Die Regierung denkt nur bis zur nächsten gepumpten Milliarde

vor 2 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Es gibt auch positive Nachrichten: Die Bundesregierung weiß, dass sie handeln und vor allem etwas ändern muss, wenn sie die wirtschaftliche und gesellschaftliche Talfahrt beenden und stattdessen für einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwung sorgen will. Man kann es auch anders formulieren, diese Bundesregierung steht vor der letzten Ausfahrt Chaos: Wenn sie es vergeigt, wird es ungemütlich und der Sturz des Landes wird seine dysfunktionalen Eliten mitreißen.

Und damit enden leider schon die guten Nachrichten, denn obwohl die Hauptprobleme und deren Lösungen bekannt sind, tänzelt die Regierung um die Maßnahmen, die sie einleiten müsste, herum wie ein Tänzer in einer RTL Tanzshow. Die Regierung streitet nicht, nicht offen zumindest, sie liegt eher im stillen Kampf mit sich, wobei die Kampflinie nicht nur zwischen Sozialdemokraten und Christdemokraten und Christsozialen verlaufen. Zuweilen zeigt sich die Konfliktlinie auch in ein und demselben Minister, der zwischen den Optionen, etwas zu ändern oder nur so zu tun, als ob er etwas ändert, schwankt. Das macht die Situation für die politischen Beobachter schwierig und verführt sie dazu, von der Position ihrer Wünsche und Befürchtungen, also nicht von ihren Urteilen, die sie nicht fällen können, sondern von ihren Vorurteilen auszugehen, die sie in ihrer Not mit ihren Urteilen verwechseln.

Obwohl die Union im Wahlkampf vollkommen richtig die Schuldenbremse des Grundgesetzes mit den richtigen Argumenten verteidigt hatte, erinnerte sie sich am Tag nach der Wahl nicht mehr daran. Und getreu der Weisheit, dass, wenn man schon dreist ist, dann richtig dreist sein soll, denn halbdreist lohnt sich nicht, wollte sie sich von keiner Regierung, die jemals der Bundesrepublik vorstand, im Schuldenmachen übertreffen lassen, mehr noch, sie rief eine Zahl auf, von der nicht einmal die Grünen, nicht einmal Robert Habeck geträumt hätte.

Natürlich kam man in der Union nicht selbst auf die Idee, sondern nutzte eine Idee, die ein sozialdemokratischer Landesfinanzminister aus dem Saarland mit ein paar Wirtschaftswissenschaftlern mal kurz notiert hatte. Friedrich Merz übernahm dankbar die Idee der Verschuldung, die leicht die Billionengrenze überschreiten kann, und wir alle können nur hoffen, dass er nicht eines nur allzu nahen Tages wie in der Karikatur von Roland Beier aus dem Jahr 1990 als Karl Marx mit niedergeschlagenen Augen und den Händen in den Hosentaschen dasteht und sagt: „Tut mir leid Jungs! War halt nur so ’ne Idee von mir.“ Dabei war die Idee nicht einmal von ihm. Sie kam unter anderem von Jens Südekum, der als Wirtschaftswissenschaftler Günter Mittag näher als Ludwig Erhard zu stehen scheint.

Dass die letzten Regierungen das Steuergeld in alle Welt hinausgetragen und die Erneuerbare-Energien-Barone reich gemacht und den NGO-Staat aufgebaut, zudem eine beispiellose Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme betrieben, finanziert und letztlich alles dafür getan haben, dass sich Arbeit nicht mehr lohnt, dass genügend Geld vorhanden wäre, wenn der Staat mit Sparen begänne, ließ die neue Regierung völlig unbeeindruckt. Man will nicht reformieren, sondern alles soll im Grunde so weiterlaufen, und die drängenden Investitionen beispielsweise in die Infrastruktur oder in die Verteidigung werden stattdessen über Schulden finanziert. Denn mag diese Regierung auch viel von Verantwortung und Zukunft schwätzen, so handelt sie doch nach dem „Nach-mir-die-Sintflut-Prinzip“, denn, wenn es an die Rückzahlung der Schulden geht, wenn Inflation und Zwangsanleihen auf Immobilienbesitz, auf Einfamilien- und Reihenhäuser folgen, sind die Herrschaften dieser Regierung nicht mehr im Amt.

Laut Bundesbank stiegen die deutschen Staatsschulden im Jahr 2024 um 57 Milliarden Euro auf 2,69 Billionen Euro, die des Bundes wuchsen mit 36 Milliarden Euro am stärksten. An Zinsen hatte der Bund im Jahr 2024 ca. 37,5 Milliarden Euro zu zahlen. Jeder zwölfte Euro im Bundeshaushalt 2024 musste für Zinsen ausgegeben werden. Geradezu verschämt spricht der Entwurf des Gesetzes von den Zinsen, nicht aber von der Rückzahlung der Schulden, die im Entwurf des Gesetzes nicht bedacht wird, da sie auch kein Problem darstellen dürfte, denn die Schuldenaufnahme von 500 Milliarden Euro für das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität „kann zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beitragen, da das zusätzliche Wirtschaftswachstum die belastenden Effekte höherer Schuldenstände mittelfristig überkompensieren kann (Steuermehreinnahmen, geringere Transfers)“.

Die Bundesregierung gleicht dem Mann, der sich sicher ist, das Spiel zu gewinnen, weil er sich fest einbildet, im Skat zwei Buben zu finden, denn: „Unter der Voraussetzung von höheren Wachstumsraten bleibt die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen auch bei einem höheren absoluten Schuldenstand gewahrt.“ Und wenn das Wirtschaftswachstum entweder überhaupt nicht eintritt oder nur als kurzer Effekt durch die kreditierten Milliarden, die die Regierung in die Wirtschaft pumpt, verpufft, dann bleibt Friedrich Merz nur übrig, die Hände tief in die Hosentaschen zu stecken und zu sagen: „Tut mir leid Jungs! War halt nur so ’ne Idee von mir.“

Der „Mehraufwand, der durch die Verwaltung der Mittel entsteht“ ist übrigens „noch nicht abschätzbar“. Vor den Gefahren für das wirtschaftliche Gefüge und die Auswirkungen auf die Verbraucher schließt man ganz fest die Augen: „Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau sind möglich, dürften sich aber trotz des hohen Mittelvolumens aufgrund des langen Förderzeitraums in Grenzen halten.“ Dürften?

Anstatt den EEG-Baronen den Geldhahn zuzudrehen, sollen die Bürger für Schulden geradestehen, um diese Herrschaften zu finanzieren. Um den EEG-Baronen ein Leben in Saus und Braus zu ermöglichen, müssen die Steuerzahler verarmen. Folgerichtig soll beispielsweise investiert werden in die Verkehrsinfrastruktur, in die Krankenhausinfrastruktur, in die Energieinfrastruktur und in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur. Aber gehört das nicht zu den genuinen Aufgaben des Staates? Werden die Bürger nicht fast – um es einmal bildlich zu sagen – mit „vorgehaltener Waffe“ dazu gezwungen, eine Staatsquote, die zu den höchsten der Welt gehört, also Steuern und Sozialabgaben zu entrichten, um Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, in die Krankenhausinfrastruktur, in die Energieinfrastruktur und in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur zu tätigen? Zahlen sie nicht eigentlich genau dafür Steuern? Wo ist das viele Geld, das die Bürger als Steuern und Abgaben zahlten, wenn nicht im Verkehrs-, im Gesundheits-, im Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsbereich?

Wenn man glaubt, sich vom Export zu verabschieden, weil er ohnehin leise, sang- und klanglos einbricht, und stattdessen das Wirtschaftswachstum aus der Binnennachfrage stimulieren will, dann kann man nur sarkastisch sagen, dass genau das in der DDR prima funktioniert hat. Wer sich mit dem Argument, dass mit dem Verlust der Exportstärke endlich in der EU Deutschland nicht mehr aufgrund seiner Handelsbilanzüberschüsse am Pranger steht, einen schlanken Fuß macht, der läuft wie Hans im Glück durch die Welt – auf seinen schlanken Füßen.

Die Wahrheit ist doch die, dass Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit verliert, weil die Produkte zu teuer werden und die deutsche Wirtschaft zunehmend ihre Führerschaft in Qualität und technischer Meisterschaft verliert. Der Welthandel wird entscheidend bleiben, für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland ohnehin. Handel ist auch Machtpolitik – und Machtpolitik findet als Geopolitik statt. Um hier zu bestehen und den eigenen Wohlstand wenigstens zu sichern, bedarf es erstens billiger und verlässlicher Energie und zweitens einer hohen Innovationsfähigkeit, zu der auch gehört, Innovationen schnell praktisch umzusetzen. Um Innovationen schnell praktisch umzusetzen und Unternehmen die nötige Beweglichkeit und Rationalität zu gewähren, ist ein radikaler Bürokratieabbau vonnöten. Damit überhaupt Innovationen entstehen, muss mit einer tiefgreifenden Bildungsreform begonnen werden, die vor allem das Prinzip von Leitung und Verantwortung in den Mittelpunkt stellt.

Klingbeils Steuerreförmchen ist ein Witz, zu wenig, zu mutlos, zu spät. Die steuerliche Förderung von E-Autos als Dienstwagen stellt nur Subventionen dar, mit denen VW auf dem falschen Weg gehalten werden soll. Dass Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) die Förderung von E-Autos für Firmenwagen seines Parteifreundes Klingbeil, der auch aus Niedersachsen stammt, auf Privatwagen ausgeweitet wissen möchte, zeigt wie staatssubventionistisch, wie sozialistisch gedacht wird. „Dadurch würde ein großer Teil der Gesellschaft, der sich heute von der Technik ausgeschlossen fühlt, erreicht“, so Lies.

Eines ist sicher: Der Weg zur Klimaneutralität führt über den VEB VW – und dafür ist es notwendig, dass die Bürger in Deutschland sich für das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität über beide Ohren verschulden und am Ende mit ihrem Eigentum haften.

Der deutsche Staat nimmt mehr als genug Geld ein, um seinen hoheitlichen Aufgaben nachzukommen, er muss es nur an den richtigen Stellen ausgeben und an den anderen sparen. Der der Text des Gesetzentwurfes zeigt, wie leichtsinnig diese Regierung mit der Zukunft der Bürger umgeht.

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