
Es ist der höchste Sieg, den die Linke jemals in Berlin errungen hat.
Nach Auszählung aller Stimmen kam die Partei auf 19,9 Prozent der Zweitstimmen. Sie ist damit fast doppelt so stark wie bei der Wahl 2021 inklusive der Teilwiederholung 2024. Gewonnen hat sie bei Bundestagswahlen in Berlin noch nie, zuletzt lag sie auf Platz vier.
Mit knappen Abständen folgen CDU, Grüne, AfD und SPD. Besonders bitter ist das Ergebnis für die Sozialdemokraten, die die letzte Wahl noch gewonnen hatten: 15,1 Prozent bedeuten nur Platz fünf und das schlechteste Ergebnis bei Bundestagswahlen seit 1990.
Im Berliner Bezirk Neukölln holte die Linke sogar erstmals ein Direktmandat im Westteil der Stadt. Auch die traditionelle Hochburg der Grünen, Friedrichshain-Kreuzberg, wurde von der Linken erobert. Dort siegte der Linke Pascal Meister mit 34,7 Prozent gegen die Grüne Katrin Schmidberger (34,7 Prozent).
Die Linke (einst PDS, davor SED) holte nach Wende und Wiedervereinigung massenhaft Stimmen in Berlin und den neuen Bundesländern. Bis sie sich schließlich selbst verzwergte. Vor wenigen Wochen noch totgesagt, wird die Linkspartei dem neuen Bundestag wieder in Fraktionsstärke angehören.
Ein Erfolgsgrund der Linken ist die Co-Vorsitzende Heidi Reichinnek, der Shootingstar der Partei. Sie hat der Linken im Alleingang wieder Leben eingehaucht. Die Ostdeutsche spricht entsprechend von der „Wiederauferstehung“ der Linken und ist „unfassbar dankbar“ für das Wahlergebnis – kommt aus dem Jubeln kaum heraus. Sie trifft offenbar die Sprache der Jugend. Bei den Wählern zwischen 18 und 24 Jahren führt die Linke mit 25 Prozent, wie die bundesweite Nachwahl-Umfrage von Infratest dimap für die ARD ergab, gefolgt von der AfD mit 20 und der CDU mit 13 Prozent.
Genossin Heidi Reichinnek (Die Linke)
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi hat im Berliner Wahlkreis Treptow-Köpenick Platz 1 erfolgreich verteidigt – und zieht direkt in den Bundestag ein. Der 77-Jährige erreichte nach Angaben der Bundeswahlleitung 41,8 Prozent der Erststimmen. Damit setzte er sich mit großem Abstand gegen den AfD-Kandidaten Michael Walter Gleichmann (20,5 Prozent) auf Platz zwei und Dustin Hoffmann (14,1 Prozent) von der CDU durch. Gysi hat den Wahlkreis seit 2005 durchgängig für die Linke gewonnen. Im neuen Bundestag wird er Alterspräsident.
Die Linke entstand aus der Verschmelzung der PDS, die bis 1989 unter dem Namen Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) als kommunistische Staatspartei der DDR fungierte. Während der Wendezeit 1989/90 benannte sich die Partei zunächst in SED-PDS um. Am 17. Juli 2005 erfolgte die Umbenennung in Linkspartei PDS. 2007 entstand die heutige Linke durch Verschmelzung der beiden Parteien WASG und Linkspartei PDS.
Gregor Gysi (Die Linke)
Wie viel SED steckt heute noch in der Partei Die Linke? Eine historisch bedeutende Frage, die sich heute aber offenbar immer weniger Menschen stellen – besonders die jungen Leute zwischen 18 und 24 Jahren nicht, die in Berlin in der Hauptsache links gewählt haben. Die SED war die Zwangspartei im Osten, sie war mitverantwortlich für die 140 Todesopfer an der Berliner Mauer und an der innerdeutschen Grenze zwischen 1961 und 1989. im Westteil der Stadt nannte sich der SED-Ableger SEW. Sie blieb immer eine Splitterpartei unter fünf Prozent.
Erst jetzt, 2025, hat die SED (die sich heute Linke nennt) Berlin zurückerobert – diesmal auch den Westteil. Honecker würde sich freuen.
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