Die Affäre Lange entlarvt die Abgründe des Systems Verfassungsschutz

vor 28 Tagen

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Bildquelle: Apollo News

Wer hat hier eigentlich wen geschasst? Die Innenministerin Brandenburgs, Katrin Lange, entließ den Verfassungsschutzchef – kurz darauf musste sie selbst gehen. In ihrer Rücktrittserklärung beklagt sie Bösartigkeiten aus der eigenen Partei, aber auch einen Verfassungsschutz, der ein Eigenleben entwickelt habe. Tatsächlich zeigt die Affäre rund um Lange und das Landesamt in alle Richtungen auf, wie problematisch das System Verfassungsschutz funktioniert – und wie kaputt es ist.

Die Innenministerin trat zurück, weil die Affäre rund um den Verfassungsschutz sie überholt hatte. Im Rücktritt erhob sie schwere Vorwürfe gegen den Chef des Amtes: „Der ehemalige Verfassungsschutzchef hat mich über bedeutende Sachverhalte nicht ordnungsgemäß und viel zu spät unterrichtet“, behauptete Lange.

Medienberichten zufolge hatte der Verfassungsschutzchef seine Chefin, anders als diese es in der Öffentlichkeit darstellte, jedoch sehr wohl über seine Pläne informiert. Im April kam es zu Gesprächen im Ministerium, wo man das entsprechende Gutachten vorlegte. Lange jedoch wies es zurück – sie wollte es gar nicht erst entgegennehmen. Das lag, wie jetzt klar ist, an ihrer politischen Haltung zum Umgang mit der AfD. Die Welt berichtet, Lange habe im Gespräch darauf bestanden, dass man mit einer 30-Prozent-Partei einen anderen Umgang finden müsse. So erklärte sie sich auch in ihrem Rücktritts-Statement.

„Ich bin schon seit einiger Zeit der Auffassung, dass Anlass besteht, Form und Inhalt der Auseinandersetzung mit der AfD kritisch zu überdenken. Und zwar deshalb, weil sie erfolglos ist. Ich bin nicht für einen weicheren Umgang mit der AfD, sondern für einen besseren und wirksameren; für einen, der die AfD endlich einmal kleiner macht statt immer größer. Ich glaube: Politische Herausforderungen sollten in einer Demokratie in erster Linie politisch beantwortet werden“, sagte Lange.

Deshalb sperrte sie sich gegen die Pläne ihres Verfassungsschutzes. Eine Ministerin, die politischen Einfluss auf die Einstufung nimmt – im Rahmen der Debatte um die AfD und den Verfassungsschutz wird eigentlich immer wieder betont, dass es das angeblich nicht gäbe. Der Fall Lange demonstriert hier, wie es tatsächlich ist. Man mag mit den Argumenten, die die ehemalige Innenministerin intern wie öffentlich vorbrachte, einverstanden sein – dass hier dennoch politischer Einfluss auf die Arbeit des Verfassungsschutzes genommen wurde, steht außer Frage. Lange nahm die Einstufung einfach per Dienstanweisung zurück. Von einer unabhängig arbeitenden Behörde kann hier ganz offensichtlich keine Rede sein.

Was in Brandenburg gilt, gilt in der übergroßen Mehrheit der Bundesländer. Nur in sechs Ländern sind die Verfassungsschutzämter überhaupt in irgendeiner Form institutionell unabhängig. Und selbst die Landesämter, die nicht bloße Abteilungen des jeweiligen Innenministeriums sind, sind gegenüber jenem nach wie vor weisungsgebunden, so wie auch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Doch die Dynamik rund um die AfD-Einstufung – sie hat die Ex-Ministerin überholt und letztlich abgehängt. „Die Gründe für die Hochstufung des Verfassungsschutzes hat die Öffentlichkeit bis heute nicht erfahren. Der Verfassungsschutz lehnt eine Veröffentlichung des Einstufungsvermerks auch in bereinigter Form ab. Auch eine solche Geheimniskrämerei möchte ich nicht verantworten, denn nur eine informierte Öffentlichkeit kann das Handeln der Regierung kritisch hinterfragen“, argumentierte Lange.

Doch damit gehört sie offenbar zu einer Minderheit in der Politik: Dort setzt man „zunehmend einseitig auf die Instrumente Parteiverbot, Repression, Überwachung und Ausgrenzung“, beklagte sie in ihrer Rücktrittserklärung. Ganz offenkundig sind diese Instrumente inzwischen stärker als eine Ministerin. Die Dynamik, die sich seit dem zweiten Mai, seit der Bekanntgabe der AfD-Hochstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz, entwickelt hatte, war so wirkmächtig, dass sie selbst eine Ministerin wegfegte.

Die Lange-Saga hat das Märchen vom unabhängigen Verfassungsschutz jedenfalls entlarvt und klargemacht, wie entscheidend letztlich politische Gründe sind. Der Verfassungsschutz ist nicht unabhängig, er ist kein Gericht und keine sakrosankte Einrichtung, die über den Dingen schwebt – seine Arbeit steht und fällt mit dem Willen von Ministern.

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