Die Bürokratie wächst in Deutschland – und schafft seltsame Bündnisse

vor etwa 3 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Das Bündnis Sahra Wagenknecht. Gibt es das noch? Eine Frage, die sich zumindest den Bewohnern der Bundesländer stellt, in denen die Partei von Oskar Lafontaine seiner Frau nicht im Landtag sitzt. Trotz einer glänzenden Ausgangslage hatte das BSW im Februar den Einzug in den Bundestag verpasst. Auch weil es in den Landtagen, in denen es vertreten ist, der „Brandmauer“ huldigt, gegen deren Existenz es Wagenknecht vor gut anderthalb Jahren vermeintlich gegründet hat.

In einem seltsamen Bündnis ist dem Bündnis nun eine Schlagzeile geschenkt worden: „Die Bürokratie für Unternehmen erreicht ein Rekordniveau, ist so schlimm wie noch nie!“ Veröffentlicht hat das die Bild. Der Springer-Verlag promotet also die Amerika-Kritikerin und ehemalige Chefin der Kommunistischen Plattform in der PDS. Besagte Kommunistische Plattformerin inszeniert sich als Schutzpatronin der deutschen Wirtschaft. Und wenn jetzt Friedrich Merz (CDU) noch ein Versprechen einhält, muss das Raum-Zeit-Kontinuum ein für alle Mal zerstört sein.

Die dazugehörigen Zahlen stammen vom Statistischen Bundesamt, das eine Sonderauswertung für die Wagenknechts vorgenommen habe. Demnach ist die Zahl der Informationspflichten der Unternehmen in den letzten sechs Jahren von 11.400 auf 12.300 Pflichten gestiegen. Das habe die Bürokratiekosten von 50 auf 64 Milliarden Euro im Jahr ansteigen lassen.

Die Union war im Wahlkampf ein fleißiger Anzeigenkunde der Bild. Der Springer-Verlag kämpft für diese Regierung, etwa im Bündnis „Made for Germany“, das versprochen hat, eine dreistellige Milliarden-Summe an Investitionen für das Land klarmachen zu wollen. Die Bild versucht sogar Merz’ Staatsmodernisierungsminister Karsten „Wer bitte?“ Wildberger (CDU) als harten Hund der Regierung zu inszenieren. Wie passt da jetzt der gemeinsame Angriff mit der Kommunistischen Plattformerin auf die deutsche Bürokratielast?

Nun. Mit der Bild zusammenzuarbeiten entspricht der Strategie des Bündnis Sahra Wagenknecht: Einerseits bleibt die Plattformerin Teil des Bündnisses zum Erhalt der „Brandmauer“, andererseits tut Wagenknecht so, als ob sie gegen besagte Mauer sei. Wenn sie mit der Bild zusammenarbeitet, simuliert sie die Zusammenarbeit mit einem simuliert konservativen Medium – anderthalb Jahre BSW waren ohnehin im Wesentlichen Simulation.

Und die Bild? Verfolgt ebenfalls eine Doppelstrategie. Sie tut so, als ob sie eine Hüterin der freien Marktwirtschaft sei. Wenn Wagenknecht das kann, dann kann die Bild das auch. Außerdem kann die Zeitung das Ergebnis im Sinne ihres Anzeigenkunden steuern: Unter Friedrich Merz ist der bürokratische Aufwand – entgegen seiner Versprechen – gestiegen. Doch die Bild steht zu ihrem Anzeigenkunden und lässt Wagenknecht die Schuld dafür der Ampel zuschieben.

Und die Bild endet den kessen Text mit einer versöhnlichen Note: „Es bleibt noch viel zu tun für die Regierung Merz und für Deutschlands neuen Minister für Entbürokratisierung und Staatsmodernisierung, Karsten Wildberger (CDU).“ Denn die Wagenknecht-Partei hält sich der Springer-Verlag warm, weil Oskar Lafontaine immer mal für eine Geschichte gut ist. Doch die nächste Harte-Hund-Inszenierung um Wildberger dürfte bereits in Arbeit sein – das Raum-Zeit-Kontinuum ist gerettet.

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