Die große Dürre unterm Regenschirm

vor 23 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

“Am 30. Mai ist der Weltuntergang – wir leben nicht mehr lang”. So haben “Die Lustigen Jungs” schon 1954 gesungen. Es hat also eine gewisse Tradition in Deutschland, den anstehenden Sommer als das nahende Ende der Welt zu beschwören. Und wenn schon nicht den Weltuntergang dann doch den “Höllensommer” des Jahrhunderts oder Jahrtausends. Den hat der TV-Madenexperte Mark Benecke schon kommen gesehen und Karl Lauterbach (SPD) hat den Kampf gegen den Hitzetod sogar zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit als Gesundheitsminister gemacht. In der Hoffnung, dass es eine Art Corona 2.0 für ihn wird.

Allerdings hatte Lauterbach Pech. Während er das Land vor dem Hitzetod retten wollte, brachten die Sommer vor allem Regen und kühle Luft mit sich. So bleibt von Lauterbach nicht in Erinnerung, wie die Temperaturskala in die Höhe schnellte – dafür aber die Höhe der Kassenbeiträge. Dieser Tage könnten die Grünen einen Höllensommer des Jahrtausends ebenfalls ganz gut gebrauchen. Seitdem der Klimanotstand kaum noch einen nervös macht, geht es mit den Umfragewerten der Klimanotstandspartei bergab. Und so richten sich denn ihre Blicke gen Himmel. Immerhin verspricht T-Online: “Der Jahrhundertsommer ist im Anmarsch.” Doch der alte Schwung ist hin. Wer schonmal vergeblich auf den Höllensommer gewartet hat, für den ist ein Jahrhundertsommer kaum noch prickelnd.

Im Bundestag versuchen die Grünen wieder in den alten Untergangs-Groove zu kommen. Auf die Tagesordnung setzen sie daher die Aktuelle Stunde: “Dürre in Deutschland – Bedrohung für Mensch, Wirtschaft und Natur nicht aussitzen”. Da ist er wieder dieser Sound von 70 Prozent Weltuntergang, 40 Prozent moralinsaurem Gehabe und 20 Prozent fehlendem Verständnis für Grundrechenarten. Für 13.40 Uhr steht die Große Dürre auf der Tagesordnung. Um 12.15 Uhr zieht der Regen auf. Um 12.21 Uhr öffnet sich im Regierungsviertel der erste Regenschirm. Um 12.30 Uhr hämmern die Regentropfen förmlich auf den Boden. Wettergott Petrus hat Humor. Er kann kein Grüner sein.

Um im nassen Berlin die große Dürre zu beschwören, müssen sich die Grünen auf die Kraft ihrer Worte verlassen. Doch was das betrifft, herrscht tatsächlich gerade Trockenzeit. Julia Verlinden trägt das Thema in der Aktuellen Stunde vor: “Meine Damen und Herren, es regnet zu wenig”, beginnt sie ihre Rede. Während rund um den Reichstag die Regenschirme aufgespannt sind. Die Welt außerhalb des Plenarsaals ist kein freundlicher Platz für Grüne.

Die Klimakrise sei ein Risiko für Wohlstandsverlust, führt Verlinden weiter aus. Anders als ihr ehemaliger Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der war kein Risiko für den deutschen Wohlstand. Der war eine Garantie dafür, dass es mit besagtem Wohlstand bergab ging. Im dritten Jahr in Folge schrumpft die deutsche Wirtschaft. Das hat in der Geschichte der Bundesrepublik keiner seiner Vorgänger geschafft. Würden nicht die erneuerbaren Energien konsequent ausgebaut, drohe dieser Wohlstandsverlust, meint Verlinden. Dass genau dieser Ausbau, wie ihn Habeck betrieben hat, die Strompreise in die Höhe getrieben und damit Wohlstand vernichtet hat… Nun ja, die Grünen und die Grundrechenarten.

Wie auch immer. Die Aktuelle Stunde hat begonnen. Ein Ziel haben die Grünen erreicht. Der Klimaschutz ist mal wieder Thema im Bundestag. Gut, nur am Freitagnachmittag. Da kriegt es kaum einer mit. Aber egal. Denn was sollen die Abgeordneten um die Uhrzeit schon anderes machen, als über die Dürre zu diskutieren? Schließlich regnet es draußen heftig. Die Regenschirme sind aufgespannt und die Radfahrer haben die Ponchos übergezogen.

Es ist eher die zweite Reihe, die zu Wort kommt. Klaus Mack etwa. Der sagt: “Klimaschutz braucht Tempo, aber nicht auf Kosten der Akzeptanz.” Was übersetzt so viel heißt wie: Als Christdemokrat bin ich ein Grüner mit Wirtschaftshintergrund. Da mache die Regierung zwar auch ein Heizungsgesetz, aber das sei nicht so schlimm für den Bürger… Wobei sein Parteichef und Kanzler Friedrich Merz in seinen ehrlichen Stunden zugibt, dass er den Bürgern die Gasheizung zwar nicht verbieten will – aber so teuer machen, dass der Bürger meint, freiwillig auf die Gasheizung zu verzichten.

Ingo Hahn (AfD) weist die Grünen darauf hin, dass ihnen das Wetter es nie recht machen könne. Entweder regnet es, dann beklagten sie Extremniederschlag. Oder es sei trocken, dann herrsche Dürre. Und wenn sich das permanent abwechsele, dann ignorierten die Grünen das. Denn das Wetter habe sich dem Narrativ der Grünen anzupassen. Wobei die Christdemokraten mittlerweile genauso gut darin seien, das Wetter zu politisieren und Hysterie zu verbreiten – anstatt, das Land auf die Folgen von Wetterereignissen vorzubereiten. Etwa auf Hochwasser.

Für die Regierung spricht Umweltminister Carsten Schneider (SPD). Deutschland drohe dieses Jahr ein weiteres Dürrejahr, sagt Schneider. Gut. Die letzten zwei Jahre seien regenreich gewesen. Schon. Das räumt Schneider durchaus ein. Aber der Mann ist Minister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Wenn da die Dürre kein großes Problem wäre, bloß weil es gerade draußen regnet und auch in den letzten zwei Jahren reichlich nass war, dann wäre Schneider in erster Linie für die nukleare Sicherheit zuständig. In einem Land, das aus der Atomkraft ausgestiegen ist. Damit wäre Schneider im Kabinett fast so unwichtig, als wenn er Raumfahrtministerin wäre.

Also beschwört Schneider die Gefahr der Dürre, in der Hoffnung auf eigene Bedeutung. Zusammen mit den Grünen, weil die an ein Comeback in den Umfragen über den Klimaschutz hoffen. Und mit dem Staatsfernsehen, das seine Wetterkarten mittlerweile schon bei Temperaturen um 20 Grad Celsius in bedrohlich roten Farben gestaltet. Irgendwann kommt der Höllensommer und danach sicher auch der Weltuntergang. Nur sollten die letzten Worte nicht den Panikmachern sondern den Lustigen Jungs überlassen sein: “Am 30. Mai ist der Weltuntergang, wir leben nicht, wir leben nicht mehr lang. Doch keiner weiß in welchem Jahr. Und das ist wunderbar.”

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