
Auf dem CDU-Wirtschaftstag hatte Bundeskanzler Friedrich Merz klare, markige Worte benutzt: Die Deutschen müssten „wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten. Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand nicht erhalten können.“
Rumms, das saß! Es begann eine große landesweite Diskussion: Hat der Kanzler recht, übertreibt er, stimmt die Behauptung überhaupt? Fakt ist: Durchschnittlich arbeiten die Deutschen 34,4 Stunden pro Woche (Stand: 2023). Zum Vergleich – im EU-Schnitt sind es 36,9 Wochenstunden. Deutsche im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren kommen durchschnittlich auf 1036 Stunden Arbeit im Jahr, ein Grieche auf 1172 Stunden, ein Pole auf 1304 Stunden, Spitzenreiter sind die Neuseeländer (1393 Stunden).
„Wir sind weltweit nicht wettbewerbsfähig“, beklagt Wolfram Hatz, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Um die Arbeitszeit zu erhöhen, will er sogar Feiertage streichen. „Dabei dürfen auch kirchliche Feiertage kein Tabu sein“, fordert Hatz.
Wolfram Hatz, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft
So weit, so schlecht. Mein gesunder Menschenverstand fragt sich: Wenn es denn so schlecht um die Arbeitsmoral der Deutschen bestellt ist, dann werden doch wohl die von uns gewählten Parlamentarier mit gutem Beispiel vorangehen? Wenn ein solcher Notstand vom Bundeskanzler aufgerufen wird, wird er doch persönlich anweisen, die parlamentarische Sommerpause zu verkürzen. In der Mitteilung des Deutschen Bundestages heißt es lapidar: „Die parlamentarische Sommerpause dauert in der Regel zwei Monate, von Juli bis August. In dieser Zeit finden im Deutschen Bundestag keine Sitzungen statt.“
Nur mal so viel: Jeder normale Arbeitnehmer – also kein von uns gewählter Politiker – würde sich freuen, einen solch langen Urlaub nehmen zu können – und alles bezahlt, versteht sich. Ich kenne keinen Angestellten oder Selbstständigen, der sich so viel Freizeit leisten könnte. Natürlich sollen Abgeordnete in der Sommerpause ihren Wahlkreis besuchen und andere politische Tätigkeiten ausüben. Aber ihrem Hauptberuf, der Arbeit im Parlament, gehen sie in dieser Zeit nicht nach.
Es gebe in er Unionsfraktion „ernsthafte Überlegungen, die Sommerpause in diesem Jahr zu verkürzen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU- Fraktion, Thorsten Frei. „Die neue Regierung werde mit Hochdruck an die Arbeit gehen.“
Ich darf in diesem Zusammenhang Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832) zitieren, den bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung:
„Der Worte sind genug gewechselt.
Laßt mich auch endlich Taten sehn!“
Kann man es trefflicher sagen?