
Und auch das ist ein Kapitel Weltgeschichte. In Südsyrien werden den Ältesten und Klerikern der Drusen die Schnurrbärte geschnitten, um sie zu erniedrigen und ihren Widerstand gegen einen Scharia-Staat zu brechen. Einige der Stammeskämpfer tragen deshalb Scheren mit sich herum. Aber es bleibt nicht beim Bartscheren. Das Versprechen ist, dass die Drusen „in ihren Häusern geschlachtet“ werden sollen, ähnlich wie vor ihnen andere Minderheiten Syriens. Davor werden sie allerdings dazu gezwungen, über die Erde zu kriechen und bekommen die Stiefel ihrer Schlächter zu spüren. Mindestens 940 Personen sollen so schon ihr Leben eingebüßt haben. Ihre Häuser, Geschäfte und Autos wurden geplündert und in Brand gesetzt.
Der vom Interimspräsidenten Ahmed al-Scharaa verkündete Waffenstillstand ändert nichts daran. Beduinen und arabische Stammeskrieger sind weiter auf dem Kriegspfad. Die Worte des Staatsführer sind nur die Fassade für die westlichen Staaten, die mit al-Scharaa erreicht haben, was sie seit mehr als zehn Jahren beabsichtigten: Assad ist weg, alles andere scheint egal zu sein.
Was bedeutet das für Deutschland? Auf den Straßen von Düsseldorf demonstrieren bekopftuchte Frauen gegen die israelischen Operationen in Südsyrien, die sich unter anderem mit dem Schutz der dort lebenden Drusen befassten.
Scheren wurden derweil auch in deutschen Fußgängerzonen zum Symbol. Ein junger Mann mit Syrien-Flagge hatte eine in der Hand, als wäre sie ein freundliches Symbol.Veröffentlicht wurde das Video offenbar in sozialen Medien mit drei weiteren Scherensymbolen: Dem alten Assad-Staat soll es an den Kragen gehen, die Bärte (also die der Drusen, nicht der Muslime) sollen fallen. So sieht eine islamische Revolution aus. Und nun kann man sie auch Düsseldorf oder Berlin erleben. Denn ihre Akteure sind in Deutschland. Hunderttausende junge Männer, die die kriegerische Auseinandersetzung in ihrem Heimatland scheuten, freuen sich nun über den Sieg der Dschihadisten, des einstigen Al-Qaida- und Al-Nusra-Front-Chefs al-Scharaa (mit dem Kampfnamen al-Dscholani). Der Tribalismus ist in NRW angekommen – schon lange, möchte man sagen, aber nun in noch einer Gestalt, der fröhlichen Feier eines mutmaßlichen Völkermords. Das ist mindestens so erheblich wie anti-israelische Slogans auf Demonstrationen. Es handelt sich offenbar um Aufstachelung zum Hass gegen Minderheiten.
Aber das ist eben nicht die einzige Szene, die derzeit für Aufsehen sorgt. Der Aufmarsch in der Düsseldorfer Innenstadt war nicht weniger gespenstisch: In weiße, mit roter Farbe (symbolisch für Blut) bespritzte Overalls gehüllt, führten mehrere junge Männer den Zug an. Es folgen streng verhüllte Frauen mit Victory-Fingern. Auch hier überall die Flagge des aus Demonstrantensicht befreiten Syrien. Man fragt sich ernsthaft, wann „Flüchtlinge“ aus dem Syriens Assads endlich in das Syrien von al-Scharaa zurückkehren, da es ja nun frei und rechtgläubig geworden ist. Ein junger, natürlich unverhüllter Mann brüllt auf Arabisch in die Kamera (laut Untertiteln): „Herr Präsident, wir stehen hinter Ihnen.“ Einige Männer antworten mit Allahu-akbar-Rufen. Der religiös grundierte Nationalismus der Syrer scheint ungebrochen zu sein, obwohl sie nun seit Jahren in Deutschland Zuflucht fanden und viele von ihnen sicher Kandidaten zur Einbürgerung sind oder diese von der deutschen Politik gewollte Prozedur schon hinter sich haben.
Auf einem Transparent wird derweil behauptet, von Damaskus sei die Zivilisation ausgegangen, man dürfe das Licht der Stadt nicht durch Raketen löschen. Dazu die Konterfeis von Benjamin Netanjahu und Ajatollah Chamenei im Bombenhagel. Auf dem nächsten Plakat ist der syrische Interims-Staatschef in das selbe Bombenbild montiert. Über ihm ein Adler, der von Ferne an den deutschen Bundesadler erinnert, aber das syrische Wappentier mit den drei Sternen ist.
Nun kann offenbar jeder Zugewanderte in Deutschland für sein Land demonstrieren, für die Freiheit des Irans vom Kopftuch etwa oder für die der Ukraine von Russland. Aber etwas anderes ist es, wenn man als „Schutzsuchender“ in ein Land kommt wegen eines unangenehmen Herrschers. Dann sollte nicht nur der ehemalige „Flüchtling“ die Schlussfolgerungen ziehen können, sobald der Diktator abgesetzt wurde. Der deutsche Staat sollte das auch können. Doch dreht sich dieses Rad gerade in die Gegenrichtung – von Daueraufenthalt und Wahlrechtsverleihung.
Und am Sonntagabend kam es dann eben in Düsseldorf zur Eskalation. „Syrische Staatsbürger“, wie es hieß, griffen eine prokurdische Demonstration an. Es kam zur Massenschlägerei mit mehreren hundert Beteiligten. Wenn das das zivilisatorische Niveau ist, auf das „Damaskus“ uns heben soll, dann weiß man nun immerhin Bescheid. Die örtliche Polizei musste eine Hundertschaft nachfordern um der Schlägerei zwischen Syrern und Kurden Einhalt zu gebieten. Am Ende brauchte es rund 200 Polizisten, von denen fünf verletzt wurden. Es gab natürlich Verletzte, aber über Schwere und Anzahl ist merkwürdiger Weise nichts bekannt. Nur 20 Anzeigen kamen zustande, zwei Schläger wurden festgenommen, zwei in Gewahrsam genommen.
Das ist alles sehr weit entfernt von der Realität der Bundesbürger, wie sie auch medial abgebildet wird. Ungemütliche Zeiten scheinen sich anzukündigen. Die Politik hat die Wahl (die Bürger auch): Will man den Import fremder Kulturen, die ihre eigenen Konflikte auf deutschem Staatsgebiet ausfechten, fortsetzen und verstetigen oder nicht? Doch viele scheinen sich schon entschieden zu haben (bitte mehr), andere finden den Ausweg nicht, jenen Umsteuer-Knopf, den auch Experten wie Bernd Raffelhüschen dringend anmahnen. Weg von einer beliebigen „Asyl“-Zuwanderung, die gerade in Straßenschlachten gipfelt – hin zu einer gezielten Einwanderung qualifizierter Personen.