Die Kirchen der Lisa Paus

vor 3 Monaten

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Bildquelle: Tichys Einblick

Früher waren Wahlzeiten gute Zeiten auch für die Kirchen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Selbst die Bayern sind nicht mehr dazu bereit, nach dem Besuch von Gottesdienst und Biergarten ins Wahllokal zu gehen und ihr Kreuzchen dort zu machen, wo der Pfarrer es haben will. Bischöfe und Prälaten, Präsides und Präsidenten haben das bemerkt und Vorsorge getroffen. Als sich die Kirchen leerten, haben sie neben ihren Amtssitzen auch ihre Werbefirmen, die Akademien großzügig ausgebaut. Während die Gotteshäuser entweiht und abgerissen, geschlossen oder in Moscheen verwandelt werden, blüht der Akademiebetrieb. Was der Glaube nicht mehr vermag, soll durch mediales Geplänkel, mit Hilfe von powerpoint, workshop und coffee break wettgemacht werden. So jedenfalls die Theorie.

Die Kirchen tun, was alle tun, sie gehen mit der Zeit. Da sie aus Eigenem nichts mehr zu bieten haben, zeigen sie Haltung und setzen sie Zeichen, natürlich gegen Rechts. Die Mehrheit der Gläubigen haben sie damit verprellt; doch die modernen Ersatzkirchen, die Landeszentralen für politische Bildung, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Masse der Netzwerke, der Stiftungen, der Initiativen, der Arbeitskreise, der Interessen- und Fachverbände, die haben sie gewonnen – und damit eben auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das zählt, denn damit fließt das Geld in Strömen.

Aber wie lange noch? Was wird, wenn es am 23. Februar schief geht? Wenn die Wähler anders entscheiden als Parteien, Kirchen, Staatssender und Gewerkschaften sich das wünschen? Wer garantiert dann, dass der Akademiebetrieb im altem Stile weiterläuft? Zusammen mit den Mitgliedern werden ja auch die Einnahmen aus der Kirchensteuer knapp, und wer springt ein, wenn Lisa Paus nicht länger an der Kasse sitzt? Solche Fragen treiben nicht nur die kirchlichen Bildungseinrichtungen um, sie machen auch den Kulturschaffenden zu schaffen, die sich daran gewöhnt haben, aus dem Millionen-Programm „Demokratie leben!“ gut versorgt zu werden.

Die Katholische Kirche tut sich noch schwer mit der Emanzipation, ihr hängt die Priesterherrschaft nach, die zwischen Mann und Frau unterscheidet, also diskriminiert. Unter Anleitung von Frau Stetter-Karp, der ZdK-Präsidentin, hat sie sich aber auf den wahren, den synodalen Weg gemacht und kommt auf dem auch gut voran. Das Vorbild der Exhibitionistin, die in einer Evangelischen Kirche der Stadt Nürnberg nackt auf den Altar stieg, um dort mit weit gespreizten Schenkeln ihre Andacht zu verrichten, lässt die Konkurrenz nicht ruhen; und sie tut, was sie kann. Unter dem Titel Gut.Katholisch.Queer lädt die Katholische Akademie Frankfurt zur Abendveranstaltung Queer in church und bedankt sich bei ihren Ministranten und Pfarrern für treue Dienste mit dem Hinweis, sie seien doch schwul.

Die Evangelische Kirche ist schon weiter. Die schönen Jahre, in denen praktizierende Pädophile wie Helmut Kentler, der Odenwäldler Gerold Becker und sein Freund Hartmut von Hentig auf Kirchentagen gern gesehene Gäste waren, sind vorbei, und nur noch in der Erinnerung, im Wege von Aktenstudium und Aufarbeitung, lassen sich die sexuellen Freiheiten, die damals Mode waren, noch einmal genießen. Die Zukunft sieht anders aus, da geht es um Mediennutzung, Digitalisierung und künstliche Intelligenz, und Heinrich Bedford-Strohm, der ewigwährende Ratsvorsitzende, denkt schon darüber nach, wann er den ersten Roboter über den Taufstein halten darf.

Der alte Glaube ist steril geworden, und einen neuen gibt es nicht, noch nicht zumindest. Kirsten Fehrs, Bedford-Strohms späte Nachfolgerin im undankbaren Amt des/der Ratsvorsitzenden, klagt über die moderne Gottesmüdigkeit, und Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, empfiehlt seiner Kirche, weniger von Gott zu reden. Beide haben offenbar nicht verstanden, was Heinrich Heine, der getaufte Jude, sehr wohl verstanden hatte: dass es die Kirche selbst ist, die sich ruiniert, sich überflüssig macht und abschafft. In Deutschland, schrieb Heine vor mehr als hundertfünfzig Jahren, „sind es die Theologen, die dem lieben Gott ein Ende machen“ – man werde immer von seinen Freuden verraten, nie von seinen Feinden.

Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.

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