Deutschland und der Trump-Effekt: „Geht nicht“ gibt’s nicht mehr

vor 3 Monaten

Blog Image
Bildquelle: NiUS

In der kommenden Woche wird sich herausstellen, ob der 24. Januar 2025 das Ende der Ära Merkel einläutete. Offiziell regiert Merkel seit 2021 nicht mehr. Faktisch gilt ihre Doktrin in der CDU noch immer, und diese lautet, die Parteilogik über das Wohl des Landes zu stellen. Merkel erklärte ihre Politik für alternativlos, und als eine Partei entstand, die sich „Alternative“ nannte, erklärte Merkel diese Partei für unwählbar.

Daran hält sich die CDU bis heute. Sie macht damit Deutschland zu einem Land, in dem die Politik die Bedürfnisse des Volkes mit den Worten pariert: „Geht nicht.“ Die Bevölkerung ist gezwungen, den ökonomischen und kulturellen Niedergang des Landes mitanzusehen, weil sie bei Wahlen die linke Mehrheit nicht entmachten kann. Die einzige Koalition, die eine Wende herbeiführen könnte, wäre ein schwarz-blaues Bündnis. Und das lehnt die CDU strikt ab. Bis jetzt. Denn am Freitag deutet CDU-Parteichef Merz einen Kurswechsel an, der, falls er sich in der kommenden Woche bestätigen sollte, die politische Landschaft für immer verändern würde.

Merz am Freitag auf der Diskussionsveranstaltung „Unsere Landwirtschaft – vielfältig, leistungsstark und nachhaltig“ im Rahmen der Grünen Woche.

Das bleierne Deutschland erlebt den Trump-Effekt. Wie ein Wunder erscheint aus europäischer Perspektive aus, was in den USA unter dem neuen Präsidenten möglich ist: Ein Land bekommt, was es gewählt hat. Was in einer Demokratie eigentlich selbstverständlich ist, überrascht nach Jahren links-grüner Dominanz, die mit den Mitteln der persönlichen Ächtung und medialen Hinrichtung durchgesetzt wurde.

Die USA zeigen nun, warum sie das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ genannt werden: Trump unterschreibt ein Dekret nach dem anderen, leitet in allen elementaren politischen Fragen eine Wende ein: von der Migrations- über die Klima- und Energiepolitik bis zur Meinungsfreiheit im Netz und der erstaunlicherweise umstrittenen Frage, wie viele Geschlechter es gibt. Deutschland erscheint daneben wie ein Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten.

Trump präsentiert seine Executive Order.

Durch Trump gerät die Union unter Druck. Und das merkt man ihrem Chef Friedrich Merz an. Am ersten Tag seiner Kanzlerschaft werde er von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und die Migrations-Wende einleiten, kündigte er am Donnerstag als Reaktion auf den Anschlag von Aschaffenburg an. Und das, obwohl der erste Tag einer Kanzlerschaft in der deutschen Politik eigentlich keine entscheidende Rolle spielt, anders als in den USA. Doch Merz hat sich rhetorisch von Trump inspirieren lassen, der den „Day One“ zu einem Ereignis machte.

Am Freitag dann zündete Merz die politische Bombe: Er kündigte an, in der kommenden Woche zwei Anträge ins Parlament bringen zu wollen, ohne Rücksicht darauf, wie die Mehrheiten dafür zustande kommen. In einer internen Nachricht der Parlamentarischen Geschäftsführung der CDU an alle Abgeordneten hieß es:

„Wir hatten gestern Nacht noch eine Präsidiumsschalte. Folgende wichtige Information dazu. Friedrich Merz wird mit der CDU/CSU Bundestagsfraktion einige in der Sache sehr klare Anträge zur Migrations- & Flüchtlingspolitik in den Bundestag einbringen. Sollte es zur Abstimmung über diese Anträge kommen (…) werden wir ohne Rücksicht darauf, wer diese Anträge mit unterstützt in die Abstimmung gehen. Das gilt auch dann, wenn nur die AFD unsere Anträge mit unterstützt.“

Laut übereinstimmenden Medienberichten soll Merz im CDU-Präsidium erklärt haben: „Ich gehe hier all in.“ Die Union werde die Anträge einbringen, die „ausschließlich unserer Überzeugung entsprächen“, Merz sei es „völlig egal, wer sonst noch mitmacht.“ Table Media zitiert ihn mit den Worten: „Ich lasse mich nicht mehr von taktischen Erwägungen leiten.“

Friedrich Merz hat schon oft bewiesen, dass seine Positionen mitunter eine kurze Halbwertszeit besitzen. In den vergangenen Jahren ruderte er regelmäßig zurück, wenn die Medien oder seine Parteifreunde seine Vorschläge zerpflückten oder seine Wortwahl kritisierten. Etwa, nachdem er im Juli eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene ins Spiel gebracht hatte und seine Partei ihn dafür durchs Feuer schickte.

Ob die jetzigen Pläne von Merz bis Montag überleben, ist ungewiss. Doch ihre Wirkung wird eine langfristige sein: Bleiben wird der Möglichkeits-Raum, zu dem Merz die Tür aufgestoßen hat. Sein Bekenntnis, er lasse sich nicht mehr von taktischen Erwägungen leiten, entlarvt die Brandmauer als taktisches Manöver, das der eigenen Überzeugung widerspricht. Das Narrativ, laut dem die Zusammenarbeit mit der AfD ein moralischer Tabubruch ist (ein linkes Narrativ, das keinen anderen Zweck hatte, als konservative Mehrheiten zu verhindern) implodiert damit.

Ist die Ära Merkel zu Ende? Zumindest NRW-Landeschef Hendrik Wüst zeigte sich am 18. Januar mit ihr im Wahlkampf.

Deutschland zahlt für die Brandmauer den Preis politischer Handlungsunfähigkeit. Weil die CDU sich an linke Parteien bindet, ist weder eine Rückabwicklung des Ampel-Irrsinns noch eine Wende in den Bereichen Migration, Energie oder Sozialausgaben möglich. Bisher, so kommunizierte auch die CDU, zahlte Deutschland diesen Preis aus moralischen Gründen: Wer der AfD zur Macht verhilft, vergehe sich an der deutschen Geschichte und bringe Faschisten an die Macht. Nun offenbart Merz, dass es ein Preis ist, den wir aus parteitaktischen Gründen zu zahlen gezwungen werden. Dahinter kommt die CDU schwerlich zurück.

Bei jedem Problem, das in der kommenden Zeit auftauchen wird, wird sich die Frage stellen: Sind taktische Erwägungen wichtiger? Oder ist das Problem drängender? Und da absolut jedes politische Problem in Deutschland drängend ist, wird die Antwort stets lauten, taktische Überlegungen beiseite zu schieben.

Wenn die Realität einmal wichtiger ist als die Brandmauer, ist sie immer wichtiger. Ob Migration, Atomenergie oder Selbstbestimmungsgesetz: Auf keinem dieser Felder lässt sich schlüssig begründen, warum die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD aus parteitaktischen Gründen ausschließen soll, wenn die Missstände doch so offenkundig sind und die verbleibenden Parteien so verblendet.

Wir wissen noch nicht mit Sicherheit, wie lange es dauern wird, bis auch Deutschland zum gesunden Menschenverstand zurückfindet, wie es in den Vereinigten Staaten gerade dank des neuen Mannes im Weißen Haus geschieht. Doch die Dominanz der deutschen Verhinderungs-Politik ist vorbei. Handlungsfähigkeit ist ein popkultureller Trend, Trumps Executives Orders sind Artefakte einer Zeitenwende. Die Bilder, wie er Dekret nach Dekret unterschreibt, lassen sich ebenso wenig aus dem kollektiven Bewusstsein der Deutschen löschen wie einst die Musik von Bob Dylan oder der Geschmack von Coca-Cola.

Die Deutschen spüren: Was die Amerikaner haben, will ich auch. Das deutsche „Geht nicht“ gibt es nicht mehr.

Lesen Sie auch: Liveticker zur dramatischen Merz-Wende: Jetzt bricht in Berlin der Streit um die Brandmauer los

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von NiUS

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von NiUS zu lesen.

Weitere Artikel