Oberster Krankenhaus-Chef Gaß: „Die Lage der deutschen Krankenhäuser ist so dramatisch wie nie zuvor“

vor 3 Monaten

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Kliniken in Deutschland beklagen Milliardenverluste und teure Zusatzkosten durch zum Teil absurde Bürokratie.

Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, sagte der Augsburger Allgemeinen: „Die Lage der deutschen Krankenhäuser ist so dramatisch wie nie zuvor. Abteilungen werden geschlossen, Personal wird eingespart, Standorte werden aufgegeben, bevor sie in die Insolvenz geraten.“ Die Konsequenzen bekämen leider auch die Patientinnen und Patienten zu spüren. „Gerade die kleineren Häuser in ländlichen Regionen unter 300 Betten bewerten ihre Lage besonders pessimistisch.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ließ sich am heutigen Dienstag durch das Deutsche Herzzentrum an der Berliner Charité führen.

Das gesamte Defizit der Kliniken hat laut Berechnungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft in diesen Tagen die Marke von 14 Milliarden Euro überschritten. „Inzwischen stecken laut dem Deutschen Krankenhausinstitut rund 80 Prozent der Krankenhäuser in roten Zahlen“, sagt Organisationschef Gaß.

Er macht vor allem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für die sich verschärfende Krise verantwortlich. Die Kliniken würden mit der Kostenexplosion der Inflation allein gelassen und müssten nun um ihr reines finanzielles Überleben kämpfen.

„Die Schließung von Standorten und Abteilungen folgt wegen der aktuellen Gesundheitspolitik oft nicht mehr der Logik, trotz Sparmaßnahmen die Versorgung in einer Region noch sicherstellen zu können“, sagt Gaß. „Jetzt geht es oft nur noch knallhart betriebswirtschaftlich darum, wie man schnell große Verlustbringer loswerden kann.“ Der Gesundheitsminister habe diesen kalten Strukturwandel trotz aller Warnungen billigend in Kauf genommen und in Teilen sogar bewusst verschärft. „Für die Bevölkerung bedeutet diese Politik in vielen Regionen eine schlechtere Versorgung in ihrer Nähe“, kritisiert Gaß. „Und generell erleben wir bereits jetzt den Beginn der Wartelistenmedizin.“

Zugleich verschärfe die Politik die Krise der Kliniken mit immer neuen bürokratischen Auflagen, kritisiert der Verbandschef. „Die Bürokratie allein im ärztlichen Bereich kostet Deutschland so viel wie 60.000 volle Klinikarztstellen“, sagt Gaß. „Zum Beispiel verpflichtet das neue Medizinforschungsgesetz Krankenhäuser, ärztliches Personal minutengenau einzelnen Patienten und sogenannten Leistungsgruppen zuzuordnen. Ärzte müssen also dokumentieren, wie lange sie bei welchem Patienten waren – sogar im Mehrbettzimmer. Diese Regelung ist absurd.“

Sparmaßnahmen sorgen für permanent schlechte Stimmung im deutschen Gesundheitswesen.

Sowohl das ärztliche als auch das pflegerische Personal verbringe inzwischen im Schnitt jeden Tag drei Stunden seiner Arbeitszeit mit bürokratischen Vorgaben. „Mit nur einer Stunde weniger Dokumentationsaufgaben hätten wir bundesweit über 20.000 Ärzte und 50.000 Pflegekräfte mehr, die sich um Patienten kümmern könnten“, rechnet Gaß vor. „Das wäre ein großer Beitrag zur Lösung unseres Fachkräftemangels.“

Fazit von Gerald Gaß: „Deutschland braucht eine Zeitenwende in der Gesundheitspolitik und dafür braucht es wohl auch einen personellen Wechsel an der Spitze des Ministeriums.“

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