
Was würden Sie denken, wenn ein Unternehmer Ihnen erzählte: „Mein Unternehmen ist nicht insolvent, die Einnahmeseite ist derzeit unbefriedigend.“ Ich nehme an, Sie würden annehmen, dass dieses Unternehmen nicht mehr lange existieren wird und am Markt nichts verloren hat.
Im Traum würden sie nicht daran denken, diesem Unternehmer Geld zu überweisen. Diese richtige Logik sollte auch auf die staatliche Pflegeversicherung angewandt werden, über die Karl Lauterbach mit den zitierten Worten sprach. Ihr geht nämlich das Geld aus und sie kann nur mit steigenden Beiträgen vor der Insolvenz gerettet werden.
0,3 Prozentpunkte zusätzlich sollen es 2025 wohl werden, gut 100 Euro mehr pro Jahr für einen Normalverdiener ohne Kinder. Sind ja noch nicht hoch genug, die Steuern und Abgaben in Deutschland. Und das ist erst der Anfang: immer mehr Alte, immer mehr Pflegebedürftige, immer weniger Einzahler.
Wir stehen vor einem Jahrzehnt steigender Beiträge und sinkender Leistungen.
Etwa 1 Million Menschen in Deutschland werden stationär gepflegt.
Doch selbst in der vergleichsweise entspannten Gegenwart ist die Zwangsversicherung schon eine Zumutung dreifacher Natur. Sie ist freiheitsfeindlich, sie verletzt die Würde jedes Bürgers und sie ist ein finanzielles Desaster.
Wer 3600 Euro Brutto verdient, zahlt monatlich, einschließlich des Arbeitgeberanteils, etwa 144 Euro in die staatliche Pflegeversicherung ein. Über ein ganzes Arbeitnehmerleben fast 45.000 Euro. Und was bekommt er dafür als Gegenleistung? Natürlich übernimmt die Versicherung viele Leistungen, abhängig von der Pflegestufe. Pflegegeld, Sachleistungen, die eigentliche Pflege, jedenfalls nicht wenig, muss ich ihr lassen.
Es ist jetzt aber schon so, dass bei stationärer Pflege der durchschnittliche monatliche Eigenanteil bei knapp 3000 Euro liegt. So ein Leistungspaket und sogar der große Eigenanteil wären noch einigermaßen begründbar, wenn man nur die 45.000 Euro Gesamteinzahlung als Grundlage annimmt. Wenn man aber kalkuliert, was mit dem ganzen Geld stattdessen möglich gewesen wäre, wird die Zwangsversicherung zum finanzpolitischen Skandal. Würde das Geld über 45 Arbeitsjahre angelegt werden, käme am Ende bei einer jährlichen Durchschnittsrendite von sechs Prozent eine stattliche Summe von 380.000 Euro zusammen.
Nun sind die allermeisten Menschen zum Glück nicht schon mit 67 Jahren auf Pflege angewiesen. Beispielsweise sind in der Altersgruppe der 75-79-jährigen nur 14,5 Prozent der Männer und 18,5 Prozent der Frauen pflegebedürftig. Eine Mehrheit der Alten wird das erst mit Mitte 80.
Das für die Pflege angesparte Vermögen könnte also in der Großzahl der Fälle noch locker zehn Jahre investiert bleiben, was dann zu einer gewaltigen Summe von 680.000 Euro führen würde. Da Menschen im Schnitt auch nicht zehn Jahre, sondern nur 4,4 Jahre Pflege in Anspruch nehmen, reichte das private Vermögen nicht nur für eine luxuriöse Versorgung, sondern auch für ein nettes Erbe. Kein Verkauf des Hauses, kein Aufbrauchen der Ersparnisse eines ganzen Lebens, keine Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen oder finanzieller Unterstützung der Verwandtschaft, alles nicht notwendig.
Es müsste auch niemand mehr illegal Pflegekräfte aus Osteuropa, ohne die das kranke System schon längst zusammengebrochen wäre, beschäftigen, weil er sich deutsche Pfleger schlicht nicht leisten kann. Würde, Eigenkontrolle und Unabhängigkeit könnten so auch in den letzten Lebensjahren möglich sein.
Der Staat verhindert nicht nur die genannte Anhäufung von Vermögen, er lügt die Bürger auch ihr ganzes Leben lang an. Die Pflegeversicherung ist nichts anderes als eine Vortäuschung falscher Tatsachen. Mit dramatischen Folgen.
Der Deutsche vertraut naturgemäß leider dem Staat. Dieses Vertrauen wird ausgenutzt und ermöglicht eine schlimme Aneinanderkettung von Umständen. Der Staat führt die Pflegeversicherung ein und spielt sich als großer Wohltäter auf. Der Bürger denkt, dass der Staat das schon ordentlich regelt und lehnt sich zurück. Der Bürger wird alt und pflegebedürftig. Der Bürger merkt, dass der Staat eher nichts geregelt hat. Der Bürger muss in den letzten Lebensjahren entweder gigantische Kosten, den Weg in die Illegalität bei der Beschäftigung von Schwarzarbeitern oder Entwürdigung und Abhängigkeit von Transferleistungen in Kauf nehmen.
Karl Lauterbach wird den Beitrag für die Pflegeversicherung anheben müssen.
Der Bürger, der sich so verhält, wie der Staat ihn am liebsten hat, nämlich staatsgläubig, steht vor einem bösen Erwachen. Zur Unmündigkeit und zum blinden Vertrauen erzogen, muss er am Ende feststellen, dass er betrogen und indoktriniert wurde. Er muss feststellen, dass der Glaube, der Staat könne alle Lebensrisiken abdecken und das auch noch viel besser als der Bürger selbst, eine reine Illusion ist.
Rechtschaffene, gutgläubige Bürger, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, werden plötzlich zu Bettlern, die sich dem Staat und seinen Methoden anpassen müssen, um über die Runden zu kommen. Sie müssen sich abhängig machen von Bürokraten, die die Pflegestufe einschätzen. Sie müssen ihr Eigentum verkaufen, sind auf die finanzielle Unterstützung von Verwandten angewiesen und plötzlich total fremdgesteuert. Sie haben keinerlei Kontrolle mehr über ihr Leben.
Ich kann mir wenig Schlimmeres und Entwürdigenderes vorstellen, als im Alter Pflege zu benötigen und von irgendwelchen Staatsmenschen abhängig zu sein, die über meinen Versorgungsgrad bestimmen. Oder das Geld von Angehörigen zu benötigen. Ich habe nur ein Leben. Ich möchte eigenverantwortlich für meine letzten Lebensjahre vorsorgen. Ich möchte auf keinen Fall auch nur einen Cent an Politiker wie Karl Lauterbach schicken und darauf hoffen müssen, dass die Gottspieler damit ein gutes, zukunftsfähiges Pflegesystem ermöglichen.
Die letzten Lebensjahre sind oft genug mit wenig Selbstbestimmung versehen, da muss es erlaubt sein, wenigstens die Bedingungen und Qualität der Fremdbestimmung selbst in der Hand zu haben. Deswegen weg mit der Zwangsversicherung und her mit der Freiheit und der vom Staat unverletzten Würde, auf die jeder Bürger einen Anspruch hat.
Eigentlich ist meine Forderung nach der Abschaffung echt kein revolutionäres Konzept. Die Pflegeversicherung gibt es erst seit 1995 und auch in anderen Versicherungsbereichen lässt der Staat die Bürger ganz alleine.
Nur ein Beispiel: Was ist noch dramatischer als mit 75 Jahren pflegebedürftig zu werden? Mit 35 Jahren berufsunfähig werden. Bei der Berufsunfähigkeit gibt es keinen staatlichen Zwang, dort vertrauen unsere Politiker auf die Eigenverantwortung der Bürger. Wenn sie uns vertrauen, für Schicksalsschläge in jungen Jahren vorzusorgen, können sie uns auch vertrauen, für die viel planbarere Pflegezeit in den letzten Lebensjahren vorzusorgen.
Damit es unseren Transferempfängern in den Parlamenten nicht zu freiheitlich wird, kann der Staat den Bürgern meinetwegen ein paar Vorschriften machen. Das Geld muss in kostenarme Produkte investiert werden, es darf bis zu einem bestimmten Alter nicht für andere Zwecke verwendet werden und was auch immer denen sonst noch einfällt.
Egal, alles ist besser als das derzeitige System.
In einem freiheitlicheren Deutschland, dessen selbstbewusste Bürger die Kapitalmärkte für vernünftige Vorsorge in Eigenverantwortung nutzen, wäre auch viel mehr Geld auf derNachfrageseite vorhanden, was zu mehr Verdienstmöglichkeiten für die ganze Pflegebranche führen und die Qualität steigern würde.
Weniger Staat, weniger Geldverbrennung und weniger Pflegenotstand, dafür mehr Freiheit, mehr Würde im Alter und eine bessere Qualität der Pflege. Die Abschaffung der staatlichen Pflegeversicherung hätte nur Vorteile.
Mehr Kolumnen von Ben Brechtken: Wir könnten Millionäre sein! Die gesetzliche Rente gehört abgeschafft