IHRA) zu verwerfen. Stattdessen will man jetzt die sogenannte „Jerusalemer Erklärung“ verwenden. Nach der gelten sogar Bewegungen wie „BDS“ – die zum umfassenden Boykott Israels aufrufen – nicht mehr als antisemitisch. Die Ausgrenzung von Juden, wie sie auch die Nazis zu Beginn ihrer Terror-Herrschaft praktizierten („Kauft nicht bei Juden“), ist nach der neuen Definition der „Linken“ nun nicht mehr antisemitisch.

Der Verfassungsschutz sagt dazu: nichts.

Politiker der „Linken“ pflegen hemmungslos und öffentlich ihre Gewaltfantasien. Ferat Ali Kocak hat im berüchtigten Berliner Stadtbezirk Neukölln das Direktmandat gewonnen. In einem Video vor dem Reichstagsgebäude führt der neue Bundestagsabgeordnete das Stück „Rot“ des Rappers Dahabflex vor.

Textauszug: „Riechst du den Dampf der Pyrotechnik, nieder mit euren Führungsketten. (…) Alle zusammen auf die Barrikaden, Widerstand, hisst die roten Fahnen. (…) Jedes Bullenschwein ist eine Missgeburt. (…) Free Gaza. (…) Hau‘ den Nazi.“

Der Verfassungsschutz sagt dazu: nichts.

Lin Lindner ist gerade in den Bundestag für einen erkrankten Kollegen nachgerückt und leistet Kocak jetzt im Parlament Gesellschaft.

Der Verfassungsschutz sagt dazu: nichts.

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Die Angst vor „rechts“ ist in Deutschland längst pathologisch: eine schizophrene Paranoia, die durch Fakten nicht gedeckt ist. Die reale Gefahr von links dagegen wird – nicht weniger pathologisch – komplett verdrängt.

In den 1950er-Jahren war die Schwulen- und Lesbenbewegung eine sinnvolle und ehrenhafte Sache. Das war, bevor Heterosexuelle mit Sexualfetisch und Menschen mit Geschlechtsdysphorie ihren Fetisch bzw. ihre psychische Erkrankung zum politischen Programm erklärten und aus der honorigen LGB-Bewegung einen Alphabet-Zirkus machten.

Ab den 1950er-Jahren haben es Homosexuelle geschafft, für sich soziale Normalität und die Anerkennung als unstrittig gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft zu erkämpfen. Eine wichtige Strategie dabei war das Bekenntnis: „Ich bin schwul – na und?“.

Für konservative Demokraten wird es Zeit, eine ähnliche Strategie zu entwickeln. „Ich bin rechts – na und?“.

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